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Kant-Jubiläum

Wie Süd-Ostpreußen des Philosophen gedenkt

Nur wenig bekannt: Der Königsberger lebte eine Zeit lang in Groß Arnsdorf und besuchte Goldap

Bodo Bost
06.04.2024

Ende letzten Jahres hat der Sejmik der Woiwodschaft Ermland-Masuren beschlossen, das Jahr 2024 als Immanuel-Kant-Jahr im südlichen Ostpreußen zu feiern. Besonders im Fokus stehen Kants Besuche in Groß Arnsdorf und Goldap.

Am 25. Januar dieses Jahres wurden die Feierlichkeiten zum Kant-Jahr am Sitz des Staatsarchivs in Alleinstein offiziell eröffnet. An der Eröffnung nahmen der Woiwode von Ermland und Masuren, Radosław Król, sowie zahlreiche Vertreter der Behörden der Woiwodschaft, der lokalen Regierungen und der soziokulturellen Einrichtungen der Region teil. Im laufenden Jahr sind Veranstaltungen, Konferenzen, Ausstellungen und Bildungstreffen geplant, um die Einwohner der Region und Philosophiebegeisterte zusammenzubringen.

In der Republik Polen vergleicht man Kants Leistungen in Königsberg gerne mit denen von Nikolaus Kopernikus in Thorn. Aber man verweist auch darauf, dass Kant eine Zeitlang im Ermland, in Groß Arnsdorf [Jarnołtowo] und Goldap [Gołdap], gelebt hat. Der Überlieferung nach hat Immanuel Kant sein ganzes Leben in Königsberg verbracht und die preußische Hauptstadt nie verlassen. Es stellt sich jedoch heraus, dass der große Philosoph zu jener Zeit auch andere Städte in Preußen besuchte, seine weiteste Reise führte ihn nach Goldap. In der Republik Polen sagt man deshalb, dass Goldap die Stadt innerhalb der EU ist, die am engsten mit der Person Immanuel Kants verbunden ist.

Immanuel Kant war zwischen 1750 und 1754 Lehrer bei den drei Söhnen von Major Friedrich Bernhard von Hulsen in Groß Arnsdorf östlich von Elbing. 1994 wurde in dem kleinen Ort Groß Arnsdorf, dank der Bemühungen der Polnischen Historischen Gesellschaft in Allenstein und der Kreisgemeinschaft Mohrungen, eine zweisprachige Gedenktafel für Immanuel Kant enthüllt. 2019 folgte eine weitere zweisprachige Gedenktafel am Kirchen-Glockenturm, gestiftet von der Kreisgemeinschaft Mohrungen. Nach Jahren der Wanderschaft kehrte Kant 1754 nach Königsberg zurück.

Nach der Verteidigung seiner Dissertation „Über das Feuer“ („De ignis“, 1755) wurde er an der Albertina angestellt. Noch im selben Jahr wurde er habilitiert und als Privatdozent beschäftigt. 1756 begann der Siebenjährige Krieg, während dessen am 11. Januar 1758 russische Truppen in Königsberg einmarschierten. Kant blieb die ganze russische Zeit über in Königsberg. Bis 1762 gehörte die Stadt zu Russland. Nachdem der russische Zar Peter III. 1762 einen Frieden mit Friedrich geschlossen hatte, wurde die Stadt wieder an die preußische Krone zurückgegeben.

Kants Biograph Ludwig Ernst von Borowski erwähnt 1804, dass die weiteste Reise des Philosophen im Dezember 1765 zu Offizier Daniel Friedrich von Lossow (1721–1783), dem Garnisonskommandanten in Goldap, führte. Kants Reise dorthin wird auch von anderen Autoren erwähnt, zuletzt von Fritz Gause und Jürgen Lebuhn, Autoren von „Kant und Königsberg bis heute“, erschienen 1989. Auch die Kreisgemeinschaft Goldap, die Vereinigung ehemaliger deutscher Einwohner der Stadt und Umgebung, unter der Leitung von Waltraud Schmidt, Chefredakteurin von „Die Heimatbrücke“, und die Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz bestätigen 1996 einen Besuch Kants in Goldap im Winter 1765/66. Dieser Besuch gilt als der weiteste im Leben des Königsberger Einzelgängers.

Daniel Friedrich von Lossow kam 1763 als Garnisonskommandant nach Goldap, das seit 1718 Garnisonsstadt war. Drei Schwadronen schwarzer Husaren und zwei Schwadronen Bosnier aus dem Osmanischen Reich waren hier stationiert. Von Lossow wurde vom König mit dem preußischen Orden „Pour le mérite“ ausgezeichnet. Am 20. Mai 1766 wurde er zum Generalmajor befördert. Kurz darauf fand der Besuch von Kant in Goldap statt Kants weiteste Reise Lossow war sehr wohlhabend, verheiratet, aber kinderlos. Er war als hervorragender Pferdekenner und guter Reiter bekannt. Er züchtete Pferde und lieferte sie an die Garnison von Goldap. Auf eigene Kosten baute er in Goldap eine Reitschule für die Garnison. Lossow besaß ein Haus in der Nähe des Marktplatzes in der Wilhelmstraße [Wolności-Straße], und hier dürfte Kant gewohnt haben. Das Haus war zu dieser Zeit der wichtigste gesellschaftliche Treffpunkt für Künstler und Wissenschaftler in der Stadt Goldap.

Es ist anzunehmen, dass die Bekanntschaft des Offiziers mit Immanuel Kant in die Zeit seiner Ausbildung fiel und er möglicherweise Kants Vorlesungen besuchte. Die Entfernung von Königsberg nach Goldap beträgt Luftlinie 125 Kilometer in südöstlicher Richtung. Auf der Straße betrug die Entfernung 19 preußische Meilen (143 Kilometer). Die Reise mit den damaligen Verkehrsmitteln dauerte wahrscheinlich volle zwei Tage.

Kants Besuch dauerte nicht sehr lange. Nach einiger Zeit in Goldap sehnte er sich danach, nach Königsberg, seiner geliebten Heimatstadt, zurückzukehren. Trotz sehr verlockender Angebote, Lehrstühle an anderen renommierten Universitäten zu übernehmen, blieb er sein Leben lang in Königsberg. Es ist nicht bekannt, ob es weitere Besuche Kants in Goldap gab. Ein erhaltener Brief von Lossow an den Philosophen vom 18. Januar 1770 bestätigt, dass die Kontakte von Dauer waren und es weitere Besuche Kants bei Goldap gegeben haben könnte.


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