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Premierminister Keir Starmer ist unbeliebt wie nie – Die Opposition unter Nigel Farage wittert ihre Chance und will die Altparteien beerdigen
Es war der schlechteste Start jemals für eine neu gewählte Regierung, einen neu gewählten Premierminister, egal ob Labour oder Konservative“, sagt John Curtice. Das Urteil des Politikwissenschaftlers und Meinungsforschers fasst den Absturz zusammen, den Keir Starmers Labour-Regierung in nur einem Jahr erlebt hat.
Im Juli 2025 hatte Labour einen „Erdrutschsieg“ errungen, seitdem rutscht die Partei erdrutschartig ab. Die schwächelnde Wirtschaft, steigende Steuern, Probleme im Gesundheitsdienst, Spenden-Skandale, das Versagen bei der Eindämmung der illegalen Immigration – all das wird dem Premier angelastet. „Broken Britain“, Britannien ist kaputt, lautet ein verbreiteter Slogan. Der versprochene „Wandel“ kommt bei den Briten nicht an. Nur bei 20 Prozent ist der Premier noch populär. Labours Werte sind dramatisch abgestürzt.
Und spiegelbildlich ist die als rechtspopulistisch bezeichnete Partei Reform UK von Nigel Farage („Mr Brexit“) in Umfragen in die Höhe geklettert. Sie liegt mit etwa 29 Prozent auf dem ersten Platz – deutlich vor Labour mit nur 24 Prozent. Farages Partei hat im Mai bei Kommunalwahlen triumphiert sowie erste Rathäuser und Kommunalparlament erobert. Die Buchmacher nehmen Wetten an. Farage hat demnach die besten Chancen, nächster Premierminister zu werden.
Die im vergangenen Juli abgewählten Konservativen liegen hingegen weiterhin zerstört am Boden. Sie haben sich unter ihrer Vorsitzenden Kemi Badenoch, einer durchaus eloquenten Schwarzen, nicht erholt, liegen abgeschlagen auf dem dritten Platz. Die Öffentlichkeit hat die 14 Regierungsjahre nicht vergessen, die das Land in keinem guten Zustand hinterlassen haben. „Die Partei ist wie Dead Man Walking“, also wie ein Untoter, sagt ein Tory-Abgeordneter aus Südengland.
Es gibt erste Auflösungserscheinungen. In den vergangenen Wochen wechselten mehrere Ex-Abgeordnete, sogar ein ehemaliger Minister und Ex-Parteigeschäftsführer von den Tories zu Reform. Farage ist ein Menschenfischer. Auf TikTok folgen ihm 1,3 Millionen – mehr als allen anderen Unterhausabgeordneten zusammen.
Farage kreist schon wie ein Geier
Starmer wirkt dagegen abgehoben und steif. Dem Juristen fehle es an einer Vision und einer Erzählung, was seine Regierung eigentlich verbessern wolle im Lande, so Politikprofessor Curtice von der Strathclyde University. Labour verweist stets auf das schwierige Erbe der diversen Tory-Regierungen. Mehr und mehr Bürger haben aber das Gefühl, dass die Linke die Lage auch nicht verbessere. Beispielsweise sind im staatlichen Gesundheitssystem des NHS die Wartezeiten kaum gesunken. Mehr als sieben Millionen Patienten warten auf einen Arzttermin. Manche warten mehr als ein Jahr lang.
Und dann ist da die starke Immigration. Starmers hatte versprochen, die „Gangs“ der Menschenschmuggler zu zerschlagen, die für viel Geld illegal Migranten mit Schlauchbooten über den Ärmelkanal auf die Insel schleusen. Doch bislang ist er damit gescheitert. Die Zahl der Bootsmigranten sinkt nicht, sondern sie steigt. Bis zur Jahresmitte kamen schon 20.000, das waren fast 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Vor Wochen erklärte der Premier, bei einer ungesteuerter Massenimmigration drohe Großbritannien zu einer „Insel der Fremden“ zu werden. Die Formulierung empörte Linke in seiner Partei. Sie klinge wie ein Satz aus der umstrittenen Rede des Konservativen Enoch Powell, die als „Rivers of Blood“-Rede bekannt wurde. Starmer ruderte zurück und sagte, er „bedauere tief“, die Formulierung gewählt zu haben.
Das war typisch für Starmer: Er ist bekannt für seine peinlichen Kehrtwenden. Unter dem Druck der Labour-Linken hat seine Regierung Anfang Juli eine wichtige Sozialreform geschreddert, die mehrere Milliarden Pfund Kürzungen bei Zahlungen an Kranke beinhaltete. Der sozialistische Flügel von Labour rebellierte dagegen. Angesichts der Revolte zog Starmer die Kürzungen zurück. Am nächsten Tag saß seine Schatzkanzlerin Rachel Reeves weinend im Parlament. Ihre Tränen waren ein sinnfälliger Ausdruck für den Zustand der Regierung. Im Herbst wird es wohl neue Steuererhöhungen geben. Trotz der großen Mehrheit im Parlament sieht die Regierung schon wackelig aus.
Besonders das Versagen in der Migrationskrise treibt die Wähler zu Farages Reform UK. Der Brexit-Politiker hat hier das neue große Thema gefunden. Farage ist der Hobby-Angler, er fährt gelegentlich Journalisten auf seiner Jolle auf den Ärmelkanal und zeigt die Schlauchboote, die übervoll beladen, überwiegend mit dunkelhäutigen jungen Männern, durch die Wellen pflügen.
Starmer hat indessen mit Frankreichs Staatspräsidenten Macron ein Abkommen geschlossen, das die Bootsmigranten abschrecken soll. „One in – one out“, lautet das Motto: Großbritannien darf für jeden Neuankömmling künftig einen Bootsmigranten nach Frankreich zurückschicken. Labour hofft, damit das Problem in den Griff zu bekommen.
Derweil kreist Farage wie ein Geier über den im Sterben liegenden Altparteien. „Immer mehr Leute kommen zu mir und sagen, ich sei der richtige nächste Premierminister“, sagt er lachend im Gespräch mit dem Boulevardblatt „The Sun“. Die einst großen Parteien hören seine Kampfansage – es lacht keiner mehr.