21.11.2025

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden

Migration

„Wir brauchen einen Aufnahmestopp“

Insiderin aus der Berliner Verwaltung gibt Einblick in das kollabierende Asylsystem der Hauptstadt

Hermann Müller
21.11.2025

Unter Hinweis auf gesunkene Ankunftszahlen will der Berliner Senat das große Flüchtlingsaufnahmezentrum auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel bis Ende des Jahres schließen. Die Entscheidung könnte sich jedoch als voreilig herausstellen. Die Zahl der Asylanträge ist seit der Einführung von Grenzkontrollen zwar gesunken, auch die Zahl der Ukrainer, die sich neu in Berlin melden, ist zurückgegangen. Bundesländer wie Sachsen registrieren seit dem Sommer allerdings wieder eine deutlich stärkere Migration aus der Ukraine.

Die Hauptstadt hat zudem schon jetzt massive Probleme, tausende Asylsucher verstärkt dezentral in den Bezirken unterzubringen, wie Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) es plant. Zu den 125 Unterkünften, die das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten bereits überall im Stadtgebiet angemietet hat, sind 30 weitere in der Planung – häufig handelt es sich dabei um Containerdörfer.

Aus den Reihen der Berliner Verwaltung war nun indes eine eindringliche Insiderwarnung vor den Folgen der bisher erfolgten Migration und der Ruf nach einem Aufnahmestopp zu hören. Eine Mitarbeiterin der Verwaltung gab der „Berliner Zeitung“ eine ungeschminkte Lagebeschreibung: „Wir sind absolut überlastet.“ Die Behördenmitarbeiterin, die täglich in der Verwaltung mit den Folgen des Zustroms von Asylsuchern konfrontiert ist, erklärte weiter: „Wir haben nicht mehr genügend Ressourcen in dieser Stadt – egal, wo man hinschaut.“

Nach Angaben der Frau muss eine ständig wachsende Zahl von Asylsuchern in Zelten oder Containern untergebracht werden. Die fehlenden Ressourcen beziehen sich nach ihren Angaben aber auch auf Sprachkurse, Schulen, Ärzte und Psychiater.

Sie wies darauf hin, dass viele „Geflüchtete im System bleiben. Sie sind auf Hilfe angewiesen, viele Zeit ihres Lebens.“ Aus Furcht vor beruflichen Konsequenzen blieb die Behördenmitarbeiterin anonym. Gegenüber der „Berliner Zeitung“ erklärte sie, schon vor 2015 in ihrem Job gearbeitet zu haben. Sie selbst habe sich zu Beginn ihrer Tätigkeit zunächst als Linke verstanden.

Nach ihrer Einschätzung ist von den freiwilligen Helfern der „Willkommenskultur“ des Jahres 2015 kaum noch jemand übrig. Auch in der Verwaltung sei die Erschöpfung heute größer als vor zehn Jahren: „Viele tragen ihren Kopf unter den Schultern. Das System kollabiert.“ Dementsprechend sei die Freude innerhalb der Verwaltung begrenzt, wenn die Behördenleitung stolz verkünde, Berlin habe im vergangenen Jahr die bundesweit festgesetzte Aufnahmequote bei unbegleiteten Minderjährigen „mit 124 Prozent übererfüllt“.

Gerade die Betreuung unbegleiteter Kinder und Jugendlicher ist als besonders kostspielig bekannt. Aus einer Aufschlüsselung der landesweiten migrationsbezogenen Ausgaben durch die Finanzverwaltung geht hervor, dass Berlin im Jahr 2024 insgesamt rund 250 Millionen Euro für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Asylsucher ausgegeben hat. Die Kosten lagen für jeden betreuten Jugendlichen bei durchschnittlich 147.000 Euro pro Jahr – unter anderem wegen des hohen Betreuungsbedarfs und der Unterbringung in spezialisierten Einrichtungen.


Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Dann unterstützen Sie die PAZ gern mit einer

Anerkennungszahlung


Kommentar hinzufügen

Captcha Image

*Pflichtfelder

Da Kommentare manuell freigeschaltet werden müssen, erscheint Ihr Kommentar möglicherweise erst am folgenden Werktag. Sollte der Kommentar nach längerer Zeit nicht erscheinen, laden Sie bitte in Ihrem Browser diese Seite neu!

powered by webEdition CMS