22.11.2024

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Da wurde Kanzler Scholz ganz klein und guckte ungläubig, als Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger ihm die Leviten las
Foto: ullstein bild/Boness/IPONDa wurde Kanzler Scholz ganz klein und guckte ungläubig, als Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger ihm die Leviten las

Spitzentreffen

Wirtschaft spricht mit Regierung Tacheles

Die Ankündigungen des Kanzlers werden nicht mehr geglaubt und mit der Inkompetenz des Wirtschaftsministers wird abgerechnet

Peter Entinger
31.10.2024

Wenn sich die Arbeitgeber versammeln, dann machen auch die Spitzenpolitiker artig ihre Aufwartung und holen sich dann meist verbale Prügel ab. Das war in der vergangenen Woche nicht anders. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisierte den Kurs der Ampelregierung und forderte bessere Bedingungen für die deutsche Ökonomie. „Die Wirtschaft schrumpft. Die Arbeitslosigkeit steigt. Im Vergleich von 45 Industrie- und aufstrebenden Schwellenländern liegt Deutschland bei den Kosten inzwischen auf dem vorletzten Platz“, kritisierte er.

Im Publikum verfolgte Bundeskanzler Olaf Scholz den Vortrag des Industriekapitäns mit versteinerter Miene. Dulger erklärte weiter, man brauche echten Fortschritt im Kampf gegen die Bürokratie. Die Sozialabgaben müssten begrenzt werden. Die SPD warnte der Arbeitgeber-Boss davor, den Mindestlohn politisch festzusetzen. Gleichzeitig schrieb er den Regierenden ins Stammbuch, ihre Politik zu ändern, um die Ränder nicht noch weiter zu stärker. Das Aufkommen populistischer Parteien sei für ihn schwer erträglich. „Wir müssen aber klar sagen, wo wir stehen. Zudem müssen die demokratischen Parteien ein besseres Angebot machen, als sie das heute tun. Wenn die Menschen den Eindruck haben, die Politik kümmert sich nicht um ihre Probleme, droht die Systemfrage“, ergänzte Dulger.

Deutschland wettbewerbsunfähig
Kanzler Scholz räumte ein, dass es Dissonanzen gebe. Deutschland sei ein starkes Land. Man müsse herauskommen aus der „unguten Lage“. Darum habe die Bundesregierung die Wachstumsinitiative beschlossen. Scholz setzte weiterhin große Hoffnungen auf das für Ende Oktober geplante Industrie-Spitzentreffen mit Unternehmensvertretern, Gewerkschaften und Verbänden. „Dabei geht es darum, einen Konsens zu finden, den man auch gemeinsam vertritt“, betonte der Kanzler.

„Der Worte sind genug gewechselt“, mag sich Dulger unterdessen gedacht haben, und forderte den Kanzler auf, die Wachstumsinitiative nicht koalitionsintern zerreden zu lassen: „Die deutschen Unternehmen sind immer noch wettbewerbsfähig. Der Standort ist es allerdings nicht. Die Wachstumsinitiative der Bundesregierung ist sicher keine Mondlandung, aber besser als nichts.“

Dulger legte zudem die Finger auch in andere Wunden. So sprach er sich zwar für geregelte Migration in den Arbeitsmarkt aus, warnte aber „vor einer Abwärtsspirale“, wenn die Menschen den Eindruck hätten, dass die Politik Probleme nicht lösen könne oder wolle. „Und eins dieser Probleme ist die Migration. Es ist nötig, geregelte und ungeregelte Migration zu trennen. Und es ist gut, dass der Staat jetzt an den Grenzen Präsenz zeigt“, sagte er unter dem Beifall der Teilnehmer.


