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Arbeiterbegertag 2023

Arbeitgeber stellen der Ampel ein verheerendes Zeugnis aus

„Der Zug ist schon zu Beginn der Strecke stehengeblieben“: BDA-Chef Dulger lässt kein gutes Haar an der Bundesregierung und der EU-Führung

Peter Entinger
31.10.2023

Die Mehrheit der Deutschen hat das Vertrauen in die Ampelkoalition verloren. Nun kommt noch hinzu: Auch aus den Reihen der Wirtschaft ist das Unbehagen immer lautstärker zu vernehmen. In der vergangenen Woche fand der Arbeitgebertag des Bundesverbands BDA in Berlin statt. Dessen Präsident Rainer Dulger sparte bereits im Vorfeld nicht mit Kritik an der Regierung: „Arbeitsmarkt, Wirtschaftssystem und Energiepolitik sind in Deutschland überreguliert.“ Es sei schwer, sich als Unternehmer oder Arbeitnehmer zu entfalten. „Aber Teile der Ampel hören uns nicht zu. Wir erleben einen wirtschaftspolitischen Stillstand in der Zeitenwende – der Zug ist schon zu Beginn der Strecke stehengeblieben.“

In seiner Rede zum Arbeitgebertag legte Dulger nach und forderte die Regierung auf, mehr für den Standort Deutschland zu tun: „Konkrete Handlungen sind nun gefragt. Ein gezielter Bürokratieabbau ist ein kostenloses Konjunkturprogramm.“ Er bemängelt nicht nur die Verhältnisse im politischen Berlin, Dulger nahm auch die EU aufs Korn und nannte als Beispiel das Lieferkettengesetz oder die Richtlinie für Sozialreports, die Großunternehmen jährlich erstellen müssen. „Allein der Leitfaden für den Sozialreport ist fast so dick wie das Frankfurter Telefonbuch. Das ist bürokratischer Wahnsinn, was da vor allem aus Brüssel zusätzlich über uns ausgeschüttet wird.“ Deutschland setze solche Regeln zudem oft viel strenger um als die anderen Mitgliedsstaaten.

Laut einer jüngsten Forsa-Umfrage sehen 82 Prozent der Unternehmer den Standort Deutschland in Gefahr. Als Gründe nannten sie unter anderem hohe Energiepreise und fehlende Fachkräfte. Unternehmen benötigten Planungssicherheit, um die Weichen im eigenen Betrieb richtig stellen zu können, betonte Dulger in Berlin: „Die Standortbedingungen stimmen nicht mehr.“

„Die Regierung hört uns nicht zu!“
Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. Damit liegt Deutschland klar unter dem europäischen Durchschnitt. Dulger strich heraus, dass in anderen, einst wirtschaftlich deutlich schwächeren Ländern die richtigen Maßnahmen eingeleitet worden seien. „Schauen Sie, wie weit Polen, Tschechien, Ungarn und das Baltikum ihre Verwaltungsabläufe digitalisiert haben. Das spielt alles in die Angebotsbedingungen eines Standorts hinein“, sagte der Arbeitgeberpräsident, der zudem die marode Infrastruktur und die hohen Lohnnebenkosten beklagte. Dulgers Philippika ist in dieser Form durchaus ungewöhnlich. Normalerweise üben sich Arbeitgeber und Regierung während des Verbandstags in trauter Einigkeit. Kanzler Olaf Scholz, CDU-Chef Friedrich Merz und Finanzminister Christian Lindner dürften vor Ort die Ohren geklingelt haben.

In seinem Redebeitrag versprach Scholz auf allen staatlichen Ebenen Verbesserungen. „Deutschland-Tempo brauchen wir überall, wenn es um Entscheidungen des Staates, um Handlungen und Planungen geht“, sagte er in Bezug auf den schnellen Aufbau der Infrastruktur für Flüssiggas. Oppositionsführer Merz nutzte die Gunst der Stunde, um Dulgers Worte aufzugreifen und die Regierung ebenfalls scharf anzugreifen. Die Ampel müsse Maßnahmen „auf der Kostenseite“ ergreifen. „Deutschland hat die höchsten Arbeits-, Bürokratie- und Energiekosten und die höchsten Steuern. Das lässt sich auf Dauer nicht durchhalten.“ Bei den Arbeitskosten sei eine Reduzierung schwierig, aber bei den Bürokratiekosten könnte man es „relativ schnell hinbekommen“.

Nicht gut angekommen ist die Tatsache, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck dem Treffen trotz anderslautender Ankündigungen ferngeblieben ist. Den Part des Beschwichtigers übernahm dafür Scholz. „Wir haben es übertrieben, das ist meine feste Überzeugung“, sagte er mit Blick auf die Bürokratie. Akteure aller Parteien und politischer Ebenen hätten „Jahrzehnte damit zugebracht, liebevoll und mit viel Spaß am Detail dafür zu sorgen, dass es sehr kompliziert geworden ist“. Teilnehmer sprachen anschließend von Beruhigungspillen, die der Kanzler verabreicht habe.

Arbeitgeberchef Dulger konnten die Worte des Kanzlers ebenfalls kaum überzeugen. Er zeichnete ein düsteres Szenario. Jedes vierte Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten spiele mit dem Gedanken, abzuwandern. „Die Stimmung in der Breite der Wirtschaft ist gekippt“, sagte er und gab Minister Habeck mit Blick auf die Klimaschutz-Maßnahmen mit auf den Weg: „Eine absterbende Wirtschaft als Kollateralschaden billigend in Kauf zu nehmen, um Klimaschutzziele zu erreichen, ist grundfalsch.“


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Kommentare

Hans Rollmann am 02.11.23, 16:53 Uhr

Ja leider ist das auch so man hat es ja auch bei der inflationsprämie gesehen jeder erhält sie Politiker, Beamte, Bürgergeldempfänger, Rentner nur die doofen zeitarbeiter die Sklaven für die Wirtschaft die schauen ins Leere!!!!!
Man sollte ganz einfach wieder den Volksentscheid wie in der Schweiz ist wieder einführen!!!!!!!!!!!!!

sitra achra am 02.11.23, 11:34 Uhr

Schuld ist die von allen Parteien geteilte merkantilistische Arbeitsmarktpolitik, wo es mehr auf Masse als auf Klasse ankam. Der demographische Wandel hat diese dumme Politik an ihre Grenze gebracht. Stattdessen müßte mehr in die Förderung der Arbeitsproduktivität investiert werden, was konkurrierende Ökonomien bereits mit Erfolg praktizieren.

Marcel Manzei am 31.10.23, 19:17 Uhr

Und Mal wieder ist die Ampel Schuld an allem.
Es ist natürlich nicht wahr, das in den letzten Jahren auch schon vor der Ampel dieses Land regiert und reguliert wurde. Marode Infrastruktur entsteht nicht in 2-3 Jahren sondern über Jahrzehnte.
Es war viele Jahre Status Quo nur noch Gewinne zu optimieren und nach uns die Sinnflut. Wenn man als Unternehmen wenig bis gar nichts für Nachwuchs tut dann klagt es sich besser über den Fachkräftemangel. Jahrelange Zeitarbeitsmärchen und Facharbeiter die nur noch zum Teiletauscher ausgebildet wurden.
Und jetzt jammern.

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