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Die Kolonialherrschaft in Deutsch-Samoa unter Gouverneur Wilhelm Solf setzte Maßstäbe
Die deutsche Kolonialherrschaft in Afrika und Ozeanien sowie im Pachtgebiet Kiautschou an der chinesischen Ostküste war deutlich besser als ihr Ruf, der vor allem aus den böswilligen Negativdarstellungen der damaligen Gegner des Deutschen Reiches sowie kolonialkritischer Historiker von heute resultiert. Das galt auch und gerade für das Schutzgebiet Deutsch-Samoa, das faktisch vom 17. Februar 1900 bis zum 29. August 1914 existierte. Die durch den Samoa-Vertrag vom 14. November 1899 (siehe PAZ vom 25. Oktober 2024) Deutschland zugesprochenen westlichen Samoa-Inseln Upolu, Savai'i, Apolima, Manono, Fanuatapu und Namu'a kann man einerseits wenigstens teilweise als exemplarisch für die gesamte Kolonialherrschaft des deutschen Kaiserreiches ansehen. Andererseits agierten dessen Repräsentanten vor Ort derart milde und zurückhaltend, dass die pazifische Kolonie auch als Sonderfall betrachtet werden muss.
Wie überall im deutschen Kolonialreich entstanden auf Samoa Krankenhäuser und Schulen. Die Zahl der Letzteren lag 1914 bei 320. Darüber hinaus flossen Zuschüsse aus Berlin, um die Wirtschaft vor Ort anzukurbeln. Im Falle Samoas war dies so erfolgreich, dass die Kolonie ab 1908 finanziell auf eigenen Füßen stand. Ebenso investierte das Reich in die Infrastruktur. Davon zeugten die Straßenbeleuchtung mit Gaslaternen, das Telefonnetz, eine Telegrafen-Großfunkstation sowie eine Schmalspureisenbahn für den Gütertransport. Außerdem liefen 1914 Vorarbeiten für die Verlegung von Wasserleitungen und den Bau eines Elektrizitätswerkes.
„Alle Radikalmittel sind von Übel“
Der erste deutsche Gouverneur, Wilhelm Solf, der bis 1911 amtierte und dann als Staatssekretär an die Spitze des Reichskolonialamtes trat, verfuhr nach dem Grundsatz: „Alle Radikalmittel sind von Übel. Zeit, Güte und Gerechtigkeit sind die besten Regierungsmittel in Samoa.“ Also verbot Solf den Vollzug der Prügelstrafe an den einheimischen Arbeitern auf den Plantagen der Europäer. Darüber hinaus entsprach er am 25. Juni 1903 auch dem Wunsch der Häuptlinge, die Samoaner von jeglichem Arbeitszwang zu befreien. Deswegen mussten die Farmer chinesische Kontraktarbeiter auf die Inseln holen. Solf wurde hierfür von vielen Siedlern kritisiert, und der von Richard Deeken geführte deutsche Pflanzerverein forderte schließlich die Einsetzung einer Militärregierung zur Durchsetzung der Arbeitspflicht. Daraufhin sorgte Solf für Deekens Verbannung aus Samoa.
Ein weiteres Entgegenkommen der Kolonialmacht bestand in der Erhebung des beliebten samoanischen Stammesführers Mata'afa Josefo zum Oberhäuptling und Kopf der einheimischen Selbstverwaltung aus lokalen Distriktvorstehern und Vertretern angesehener Familien. Mata'afa und einige Häuptlinge wurden später sogar als deutsche Beamte vereidigt. Die Selbstverwaltungsorgane in der Kolonie verfügten nicht zuletzt über das Recht, sämtliche Einnahmen aus der 1901 eingeführten Kopfsteuer nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Ebenso durften die Samoaner die Gerichtsbarkeit untereinander nach ihren überkommenen Regeln ausüben.
Und auch sonst stand ganz offensichtlich der Schutz der traditionellen einheimischen Lebensformen im Vordergrund. Deswegen heißt es gelegentlich, dass die deutschen Kolonialbeamten in der Südsee eher wie Museumskuratoren aufgetreten seien als wie Bevollmächtigte der Zentralmacht in Berlin. So wurden beispielsweise Gesetze erlassen, die den Verkauf von samoanischen Immobilien verboten und jedem Einheimischen 1,3 Hektar Land verschafften. Die Gegenleistung bestand lediglich im Anbau von 50 Kokospalmen pro Jahr auf brachliegendem Grund. Der Bewahrung der Werte der Bevölkerung der Samoa-Inseln diente zudem das Verbot des Glücksspiels und des Handels mit Alkohol und Waffen.
Das ausgesprochen fortschrittliche und humane Agieren führte dazu, dass es in Deutsch-Samoa keine Aufstände wie in manchen afrikanischen Kolonien des Reiches gab. Vielmehr waren die Einheimischen froh über die „Pax Germanica“, welche die ewigen blutigen Stammeskonflikte beendet hatte. Die einzige nennenswerte Rebellion namens Mau a Pule ereignete sich 1908/09 und war auch nicht grundsätzlich gegen die deutsche Herrschaft gerichtet. Vielmehr wollten die Aufrührer unter der Führung von Lauaki Namulauulu Mamoe lediglich die Absetzung des Oberhäuptlings Mata'afa Josefo zugunsten des zu ihrem Clan gehörenden Malietoa Tanumafili erzwingen. Der zu dieser Zeit in Deutschland weilende Solf entsandte zwar drei Kriegsschiffe nach Samoa, beendete den Konflikt dann aber letztlich ohne jedwede Gewalt durch Verhandlungen. Anschließend wurden Lauaki und einige von dessen Gefolgsleuten auf die Marianen-Insel Saipan verbannt.
Es bedurfte keiner Schutztruppe
Aufgrund der unproblematischen Sicherheitslage war auf Samoa keine kaiserliche Schutztruppe stationiert. Es existierte lediglich eine Inselpolizei unter der Leitung eines deutschen Polizeimeisters, dem rund 55 Einheimische unterstanden. 25 davon sorgten für Recht und Ordnung, der Rest übernahm vorrangig Botengänge oder repräsentative Aufgaben. Dass es stets genügend Freiwillige für den Polizeidienst gab, zeugt ebenfalls von der hohen Akzeptanz der deutschen Kolonialherrschaft auf Samoa.
Diese endete wenige Wochen nach Beginn des Ersten Weltkrieges mit der kampflosen Besetzung der Inseln durch rund 1500 neuseeländische Soldaten. Neuseeland erhielt dann auch nach dem Ersten Weltkrieg 1920 das Völkerbundmandat über das ehemalige Deutsch-Samoa. Wenig später entstand eine Protestbewegung unter den Einheimischen, die 1928 von der neuseeländischen Polizei blutig niedergeschlagen wurde. Ihre Unabhängigkeit erlangte die frühere deutsche Kolonie erst am 1. Januar 1962.
Heute erinnert auf Samoa immer noch vieles an die Deutschen, von denen die Einheimischen nach wie vor mit Respekt sprechen. Gleichzeitig wächst die Besorgnis angesichts des wachsenden Einflusses der Volksrepublik China. Ein für jedermann sichtbares Symbol desselben ist das neue chinesische Krankenhaus, das unlängst an der Stelle des abgerissenen deutschen Hospitals errichtet wurde.