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Eine Geschichte mit kaiserlicher Vergangenheit – Eine über die ganze Stadt verteilte Sonderausstellung feiert „1100 Jahre Goslar“
Goslar ist die Stadt der Altertumsrekorde. In Deutschland ist kein weltlicher Bau des 11. Jahrhunderts größer und besser erhalten als die Kaiserpfalz. Die untere Schale des Marktbrunnens gilt als größter Bronzeguss der Romanik. Ihr Kupfer kommt vom benachbarten Rammelsberg, der einstmals größten Erzlagerstätte Europas.
Die Kaiserpfalz gehört zusammen mit der 1500 historische Gebäude umfassenden Altstadt und dem Bergwerk Rammelsberg zum UNESCO-Weltkulturerbe. Derzeit feiert die 50.000-Einwohner-Stadt ihr stolzes Alter mit der dreiteiligen Sonderausstellung „1100 Jahre Goslar – Mit Erfolg gebaut“. Ihre Standorte sind die Kaiserpfalz, das Goslarer Museum und das Museum Besucherbergwerk Rammelsberg. Aber eigentlich umfasst die Schau die gesamte Stadt. In ihr sind zahlreiche Bauwerke als deren Außenstationen gekennzeichnet.
Nach über 3000 Jahren Erzgewinnung waren die Rammelsberger Vorkommen von Kupfer, Blei und Zink, Silber und Gold ausgebeutet. Die Stadt wandelte die 1988 geschlossenen Anlagen in ein Museum und ein Besucherbergwerk um. Die Rammelsberger Sonderschau stellt uns den ehemaligen Bergwerksbetrieb und die Wohnviertel der Bergleute vor. Zu ihnen gehört das zwischen Kaiserpfalz und Rammelsberg gelegene Frankenberger Viertel.
Seine Vergangenheit wird uns im Museum anhand von Objekten und Abbildungen präsentiert. Überdies ist das gesamte Frankenberger Viertel mit seinen kleinen Fachwerkhäusern, von denen viele von oben bis unten dekorativ mit Schiefer verkleidet sind, und der einst in die Stadtbefestigung einbezogenen Kirche der Berg- und Hüttenleute Außenstation der Sonderschau.
Der in der Kaiserpfalz gezeigte Ausstellungsteil blickt zurück auf das 11. bis 13. Jahrhundert. Goslar war damals dank der zahlreichen und langen Aufenthalte von Königen und Kaisern ein Herrschaftszentrum des Reiches. Wie ein Chronist schildert Kurator Jan Habermann auf zahlreichen Textfahnen die konfliktreichen Ereignisse, berichtet von Königen und Gegenkönigen, von streitlustigen oder willfährigen Päpsten.
Mit Preußen ging es wieder aufwärts
Auch ein Besuch der Dauerausstellung ist empfehlenswert, denn in ihr sind die originalen Bronzelehnen des um 1060 angefertigten Herrscherthrons zu sehen. Die hatte Prinz Carl von Preußen in den 1840er Jahren für sein Schloss Glienicke erworben. Bei der Eröffnung des ersten deutschen Reichstages am 21. März 1871 waren sie Teil des Sitzes von Kaiser Wilhelm I. Prinz Carl vererbte die einst zur Ausstattung des Goslarer Doms gehörenden Lehnen der Stadt Goslar.
In ihren ältesten Bauteilen geht die Kaiserpfalz auf Kaiser Heinrich III. (er regierte 1039–1056) zurück. Letzte mittelalterliche Baumaßnahmen veranlasste Kaiser Friedrich I. Barbarossa (reg. 1152–1190). Nachdem Preußen 1866 das Königreich Hannover annektiert hatte, ging es mit der über Jahrhunderte vernachlässigten und baufällig gewordenen Kaiserpfalz wieder aufwärts.
Die umfassende Restaurierung erfolgte unter Mitwirkung des preußischen Denkmalpflegers Ferdinand von Quast. Nach Abschluss der baulichen Instandsetzung besuchte Kaiser Wilhelm I. 1875 die Kaiserpfalz. Später errichtete ihm die dankbare Stadt Goslar vor dem Bauwerk ein bronzenes Reiterstandbild, neben dem das Kaiser Friedrich I. Barbarossa aufragt. Somit stellen die beiden Reiterstandbilder das Kaisertum der Hohenzollern in die Tradition der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Diese Botschaft soll auch die Ausmalung des Kaisersaals übermitteln, an der der 1899 in Goslar gestorbene Thüringer Maler Hermann Wislicenus von 1879 bis 1890 arbeitete. Das Hauptbild zeigt Kaiser Wilhelm I. zu Pferde. Hinter ihm reitet sein Sohn und Nachfolger Friedrich Wilhelm. Über ihm schweben Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie die Mutter: Königin Luise. Rechts stehen Otto von Bismarck und Generalfeldmarschall Helmut von Moltke, links die Personifikationen von Elsass und Lothringen.
Den südlichen Abschluss der Pfalzanlage bildet die doppelgeschossige Ulrichskapelle. In der unteren Etage bedeckt eine figürliche Grabplatte das in einer Kapsel ruhende Herz Kaiser Heinrichs III. Darauf spielt das Motto der 1100-Jahr-Feiern an: „Wo Kaiser ihr Herz verlieren“.
Goslarer trauern ihrem Dom nach
Während der Körper Heinrich III. im Speyerer Dom bestattet ist, war der ursprüngliche Aufbewahrungsort der Grabplatte und des Herzens die von ihm in Goslar gestiftete Kirche St. Simon und Judas. Der Stadtrat verkaufte das als „Goslarer Dom“ berühmte Gebäude 1819 wegen Baufälligkeit „auf Abriss“. Erhalten geblieben ist nur die zur Zeit Friedrich Barbarossas errichtete Vorhalle.
Bis heute trauern die Goslarer ihrem so schmählich vernachlässigten Dom nach. Ihm ist der dritte Teil der Sonderschau gewidmet. Das Goslarer Museum präsentiert historische Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken des untergegangenen Bauwerks. Im „Domraum“ der Dauerschau sind überdies Kunstwerke ausgestellt, die zu seiner Ausstattung gehörten: Bildfenster, die imposanten, über zwei Meter großen Figuren einer Kreuzigungsgruppe sowie der berühmte, merkwürdigerweise nach einer heidnischen Gottheit benannte „Krodo-Altar“ aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts.
Wegen ihrer wertvollen Ausstattung unbedingt besuchen sollte man auch die Marktkirche, die Jacobikirche und die noch wie zu ihrer Erbauungszeit im 12. und 13. Jahrhundert aussehende Neuwerkkirche. Allen dreien diente der Dom als architektonisches Vorbild.
• Die dreiteilige Sonderschau läuft bis 20. November im Museum Besucherbergwerk Rammelsberg täglich 9–18 Uhr, in der Kaiserpfalz und im Goslarer Museum, geöffnet täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr. www.1100jahre.goslar.de