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Wo bleibt eigentlich Hans Lukaschek?

Wojciech Korfanty wird zum Aufstandsjubiläum noch 100 Jahre später bejubelt, sein deutscher Gegenspieler bleibt unerwähnt

Chris W. Wagner
29.04.2021

Polen feiert das 100. Jubiläum des dritten Aufstandes in Oberschlesien pandemiebedingt multimedial. In einer digitalen Installation werden Eckdaten, die zur Unabhängigkeit Polens nach dem Ersten Weltkrieg führten, beleuchtet. Dabei wird auch der „unschätzbare Reichtum Oberschlesiens, die Volksabstimmung und der Verlauf des dritten Schlesischen Aufstandes“ angesprochen, heißt es von der Initiative „Niepodległa“ (die Unabhängige). Sie ist eine staatliche Institution, die Aktionen zum Gedenken an die Unabhängigkeit Polens bündelt.

Am 20. April, dem Geburtstag Wojciech/Adalbert Korfantys, eröffnete Piotr Gliński, stellvertretender Premierminister und Minister für Kultur, Nationales Erbe und Sport, die Gedenk-Kampagne zum 100. Jubiläum. Der PiS-Politiker sprach von der großen Unterstützung der Aufständischen seitens polnischer Patrioten aus dem ganzen Lande: „Jeder zehnte Aufständische kam von außerhalb Oberschlesiens“, sagte er und gab damit indirekt zu, dass der im Deutschen gebräuchliche Terminus „Insurgenten“ so falsch wohl nicht sein kann, wenn die Initiative zum Aufstand nicht allein einheimischer Natur war. An Korfantys Geburtstag erinnerte Gliński an die „Rückkehr eines Teiles Oberschlesiens zum Mutterland“ und legte zusammen mit Bartosz Kuświk, dem Leiter des Schlesischen Institutes Oppeln, und Jan Kowalski, dem Büroleiter von „Niepodległa“, Blumen am Warschauer Wojciech-Korfanty-Denkmal nieder.

Im oberschlesischen Oberglogau [Głogówek] schlug der 33-jährige Bürgermeister Piotr Bujak eine Textänderung an einer bestehenden Gedenktafel vor: „Die Bewohner Oberglogaus in Huld aller polnischen Patrioten“. Dies verhinderten zunächst die Ratsherren der dort starken Deutschen Minderheit, indem sie auf eine Bürgerbefragung beharrten. Viel einfacher hatte es Bürgermeister Bujak mit der Benennung des Kreisverkehrs im Ortsteil Deutsch Rasselwitz [Racławice Śląskie] in „Kreisel der Schlesischen Aufständischen“. Deutsch Rasselwitz wird fast vollständig von Nachkommen „ostpolnischer“ Siedler bewohnt. Dabei wird Oberglogau selbst wegen des Gebrauches des Deutschen als Alltagssprache im Volksmund „Klein Berlin“ genannt.

Am 22. April haben auch in der Großstadt Gleiwitz [Gliwice] Ratsherren über die Stellungnahme der Stadt zum Gedenken des dritten Aufstandes in Oberschlesien abgestimmt. Diese endete mit den Worten: „Zum 100. Jahrestag des dritten Schlesischen Aufstandes muss an den Patriotismus, das Heldentum und die Aufopferung der Aufständischen erinnert werden, die für die Eingliederung Oberschlesiens und der Stadt Gleiwitz in den wiederauflebenden polnischen Staat nach dessen über einhundertjähriger Sklaverei gekämpft haben.“

Wo die über 100 Jahre herkommen, bleibt ihr Geheimnis, hatte Gleiwitz doch seit dem Mittelalter nicht mehr zu Polen gehört. Stadträtin Agnieszka Filipkowska stimmte dem Beschluss zwar zu, monierte jedoch als gebürtige Oberschlesierin, deren Großvater 1902 in Gleiwitz geboren wurde, die einseitige Geschichtsdarstellung und die fehlenden konkreten Gedenk-Maßnahmen.

Marek Mazurkiewicz vom Schlesischen Institut Oppeln zeigt Verständnis für die Einwände seitens der Deutschen Minderheit. „Ich sehe darin keine konträre Einstellung zum polnischen Gedenken oder gar für die Spaltung der Gesellschaft der Region. Die Minderheit hat es schwer, über ihre Erinnerung zu sprechen und ihre Optik so darzustellen, dass sie eben nicht konträr zur polnischen Sicht steht. Dies kann nicht immer diplomatisch umgesetzt werden. Beidseitiges Einfühlungsvermögen ist hierbei der Weg zur Problemlösung“, so Mazurkiewicz gegenüber Radio Oppeln. Doch das ist eine sehr theoretische Sicht, wenn man an die Flut von Korfanty-Benennungen zum Beispiel bei Straßen denkt, während Korfantys damaligem deutschen Gegenspieler Hans Lukaschek bis heute keine bedeutende Benennung zuteil wurde.


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Kommentare

Mats Osrig am 01.05.21, 18:34 Uhr

"Die historische Heimstätte der Polen liegt zwischen Düna und Desna, in den von ihnen heute zu Unrecht okkupierten Gebieten, hauptsächlich deutscher Besiedlung, haben sie nichts verloren."

So ist es! Und daher sollten alle Bestrebungen zur Europäischen Einigung dazu führen, dass die Polen ihre im Osten verlorenen Gebiete zurückbekommen!
Aber selbstverständlich nur, wenn im Gegenzug auch unsere Ostgebiete wieder unter unsere Verwaltung kommen -
was auch als Teilstaat eines Vereinigten Europa möglich wäre. Dann bräuchte in Europa auch niemand mehr Angst vor einem übermächtigen Deutschland haben.
Aber was macht unsere Politik? Hofiert z.B. die Ukraine, die im Osten russisches und im Westen polnisches Gebiet unter ihrer Kontrolle hat, ohne im Mindesten auf diese Problematik einzugehen.

Peter Miozga am 01.05.21, 10:50 Uhr

Hans Lukaschek ist nach 1945 zunächst Chef der Landwirtschaftsverwaltung in Thüringen gewesen. (Vielleicht wurde dieser Posten sogar als "Minister" bezeichnet.) Die sowjetischen Panzer haben ihm dann keine Wahl gelassen und er ist in den Westen gegangen, wo er Vertriebenen-Minister unter Adenauer geworden ist. Am Tag vor seiner Flucht in den Westen hatte er meinen Vater (ebenfalls aus Oberschlesien) gefragt, ob er mitkommen wolle.
Meine Eltern hatten aber gerade einen bauernhof übernommen. Daher hat sich ihr Weg nach Westen etwas verzögert.

sitra achra am 29.04.21, 09:31 Uhr

Die historische Heimstätte der Polen liegt zwischen Düna und Desna, in den von ihnen heute zu Unrecht okkupierten Gebieten, hauptsächlich deutscher Besiedlung, haben sie nichts verloren. Da können sie noch so viel falsche Ansprüche stellen und ihre Verlogenheiten in freche Feiern kleiden.

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