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Landwirtschaft

Zurück zur Natur

Regionale Agrarprodukte erleben einen Aufschwung – In Bayern springen immer mehr umweltbewusste Bio-Bauern auf diesen Zug auf

Markus Bauer
14.06.2021

Schon länger sind die Aspekte „Bio“, „Öko“ und „Regional“ in der Landwirtschaft beziehungsweise bei landwirtschaftlich erzeugten Produkten angesagt, aber auch viel diskutiert. Als Beispiel sei ein im September letzten Jahres in Regensburg organisierter „BioRegioMarkt“ erwähnt mit Produkten und Herstellern aus diesen Bereichen.

Der Trend scheint inzwischen wieder zurückzugehen zum Arbeiten ohne künstliche Hilfsmittel wie Dünger oder Ähnlichem sowie zur tiergerechten Haltung des Nutzviehs. In diesem Kontext kann auch ein Blick auf frühere Technik – zum Beispiel Dampfpflüge – interessant sein und Hinweise sowie Tipps für heute geben.

Agrarwende, Düngeverordnung, Tierwohl, Artenvielfalt beziehungsweise -sterben oder Biodiversität – diese Schlagwörter bestimmen seit geraumer Zeit die landwirtschaftliche Diskussion. Verwiesen sei auf die Festschreibung von 30 Prozent Ökolandbau bis 2030 in Bayern als Folge des Volksbegehrens Artenvielfalt von 2019, das unter dem Titel „Rettet die Bienen“ bekannt wurde. Ob das erreicht wird, steht in den Sternen. Laut der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) betrug die Anzahl der Biobetriebe im Freistaat 2020 rund 11.000. Damit wirtschaften – je nach Sichtweise bereits oder nur – gut zehn Prozent aller Höfe in Bayern nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus.

Ein Vorreiter ist der LVÖ-Vorsitzende Hubert Heigl, der mit seiner Ehfrau Evi in Eichkreith, Landkreis Regensburg, seinen landwirtschaftlichen Betrieb führt, bei dem die artgerechte Haltung von Öko-Schweinen im Mittelpunkt steht. Ob im Ferkelaufzucht-, im Abferkel- oder im Gruppensäugestall – überall haben die Ferkel und Schweine angenehme Temperaturen, Platz und Raum für Auslauf und Bewegung sowie beste hygienische Rahmenbedingungen. Alle Ställe werden zweimal wöchentlich komplett gemistet und mit neuem Stroh ausgelegt.

„Auf unseren 70 Hektar landwirtschaftlicher Fläche erzeugen wir alles Getreide und Stroh, das wir brauchen“, erläutert Evi Heigl. Dass es bei einem Ökobetrieb das Kupieren der Schweineschwänze ebenso wenig gibt wie die Kas-tration oder das Abschleifen der Zähne bei den Ferkeln, versteht sich von selbst. Die Unversehrtheit und Gesundheit der Tiere gehört zu den höchsten Gütern. Nicht zu Unrecht haben die Heigls 2017 den Bayerischen Tierschutzpreis der Bayerischen Staatsregierung erhalten.

Bodenschutz steht im Vordergrund

Das ökologische Wirtschaften bezieht sich aber auch auf den Ackerbau. So dürfen etwa in einem sogenannten Triticale-Feld bunte, vielfältige Pflanzen wie Rittersporn oder Frauenspiegel wachsen oder Brennnesseln am Ackerrand, die für Insekten und Vögel von Nutzen sind. „Der Öko-Landbau ist für die Artenvielfalt wichtig“, betont Hubert Heigl. Für ihn sind zudem der Trink- und Grundwasserschutz, der „Klimaschutz“ und die Biodiversität grundlegende Argumente für ökologischen Landbau und ökologische Landwirtschaft.

Über alledem vergisst der Öko-Bauer die Ökonomie nicht: „Der Absatz ist nötig. Deshalb dürfen wir nicht ausschließlich auf Regionalität setzen, sondern müssen diese mit dem Öko-Aspekt kombinieren.“ Nicht zu vergessen seien dabei die Bodenbearbeitung und die eingesetzte Technik.

Auch das wird – Stichwort „Bodenschutz“ – in jüngster Zeit heftig diskutiert. Kein Vergleich zur Ära in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als nach der Erfindung der Dampfmaschine die Mechanisierung auch in der Landwirtschaft begann.

Eine der ersten maschinell durchgeführten Tätigkeiten war das Pflügen mit Dampfpflügen. Die von 1901 bis 1966 bestehende Bayerische Dampfpflug-Genossenschaft Regensburg, das heißt deren Gründung, Entwicklung, Arbeitsabläufe, Aktivitäten, Mitglieder, Höhen und Tiefen hat der Agrarhistoriker Theodor Häußler aus dem Regensburger Vorort Pentling akribisch erforscht und die Ergebnisse in einem Buch veröffentlicht.

Die Pflugsaison ging von Ende Juli bis Ende November, nach einem zuvor festgelegten Plan wurde die Maschine von einem Betrieb zum nächsten transportiert. Der Fortschritt gegenüber dem bisherigen einscharigen und eher oberflächigen Pflügen mit dem Tiergespann lag im nun tiefgründigen Pflügen mit fünf Scharen, was eine ganz andere Bodenbearbeitung bedeutete.

In den 1950er und 1960er Jahren kam die Frage nach dem Kraftstoff (Dampf versus Diesel) auf, die Reparaturen wurden schwieriger und die Tendenz, dass sich Landwirte ihre eigenen Traktoren und Pflüge kauften, nahm zu. All diese Faktoren führten zum Ende der Dampfpflug-Genossenschaft. Doch zwischen Häußlers Zeilen lässt sich auch eine Botschaft für heute herauslesen: der Appell zu mehr Zusammenarbeit in der Landwirtschaft. Hierfür kann die Dampfpflug-Genossenschaft Vorbild sein und trifft auch den Nerv des Ökolandbaus, verantwortlich mit Tier, Grund und Boden umzugehen.


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Kommentare

sitra achra am 15.06.21, 11:06 Uhr

Recht so! Die Ökolandwirtschaft könnte das Hofsterben stoppen und vielen Familien, deren Leidenschaft eine umweltschonende Landwirtschaft ist, ein sicheres Einkommen bieten. Die industrielle Landwirtschaft müßte demnach konsequent rückgebaut werden. Sie sollte auf keinen Fall mehr irgendwelche Subventionen erhalten.
Dann wird auch mir der Schweinebraten, der dann wesentlich teurer ist, wieder richtig munden! Glückauf!

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