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Die Breslauer Debatte zur Rückkehr alter Inschriften ruft Gegenvorschläge auf den Plan
Auf dem Breslauer ‚Ring' – so nennt man in Schlesien die Marktplätze – demonstrierten am Sonntag etwa 100 polnische Nationalisten gegen eine „Germanisierung“ der Stadt. „Wir sind empört über die jüngsten Ereignisse: Auf der Kaiser-Wilhelm-Brücke [Most Grunwaldzki] soll die deutsche Aufschrift ‚Kaiserbrücke' zurückkehren und aus der Aula Leopoldina der Universität Breslau ist der Weiße Adler verschwunden“, so Miłosz Tamulewicz, Vorsitzender der Nationalen Bewegung in Breslau, gegenüber der Zeitung „Gazeta Wrocławska“.
Die polnische Geschichte Breslaus reiche Jahrhunderte zurück. Die Böhmische Herrschaft sei ähnlich lang und die deutsche Geschichte stünde erst an dritter Stelle, so Tamulewicz, der damit alte nationalkommunistische Narrative aufwärmt, nach der die Zeit der Piastenfürsten unter böhmischer Oberhoheit eine „tschechische“ Geschichte sein soll – die Zugehörigkeit Böhmens zum römisch-deutschen Reich wird dabei unterschlagen. „Niemand stellt infrage, dass es hier vor dem Krieg deutsche Benennungen gab. Aber unserer Meinung nach sollte vor allem die polnische Geschichte der Stadt gepflegt und weitergegeben werden.“
Für die Kundgebung hätten die Organisatoren gezielt den 27. Juli gewählt, so Tamulewicz, „da an diesem Tag vor 80 Jahren die Breslauer Adolf-Hitler-Straße in die ulica Adama Mickiewicza und die Bismarckstraße in ulica Bolesława Chrobrego umbenannt wurden“, sagt er.
Die Demo-Organisatoren traten auch mit einer eigenen Initiative auf. Sie fordern nämlich die Umbenennung der Jahrhunderthalle in Jahrtausendhalle. „Der derzeitige Name erinnert an den Sieg Deutschlands über Napoleon 1813, der 1913 mit dem Bau der Halle gewürdigt wurde. Wir wollen diesen Namen polonisieren – um an das tausendjährige Bestehen der polnischen Krone und dass Breslau seit 1000 Jahren mit Polen verbunden ist, zu erinnern“, so Bartłomiej Lech von der Allpolnischen Jugend gegenüber Radio Breslau. Schließlich hätten die Piasten vor etwa tausend Jahren auf der Dominsel eine Burg errichtet und ein Bistum gegründet, das der Erzdiözese Gnesen [Gniezno] unterstand, so Lech. Für ihn ist die Wiederherstellung deutscher Inschriften auf renovierten Bauten unzumutbar. Besonders im Falle der Kaiserbrücke sagt er: „Diese Inschrift entstand in der deutschen Zeit, verschwand nach dem Ersten Weltkrieg und wurde nach 1945 nicht wiederhergestellt.
Die Entscheidung über die Wiederherstellung der ursprünglichen deutschen Beschriftung auf der Kaiser-Wilhelm-Brücke ist zwar noch nicht gefallen, doch der Denkmalschutzbeauftragte der Woiwodschaft Niederschlesien, Daniel Gibski, hat bereits grünes Licht gegeben.
Die Sanierung der Kaiserbrücke soll 2027 beginnen, erst danach wolle man sich im Magistrat mit den Brückeninschriften auseinandersetzen.
Das Argument, dass „nur, weil etwas einst hier war, dieses zurückkommen muss“, zieht bei den Vertretern der Allpolnischen Jugend nicht. „Schließlich will man an Stelle des heute am Ring stehenden Aleksander-Fredro-Denkmals auch nicht wieder Kaiser Wilhelm zurück“, so Lech von der Allpolnischen. Ehemalige „ostpolnische“ Städte wie Wilna und Lemberg gehörten nun anderen Nationen, „und auch dort wird diese Diskussion geführt. Wir respektieren andere Nationen und ihr Recht, die Identität ihrer Städte zu gestalten. Wir verstehen beispielsweise die Ukrainer und Litauer, die wollen, dass ihre Städte einen zeitgemäßen nationalen Charakter haben. Wir lehnen jedoch eine Politik ab, die Minderheiten diskriminiert, wie in der Region Wilna, wo Polen für die Verwendung polnischer Ortsnamen bestraft werden, obwohl sie in einigen Orten 90 Prozent der Einwohner ausmachen. In Polen, zum Beispiel in der Region Oppeln, nutzt die deutsche Minderheit doppelte Namen und hat eigene Schulen – und niemand macht ihr deswegen Probleme. Breslau ist heute eine polnische Stadt, in der es keine deutsche Gemeinschaft mehr gibt“, bekräftigt Lech und blendet somit die etwa 1500 Mitglieder der deutschen Volksgruppe in Breslau ebenso aus wie den Umstand hoher Hürden für zweisprachige Schilder in Oberschlesien.
Jan Kerzel am 20.08.25, 10:30 Uhr
Deutsche Inschrift auf einer Brücke in Breslau(Wroclaw).
Meine Familie stammt mütterlicherseits aus Breslau. Mein Großvater, Richard Kerzel, ist noch im Telefonbuch von 1941 verzeichnet. Letzte Spuren einer bürgerlichen Existenz. Sie haben alles verloren.
In den 80er und 90er Jahren habe ich die Lage dort erkundet. War nicht einfach. Der polnische Nationalismus war durchaus erlebbar. Es gab auch freundliche Begegnungen. Ein Schweizer sagte mir einmal, ihr seid eine Verlierernation, kapiert es einfach. Nie habe ich es deutlicher gefühlt und gespürt als in Breslau. Ich bin 2014 noch einmal dort gewesen, um den Schweidnitzer Keller aufzusuchen, das Stammlokal meines Großvaters. Leider war er geschlossen. Das Kapitel ist für mich abgeschlossen, mit oder ohne Inschriften.