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Östlich von Oder und Neiße

Allerheiligen wurden auch deutsche Gräber gepflegt

Im Lebuser Land widmet man sich verstärkt der Pflege alter Grabstätten – Verein Denkmal engagiert sich in der gesamten Region

Chris W. Wagner
16.11.2020

Der November zählt zu den Monaten, in denen Friedhöfe öfter als sonst im Jahr besucht werden. Besonders vor dem katholischen Feiertag Allerheiligen werden Begräbnisstätten in der Republik Polen in Ordnung gebracht – auch deutsche evangelische oder jüdische.

In der Woiwodschaft Lebuser Land, die einen Teil Niederschlesiens mit Grünberg [Zielona Góra] umfasst sowie einen ostbrandenburgischen Teil um Landsberg an der Warthe [Gorzów Wielkopolski], rief Barbara Bielenis-Kopeć, Chefin der Woiwodschaftsdenkmalschutzbehörde in Grünberg, Volontäre und Privatpersonen dazu auf, die Grabstätten ehrenamtlich aufzuräumen. „Ich wäre dankbar, wenn diejenigen, die solche Aktionen durchführen oder so etwas vorhaben, mit unserer Behörde in Kontakt treten. Je mehr Menschen sich dafür engagieren, desto größer der Nutzen für die Region“, sagte sie im regionalen Radio Westen (Radio Zachód).

Bielenis-Kopeć arbeitet seit 30 Jahren für den Denkmalschutz und von Anfang an traf sie immer wieder Menschen, denen das historische deutsche Erbe am Herzen liegt. „Diese Erinnerung ist auch für die Deutschen wichtig. Es gibt den Verein Denkmal, der vor Kurzem in unserer Region tätig wurde. Er ist auch in Hinterpommern engagiert. Er führt Aufräumarbeiten in Lieben [Lubień], Marsdorf [Marszów] und Buchholz bei Drossen [Ośno Lubuskie] durch“, so die Chefin des Denkmalschutzes im Lebuser Land.

Seit den 80er Jahren führt ihre Behörde ein Verzeichnis historischer Friedhöfe. Die Liste umfasst 1447 Grabstätten, von denen die historisch wichtigsten den Weg in die Liste der denkmalgeschützten Objekte fanden. In der Woiwodschaft Lebus sind es 68 Friedhöfe. Auf der Liste befinden sich nur fünf jüdische Nekropolen, aber eine von ihnen ist europaweit die älteste, so Przemysław Wojciech, Kunsthistoriker im Museum des Fraustädter Landes (Muzeum Ziemi Wschowskiej) in Fraustadt [Wschowa]. „Der jüdische Friedhof in der Dammvorstadt von Frankfurt/Oder [Słubice] wurde bereits 1399 erwähnt. Dort wurden wichtige Rabbiner beerdigt, zu deren Gräbern Juden aus aller Welt pilgerten“, so Wojciech. Er zählt einen weitereren Ort von europäischer Bedeutung auf – das Lapidarium in Fraustadt. Das Lapidarium – ein Freilichtmuseum für Grabmalkunst – befindet sich auf dem einstigen evangelischen Altstadt-Friedhof und wurde bereits in den 70er Jahren dort eingerichtet. „Für mich als Kunsthistoriker ist das ein Muss für alle Touristen, diesen zwei Hektar großen Gottesacker zu besuchen. Hier ruhen für die Region wichtige Persönlichkeiten.“ Der Fraustädter ist stolz, gleich weitere zwei Lapidarien in der Woiwodschaft aufzählen zu können: in Freystadt in Schlesien [Kożuchów] und Beuthen an der Oder [Bytom Odrzański]. Trotzdem empfindet auch er die Pflege historischer Friedhöfe als noch wichtiger, da solche Initiativen von der Bevölkerung ausgehen. „Unlängst hat eine Sanierungsinitiative in Kottwitz [Kotowice] dazu geführt, dass der dortige Kirchhof in die Denkmalschutzliste eingetragen wurde. Die Kirche gibt es dort nicht mehr, nur die Kirchhofsmauer blieb übrig, aber ihre Genese führt ins Mittelalter zurück“, so Wojciech.

Doch ein besonderer Friedhof wartet seit Anfang der 2000er Jahre auf seine Sanierung. Er liegt auf dem Gelände des inzwischen verschwundenen Gutshauses Skyren [Skórzyn] bei Messow [Maszewo]. Dort befindet sich das verfallene Grab des einstigen Reichskanzlers und Bismarck-Nachfolgers Georg Leo Graf von Caprivi (1831–1899), nach dem der Caprivizipfel in Namibia benannt ist. Noch Mitte der 70er Jahre war neben dem Schloss eine Steinpyramide mit einem zwei Meter hohen Marmorkreuz als Grabmal vorhanden. Übrig blieben nur eine überwucherte Stelle und das im Efeu liegende Kreuz. 2007 sprach der seit 2006 bis heute amtierende Gemeindevorsteher Dariusz Jarociński davon, das Grab Caprivis sanieren zu wollen. Zehn Jahre später führte er Gespräche mit Vertretern der Deutschen Minderheit und des Preußeninstituts e.V. Die Gespräche scheinen letztlich versandet zu sein, im Internet findet sich zumindest kein Hinweis über einen dauerhaften Erhalt. Vielleicht kann der Aufruf der Denkmalschützerin Bielenis-Kopeć erneut motivieren.


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Kommentare

sitra achra am 24.11.20, 17:39 Uhr

Ich begrüße diese völkerverständigende Entwicklung. Ich habe schon viele verwahrloste oder entfernte Grabstätten und Friedhöfe der ehemaligen deutschen Bevölkerung in Polen gesehen.

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