Ökonomen glauben Scholz nicht
Der Präsident des Mittelstandverbundes, Eckhard Schwarzer, forderte von der Bundesregierung ebenfalls Reformen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. „Beim Thema Bürokratieabbau sind wir ziemlich enttäuscht“, so Schwarzer, der von einer „Überregulierung“ sprach. Zumindest hierbei wollte Scholz den Wirtschaftsbossen positive Signale senden. Doch selbst das gelang ihm nur bedingt. Während seines Grußwortes auf dem Arbeitgebertag erklärte der Kanzler, dass das umstrittene Lieferkettengesetz abgeschafft werde. „Das haben wir ja gesagt, das kommt weg“, sagte der SPD-Politiker. Das primäre Ziel des Lieferkettengesetzes ist, Menschenrechte weltweit zu stärken. Große Unternehmen sollen sanktioniert werden, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren. Die Kontrollen gestalten sich schwierig, manche Unternehmen haben bereits angekündigt, die Produktion zu verlagern, was eine Verteuerung der Waren nach sich ziehen würde. Ursprünglich sollten die EU-Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit haben, um die neue Regelung umzusetzen. Nun soll es bis zum Jahresende reformiert werden. „Daran arbeitet die Bundesregierung gemeinsam“, schob das vom Grünen Robert Habeck geführte Wirtschaftsministerium eilig nach. „Das glaube ich, wenn die Tinte trocken ist, es bei mir auf dem Lieferschein steht und bei mir im Betrieb ankommt. Aber bei mir im Betrieb ist bislang davon nichts angekommen, nichts davon“, erwiderte Dulger.

Habeck hat nicht geliefert
Für Habeck hat der Unternehmer nur wenig lobende Worte übrig. „Wir haben mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen.“ Habeck habe eine Überprüfung auch zugesagt: „Aber geliefert hat er nichts“, sagte Dulger. Einmal in Fahrt gekommen, nannte er die geplante Rentenreform der Regierung ein Stück „für das Museum für verkorkste Reformen“.

Kanzler Scholz wünscht sich nach dem Spitzentreffen gemeinsame Sprachregelungen. Das dürfte nach den Worten auf dem Arbeitgebertag eher ein frommer Wunsch sein.


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Kommentare

Kersti Wolnow am 06.11.24, 08:11 Uhr

Wenn ich von Menschenrechten lese, kommt mir das Würgen. Was ist mit dem Menschenrecht Heimat? Schon meine Oma und deren Familie wurde aus Ostpreußen vertrieben, uns vertreibt diese Politik in abgelegene Gegenden, wo das ausländische Gesindel, das die Regierungen hier anlocken, noch nicht lebt. Seit 20 Jahren geht meine Familie zu keiner Wahl mehr, denn wir sind zu der Erkenntnis gekommen, daß wir keine haben. Wer in Politik und Medien will eine 180 ° Drehung vom jetzigen Irrsinn?

Gregor Scharf am 31.10.24, 14:41 Uhr

Lobeshymnen auf Merkel haben sie gesungen, lagen ihr zu Füssen, wagten nicht zu widersprechen, haben jeden Unsinn bis heute mitgemacht, schlugen jede Warnung in den Wind und rannten sehenden Auges auf den Abgrund zu, vor dem sie jetzt stehen. Das ist die zutreffende Beschreibung für das Dilemma. Und jetzt erhofft man sich von denjenigen, die das angerichtet und verschlimmert haben, auch noch Hilfe und erwartet Veränderung. "Pfeiffer Sie werden ja ömmer dömmer." Mehr fällt einem bei so viel Einfaltspinselei nicht mehr ein. Sie haben es allesamt verlernt, wie freie Marktwirtschaft geht, labten sich an Subventionen, denn das Geld wird ja nie alle. Und jetzt streckt man die Finger nach den Ersparnissen aus. Erinnert sei an F. Merz mit seinem Plan, 10 Prozent der Spareinlagen der Bürger zu schleifen für Investitionen.
Wirtschaften und Regieren vorbei an den Bürgern funktioniert nicht mehr. "Ihr habt fertig, Flasche leer."
Sofortige Neuwahlen hätten die Bosse fordern müssen. So sieht es aus, wenn die Angst vor der Zukunft allmählich um sich greift, wird man mutlos und handlungsunfähig. Dann schlägt die Stunde für einen echten Neuanfang mit eisernem Besen.

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