21.05.2024

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Anfänge Ostpreussens

Zeugnisse der Ur- und Frühgeschichte

Schon im 11. Jahrtausend v. Chr. besiedelten Menschen das Land – Wechsel der Kulturen in der Stein- und Bronzezeit

Wolfgang Kaufmann
28.12.2023

Wenn es um die Anfänge der Geschichte Ostpreußens geht, dann wird in aller Regel auf die Prußen verwiesen, also jenes Konglomerat aus ursprünglich „heidnischen“ baltischen Stämmen, welche in der Region zwischen Weichsel und Memel lebten. Dieser mittelalterliche Stammesverband ist deshalb so populär, weil er dem späteren Herzogtum Preußen seinen Namen gab, nachdem die Herrschaft des Deutschen Ordens, der das Land der Prußen im 13. Jahrhundert erobert hatte, zu Ende gegangen war. Das heißt jedoch nicht, dass die Geschehnisse auf dem Gebiet des heutigen Ostpreußen vor dem Auftauchen der Prußen vollkommen im Dunkel der Vergangenheit liegen.

Wie wir heute wissen, lebten hier bereits im 11. Jahrtausend v. Chr. Menschen. Dabei handelte es sich um Immigranten von bislang unbekannter Herkunft, die das Land besiedelten, als die Eisschilde an der Südküste der Ostsee langsam verschwanden und erträglichere Umweltbedingungen Einzug hielten. Anschließend fand im weiteren Verlauf der Stein- und Bronzezeit ein kontinuierlicher Wechsel von Kulturen statt.

Am Anfang stand dabei die Memel-Kultur während der Mittel- und Jungsteinzeit zwischen dem 7. und 3. Jahrtausend v. Chr. Aufgrund des immer wärmeren Klimas wurden die Jäger und Sammler an den Ufern der Memel sowie im heutigen Ostpreußen nach und nach sesshaft und begannen dann um 4500 v. Chr. herum mit der Herstellung von Keramik. Damit war die sogenannte neolithische Revolution auch hier vollzogen.

Ab etwa 5300 v. Chr. kam es parallel zur Herausbildung der Narva-Kultur, die etwa bis 1750 v. Chr. existierte. Ungeachtet ihres Namens reichten die Siedlungsgebiete der Narva-Kultur vom Norden Estlands aus weit nach Südwesten bis in den von der Memel-Kultur geprägten Raum.

Darüber hinaus entwickelte sich in der Späten Jungsteinzeit auch noch die Haffküsten-Kultur, die etwa von 2700 bis 600 v. Chr. Bestand hatte und letztlich fast den gesamten Bereich von der Danziger Bucht über das Frische und Kurische Haff bis hinauf in das Gebiet um das spätere Heiligenau nördlich von Memel dominierte. Dabei gab es offenbar zwei verschiedene Untergruppen: eine weitgehend autonome nordöstliche Gruppierung und eine südwestliche Gruppe, die sowohl in der Tradition der zeitlich früheren Trichterbecherkultur als auch der später weit verbreiteten Schnurkeramik- und Kugelamphoren-Kultur stand. Einige Prähistoriker gehen davon aus, dass im Gebiet der Haffküsten-Kultur bereits das Proto-Baltische gesprochen wurde, welches als Vorläufer des Lettischen, Litauischen und Prussischen gilt. Auf jeden Fall waren die Träger der Haffküsten-Kultur sehr stark vom Meer abhängig: Sie betrieben kaum Ackerbau und widmeten sich stattdessen dem Fischfang und der Jagd auf Seehunde. Dazu kam das Sammeln und Verarbeiten von Bernstein, der dann auch „exportiert“ wurde.

Abhängig vom Meer – die Haffküsten-Kultur
Zum Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. geriet die Haffküsten-Kultur unter den Einfluss der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur zwischen Saale, Donau und Weichsel, bevor ab 600 v. Chr. die früheisenzeitliche Westbaltische Hügelgräberkultur im größten Teil des heutigen Ostpreußen vorherrschte. Die namensgebenden Grabanlagen enthielten Urnen mit der Asche der Toten.

Auf die Westbaltische Hügelgräberkultur folgte im 1. Jahrhundert v. Chr. die Braunswalde-Willenberg-Kultur – benannt nach einem Gräberfeld mit 3000 Einzelbestattungen, das 1874 östlich der Nogat entdeckt wurde. Diese Kultur expandierte bis in den Westen der Ukraine und viele Forscher bringen sie mit dem germanischen Volk der Goten in Verbindung. Allerdings war die Braunswalde-Willenberg-Kultur nur im westlichen Ostpreußen präsent. In den übrigen Gebieten breitete sich ab dem 1. Jahrhundert n. Chr. die Westbaltische Kultur aus, welche vier Untergruppen aufwies: die Trägergruppe der Westmasurischen Kultur, die östlich davon angesiedelte Sudauer Gruppe, die Dollkeim-Gruppe im Samland und dem Gebiet rund um das heutige Königsberg sowie die Memelland-Gruppe. Aus diesen gingen dann wiederum die immer noch schriftlosen prußischen Stämme hervor, auf die der Deutsche Orden bei seiner Expansion nach Osten stieß. Das waren die Samen, Warmier, Natanger, Barter, Pogesanen, Pomesanen, Sassen, Galinder, Sudauer, Nadrauer und Schalauer. Unter diese hatten sich allerdings in der Zeit der Völkerwanderung im 6. Jahrhundert n. Chr. zunehmend noch von Osten eingesickerte Slawen gemischt.

Zu den frühesten Schriftquellen über die Bevölkerung im heutigen Ostpreußen gehört die ethnographische Abhandlung „Germania“ des römischen Historikers Publius Cornelius Tacitus aus dem Jahre 98 n. Chr., in der das Volk der Ästier erwähnt wurde, das nordöstlich der Danziger Bucht siedelte. Hierbei handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls um Vorgänger der Prußen. Deren erste explizite Erwähnung erfolgte in einer frühmittelalterlichen Handschrift namens „Geographus Bavarus“ aus dem späten 9. Jahrhundert. Darin war unter anderem von den „Bruzi“ die Rede, welche im Bereich der südlichen Ostseeküste lebten.


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