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„OSINT“: Die Abschöpfung allgemein zugänglicher Quellen gewinnt bei der Aufklärungsarbeit immer mehr an Bedeutung – Damit aber auch der Missbrauch zwecks geschickter Desinformation
Geheimdienste verwenden heute eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden, für die im Zeitalter der allgegenwärtigen Dominanz des Englischen auch diverse englische Abkürzungen existieren. Die allerälteste Form der Gewinnung von Erkenntnissen heißt HUMINT (Human Intelligence). Darunter versteht man vor allem den Einsatz von Menschen als Spione oder Spitzel. Mit dem technischen Fortschritt kam dann später noch die IMINT (Imagery Intelligence) hinzu. Hier geht es um die Anfertigung von Bildern und Filmen aller Art. Des Weiteren kennt die moderne Spionage noch eine Vielzahl von Techniken zur Aufklärung.
Schließlich verwenden Geheimdienstler noch eine Methode, die zwar mindestens so alt ist wie die Schrift, aber erst 2002 vom Director of Central Intelligence (DCI) der USA, George Tenet, formell als Open Source Intelligence (OSINT) deklariert wurde und die auf den ersten Blick gar nichts mit dem zu tun zu haben scheint, was man landläufig unter Geheimdiensttätigkeit versteht. Laut Tenet geht es um nichts anderes als die Nutzung von „öffentlich verfügbaren Informationen, die gesammelt, ausgewertet und kurzfristig unter geeigneten Adressaten verbreitet werden, um besondere nachrichtendienstliche Anforderungen zu erfüllen“.
Dabei ist OSINT inzwischen längst keine ausschließliche Domäne der Geheimdienste mehr, sondern auch bei immer mehr Nichtregierungsorganisationen und sogar privaten Akteuren beliebt, weil hier weder teure Ausrüstungen nötig sind noch ein nennenswertes Risiko für die „Agenten“ besteht.
Die Kundschafter können ganz bequem von zu Hause aus recherchieren und auf eine Vielzahl von für jedermann zugänglichen Quellen zurückgreifen, als da beispielsweise wären: Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, Berichte im Hörfunk und im Fernsehen, Wortmeldungen oder hochgeladene Bilder in den sozialen Netzwerken, Internetseiten, Satellitenaufnahmen von kommerziellen Anbietern sowie Kartenmaterial wie das von Google Maps.
Ukrainekrieg im Fokus
Zu den besonders prominenten Einzelakteuren aus der Welt der OSINT zählen der Brite Eliot Higgins alias Brown Moses, welcher 2013 aufdeckte, in welchem Ausmaß die Saudis damals kroatisches Kriegsgerät nach Syrien schmuggelten, und der US-Student hinter dem Pseudonym OSINTechnical, auf dessen Analysen über den Ukrainekrieg manchmal bis zu 500 Millionen Nutzer weltweit zugreifen. Sehr bekannt sind mittlerweile auch die beiden Niederländer Stijn Mitzer und Joost Oliemans, die in ihrem Blog Oryx minutiös auflisten, welches Kriegsmaterial Russland und die Ukraine seit Februar 2022 verloren haben.
Was den Konflikt in der Ukraine betrifft, können sich die OSINT-Detektive auf besonders viele Quellen stützen, was nicht zuletzt aus der Unprofessionalität der Akteure resultierte und teilweise noch immer resultiert. So war es anfangs sogar möglich, den Funkverkehr des russischen strategischen Bomberkommandos via WebSDR, also einen mit dem Internet verbundenen Software-definierten Radioempfänger, abzuhören.
Aus all diesen Gründen steht die Ukraine momentan voll im Fokus der OSINT-Gemeinde, wobei das Vertrauen der Medien und der Bevölkerung in die aus offenen Quellen stammenden Informationen schier grenzenlos zu sein scheint. Doch diese Leichtgläubigkeit könnte sich als Fehler erweisen, wie das Beispiel Bellingcat zeigt.
