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Kommen ebenfalls als mögliche Täter infrage: Ukrainische Kampftaucher, hier 2021 bei einer Übung in Odessa
Foto: imago images/UkrinformKommen ebenfalls als mögliche Täter infrage: Ukrainische Kampftaucher, hier 2021 bei einer Übung in Odessa

Nord-Stream-Anschläge

Zwei US-Blätter spekulieren

„Washington Post“ und „New York Times“ hinterfragen russische Täterschaft

Wolfgang Kaufmann
05.01.2023

Gleich beide großen US-Zeitungen, „The Washington Post“ und „The New York Times“ (NYT), haben umfangreiche Artikel zu der Frage veröffentlicht, wer am 26. September vergangenen Jahres die Sprengstoffanschläge auf drei der vier Röhren der Unterwassererdgaspipelines Nord Stream 1 und 2 verübt haben könnte. Die „Post“ schreibt, dass von den 23 in Hintergrundgesprächen befragten Diplomaten und Geheimdienstmitarbeitern aus neun Ländern keiner über handfeste Informationen verfüge, die auf eine Aktion Russlands hindeuten.

„Selbst diejenigen mit Insiderwissen über die forensischen Details bringen Russland nicht eindeutig mit dem Angriff in Verbindung ... Einige gingen sogar so weit zu sagen, dass sie Russland nicht für verantwortlich hielten.“ Dem folgte die Aussage: „Die Vereinigten Staaten fangen routinemäßig die Kommunikation russischer Beamter und Militärs ab – diese Geheimdienstaktionen trugen dazu bei, Moskaus Invasion in der Ukraine im Februar genau vorherzusagen. Aber bislang haben Analysten keine Erklärungen von der russischen Seite gehört oder gelesen, die ein Schuldanerkenntnis darstellen oder nahelegen, dass die Russen versuchen, ihre Beteiligung zu vertuschen.“

Danach zitierte die „Post“ einen „hohen EU-Beamten“, der anonym bleiben wollte mit der Aussage, es sei unlogisch anzunehmen, Russland habe die Pipelines gesprengt, denn „während Putins langer Amtszeit setzte der Kreml Energie stets als Instrument mit politischer und wirtschaftlicher Hebelwirkung ein und drohte mit Unterbrechungen der Lieferungen, um Länder zu erpressen, damit sie sich nicht gegen Russland wenden ... Es ergibt keinen Sinn, dass Russland jetzt auf diesen Hebel verzichtet.“

Erklärung aus Moskau

Vergleichbares war auch in der „NYT“ zu lesen: „Die Explosion ist für Russland keineswegs von Vorteil. Es ... kann das Versprechen billigen Gases nicht mehr ohne Weiteres nutzen, um Deutschland von seinen europäischen Verbündeten abzuspalten. Und es muss mit hohen Reparaturkosten rechnen.“ Zu letzterem Punkt berichtete das Blatt: „In den letzten Wochen hat die Nord Stream AG, die sich mehrheitlich im Besitz eines vom Kreml kontrollierten Unternehmens befindet, damit begonnen, die Kosten für die Reparatur der Leitung und die Wiederherstellung des Gasflusses zu kalkulieren, so eine mit den Arbeiten vertraute Person ... Der Kostenvoranschlag für die Reparatur beginnt bei etwa 500 Millionen Dollar, sagte die Person im Vertrauen ... Die Untersuchungen werfen die Frage auf, warum Russland, wenn es seine eigenen Pipelines gesprengt hat, nun eine teure Reparatur plant.“

Andererseits verweist die „NYT“ auf das ukrainische Interesse, Nord Stream auszuschalten. Immerhin könne Kiew so weiter Transitgebühren für die Durchleitung des russischen Gases über das eigene Territorium kassieren. Trotz eines also durchaus vorhandenen Motivs aufseiten der Ukraine glaubt die „NYT“ nicht an dessen Täterschaft und führt zur Begründung an, dass das Land über keine Unterseeboote verfügt, seit das einzige ukrainische U-Boot U01 „Saporischschja“ 2014 infolge der Annexion der Krim in russische Hände geraten ist.

Warnung aus Stockholm

Allerdings verfügen Kiews Seestreitkräfte über Kampfschwimmer, die bereits seit 2020 von britischen und US-amerikanischen Spezialisten ausgebildet werden. Laut einer Erklärung des Außenministeriums Russlands zur Beteiligung Großbritanniens am Terroranschlag auf Schiffe der Schwarzmeerflotte in Sewastopol vom 3. November vergangenen Jahres trainieren die ukrainischen Taucher im Golowatij-Zentrum der Hafenstadt Otschakiw in der Oblast Mykolajiv sowie in der Odessaer Schule für Kampfschwimmer auch Sabotageeinsätze in der Tiefsee.

In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die schwedische Regierung schon vor der Inbetriebnahme von Nord Stream 1 in einer Sicherheitsstudie gewarnt hatte, die Gasleitung könnte selbst durch „rudimentäre Sabotagemittel“ zerstört werden: „Ein Taucher würde ausreichen, um einen Sprengsatz zu zünden.“

Eines U-Bootes bedarf es also gar nicht, um an das Einsatzziel in 70 bis 80 Metern Tiefe zu gelangen. Es genügt ein kleines, aber gut motorisiertes Schlauchboot, das an einer einsamen Stelle der Ostseeküste unbemerkt zu Wasser gelassen wird. Das erweitert den Kreis der potentiellen Täter. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschließen, dass jener anonyme Interviewpartner der „Washington Post“ Recht behält, der da meinte: „Wer auch immer es getan hat, kann damit davonkommen.“


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Kommentare

sitra achra am 10.01.23, 14:55 Uhr

Ich tippe mal ganz frech auf Dänen und Polen i.A. von Tio Yanqui (Uncle Sam).

Michael Holz am 05.01.23, 22:23 Uhr

„Wer auch immer es getan hat, kann damit davonkommen.“
Nein Herr Kaufmann, die Täter werden früher oder später bestraft werden. Alles deutet darauf hin, das die Drahtzieher am Potomac, die Vorbereiter an der Themse und die durchführenden Täter im von Polen besetzten Ostpreußen sitzen. Niemand aus der Nähe der Newa oder Moskwa hat dies durchgeführt.

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