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Watt statt Wald: Selbst die Stadtstaaten sollen deutlich verstärkt Rotorgiganten aufstellen
Der Streit um Nutzen und Nachteile von Windkraftanlagen inmitten der Natur erreicht nun auch die drei deutschen Stadtstaaten. Das 2022 vom damaligen Klimaminister Robert Habeck (Grüne) auf den Weg gebrachte „Windenergieflächenbedarfsgesetz“ verpflichtet Hamburg, Bremen und Berlin, bis Ende 2032 ein halbes Prozent ihrer Stadtfläche als Windenergiegebiet auszuweisen. Diese Vorgaben sind deutlich niedriger als für die Flächenländer, die je nach Bundesland bis 2032 zwischen 1,8 und 2,2 Prozent ihrer Landesfläche für den Bau von Windkraftanlagen bereitstellen müssen.
Aus Sicht der Stadtstaaten geht es dennoch um erhebliche Flächen. Hamburg muss etwa 378 Hektar seiner Stadtfläche als Windenergiegebiet festlegen. Berlin verpflichtet das Bundesgesetz sogar, 450 Hektar auszuweisen. Und im Stadtgebiet von Bremen und in Bremerhaven sollen 210 Hektar für Windräder reserviert werden. Das Land wird die Windkraftvorgaben für 2032 zumindest im Stadtgebiet Bremen vorzeitig erfüllen; lediglich in Bremerhaven müssen noch weitere Flächen gefunden werden. Der Bremer Senat will dabei auch auf Gewerbegebiete zurückgreifen.
Opfer wäre ein „Vorzeigewald“
In Berlin und Hamburg geraten auf der Suche nach den geforderten Flächen nun Naherholungsgebiete, Stadtforste und sogar Vogelschutzgebiete ins Visier der Planungsbehörden. In Hamburg wird derzeit geprüft, ob die Rissener Feldmark, das größte Naherholungsgebiet im Hamburger Bezirk Altona, für den Bau von Windrädern freigegeben wird. Die gut 74 Hektar große Feldmark könnte Standort von acht Windrädern werden. Gegen den Plan macht mittlerweile ein Bündnis von 4000 Unterstützern, von Bürgerinitiativen und auch dem Naturschutzbund NABU West mobil.
In Berlin prüft der Senat, im Grunewald insgesamt 72 Hektar freizugeben. Die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ins Auge gefassten drei Planungsflächen liegen inmitten von Gebieten, die der Flächennutzungsplan als Vogelschutzgebiet und Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ausweist. Die drei Flächen mit der Größe von jeweils hundert Fußballfeldern sind keineswegs Monokulturen von Kiefern, die in der Region reichlich vorkommen.
Laut dem Chef des Berliner NABU, Rainer Altenkamp, handelt es sich vielmehr „um einen Vorzeigewald“, der von den Berlinern renaturiert wurde: „Ein dichter Mischwald aus Bergahorn, Hainbuchen, Eichen und Eschen ist nachgewachsen“, so Altenkamp. Der Experte für Vogelschutz weist auf die gravierenden Auswirkungen hin, sollten in den Waldgebieten tatsächlich Windräder mit einer Höhe von bis zu 260 Metern gebaut werden: Pro Gebiet müssten Hunderte Bäume gefällt werden und 20 Meter tiefe und breite Betonfundamente in den Boden eingebracht werden.
Hinzu kämen Asphaltwege durch den Wald für Transport und Wartung der Windräder: „Alles, was auf dem Boden lebt, würde demnächst nicht mehr existieren.“ Mit Blick auf den Senatsplan sprach sich der Berliner NABU-Chef inzwischen dafür aus, Ersatzflächen in Brandenburg zu suchen.
Allerdings wächst auch in der Mark Brandenburg der Widerstand. Besonders in Gemeinden, in denen große Windparks entstehen sollen, machen Bürgerinitiativen und Anwohner mobil. Die Erfolgschancen, den Bau neuer Windkraftanlagen zu verhindern, sind allerdings selbst in Landschaftsschutzgebieten nur als gering einzuschätzen. Brandenburgs Gesetzeslage gilt nämlich als besonders investorenfreundlich.
Gemeinden sind fast machtlos
So können Windenergieanlagen von Projektentwicklern und Investoren auch für Gebiete außerhalb der ausgewiesenen Vorranggebiete beantragt werden, sofern das landesweite Flächenziel noch nicht erreicht ist. Das Landesamt für Umwelt ist verpflichtet, solche Anträge innerhalb von drei Monaten zu prüfen. Obendrein wurden die Einflussmöglichkeiten der Gemeinden eingeschränkt. Selbst wenn betroffene Kommunen ein Windkraftprojekt nicht wollen, können Projekte genehmigt werden, solange aus Sicht der Genehmigungsbehörde keine naturschutzrechtlichen Gründe dagegen sprechen.
Die Auswirkungen solcher Regelungen sind derzeit südlich von Berlin, zwischen Halbe und Teupitz, zu beobachten. Dort soll nach den Vorstellungen eines Windpark-Projektierers in einem Landschaftsschutzgebiet Deutschlands größter Windpark in einem Waldgebiet entstehen. Obwohl die Gemeinde den Plan ablehnt, ist sie nach Einschätzung der „Berliner Zeitung“ „durch die löcherige Gesetzeslage fast machtlos“. Das Blatt rechnete zudem vor, wie extrem die Renditemöglichkeiten ansteigen, wenn Forsteigentümer ihre Wälder an Investoren zum Bau von Windkraftanlagen verpachten.