Das international aufgestellte Recherchenetzwerk, welches 2014 von dem zuvor allein agierenden Higgins gegründet wurde, ist inzwischen das beste Beispiel dafür, dass es auch OSINT-Akteure gibt, deren Tätigkeit stutzig machen muss. Bellingcat mischt seit geraumer Zeit immer an vorderster Stelle mit, wenn es um angebliche Anschläge russischer Geheimdienste auf Kremlgegner oder – neuerdings – Kriegsverbrechen der Truppen Putins geht. Dabei erstaunt, aus welch exklusiven Quellen die Schar um Higgins nunmehr zu schöpfen vermag: Behördliche Pass-Datenbanken, Aufzeichnungen über Visa-Erteilungen, GPS-Bewegungsmuster von Mobiltelefonbesitzern, Bilder von Überwachungskameras auf Flughäfen und des Militärs ... Denn darauf kann man nicht einfach so per Internet zugreifen, wie Bellingcat behauptet, vielmehr haben üblicherweise nur Geheimdienste oder staatliche Sicherheitsbehörden Zugang.
Verdächtige Quellen und Spender
Dazu passt, was bislang über die Geldquellen der angeblich „unabhängigen Graswurzelbewegung“ und „Nichtregierungsorganisation“ (NGO) Bellingcat bekannt wurde. Wie das Recherchenetzwerk selbst angibt, erhält es Spenden von diversen Stiftungen. Dazu zählen unter anderem die Adessium Foundation, welche ihrerseits ganz maßgeblich von der niederländischen Regierung finanziert wird, die Stiftungsgruppe Open Society Foundations (OSF) des „philanthropischen“ US-Milliardärs George Soros und die Washingtoner Denkfabrik National Endowment for Democracy (NED), die zwar offiziell auch als NGO gilt, aber Jahr für Jahr umfangreiche Mittel aus dem Staatshaushalt der USA erhält. Zur Arbeitsweise der NED sagte deren Mitbegründer und ehemalige Präsident Allen Weinstein im Interview mit der „Washington Post“, sie tue nun ganz offen das, „was vor 25 Jahren die CIA verdeckt getan hat“ – nämlich auf Regimewechsel im Ausland hinarbeiten.
Insofern ist bestimmt nicht alles OSINT, was als OSINT bezeichnet wird. Vielmehr könnte es sich bei den Erkenntnissen der angeblich zuvörderst von nichtstaatlichen Akteuren betriebenen Open Source Intelligence auch um Desinformationen aus der Küche der Geheimdienste handeln. Denn die Öffentlichkeit zu belügen und mit Falschnachrichten Politik zu machen, gehört ja ebenso zu den Aufgaben von CIA und Co. wie die geheime Informationsbeschaffung.
Ralf Pöhling am 23.08.22, 22:40 Uhr
Mulder, Scully und die einsamen Schützen:
Akte X war in den 90ern schon verdammt nah dran. Nichts ist echt und alles wird manipuliert. Seit das Internet die Informationsgewinnung für jedermann so einfach gemacht hat, hat die Manipulation extreme Ausmaße angenommen. Der Nebel muss eben so dicht bleiben, dass die Wahrheit nicht ans Licht dringt.
"Trust no one" hat seine Berechtigung.
Ulrich Bohl am 23.08.22, 09:36 Uhr
„OSINT“: Die Abschöpfung allgemein zugänglicher Quellen gewinnt bei der Aufklärungsarbeit immer mehr an Bedeutung. Kommt einem doch irgendwie bekannt vor.
Inoffizieller Mitarbeiter (IM), war in der DDR die MfS-interne Bezeichnung für eine Person, die dem Ministerium für Staatssicherheit verdeckt Informationen lieferte oder auf Ereignisse oder Personen steuernd Einfluss nahm, ohne formal für diese Behörde zu arbeiten.
Walter Bornholdt am 23.08.22, 07:19 Uhr
Früher nannte man das mal auf 'gut Deutsch': OibE
Offizier im besonderen Einsatz!