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Heimbewohner sind zunehmend auf Sozialhilfe angewiesen
In Würde altern ist ein viel geäußerter Wunsch. Fast alle Betreiber von Senioreneinrichtungen werben damit. Doch die Realität sieht anders aus. Rund ein Drittel aller Pflegebedürftigen in Heimen ist auf Sozialhilfe angewiesen. Das geht aus einem aktuellen Bericht der Krankenkasse DAK-Gesundheit hervor.
Trotz deutlich gestiegener Alterseinkünfte werde der Anteil der Pflegeheimbewohner, die Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen, im Laufe dieses Jahres wieder auf ein Drittel anwachsen und bis 2026 voraussichtlich 36 Prozent betragen. Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, fordert als neue pflegepolitische Zielsetzung von der Bundesregierung, die Sozialhilfequote in Einrichtungen auf unter 30 Prozent zu begrenzen. Trotz der bisherigen Reformen werden ab Mitte dieses Jahres im Durchschnitt Eigenanteilswerte erreicht, die höher sind als jemals zuvor, so die Berechnungen von Heinz Rothgang, Professor für Gesundheitsökonomie an der Universität Bremen, der die Analyse im Auftrag der DAK durchführte.
Nur eine Teilkaskoversicherung
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr ein System von Entlastungszuschlägen eingeführt, die mit der Pflegedauer steigen. Dennoch stieg der durchschnittliche Eigenanteil der Bewohner zum Jahreswechsel auf 2468 Euro pro Monat. Die Zahl der Bewohner in den Pflegeeinrichtungen ist in den vergangenen zehn Jahren massiv in die Höhe geschnellt: von 620.249 im Jahr 2010 über 676.584 im Jahr 2015 auf rund 731.000 Ende 2020. Inzwischen hat sich die Zahl Schätzungen zufolge der 800.000er-Marke genähert.
Bei den 80- bis 85-Jährigen ist nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums bereits jeder Vierte pflegebedürftig. Da die Zahl alter Menschen in der Bevölkerung zunimmt, sei dementsprechend auch mit einem Anstieg der Zahl pflege- und betreuungsbedürftiger Personen zu rechnen. Bei den über 90-Jährigen sind mehr als acht Zehntel pflegebedürftig, was nicht zwingend bedeutet, in eine Einrichtung umziehen zu müssen. Im Dezember 2021 waren in Deutschland knapp fünf Millionen Menschen pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes.
Rund drei Viertel aller Pflegebedürftigen werden zu Hause gepflegt. Das geschieht durch ihre Angehörigen oder durch Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste, wobei das eine das andere nicht ausschließt. Auch das ist ein teures Unterfangen. „Damit Menschen gar nicht erst ins Pflegeheim kommen, müssen wir die Pflege in den eigenen vier Wänden viel stärker fördern. Das Pflegegeld sollte noch in diesem Jahr um mindestens zehn Prozent erhöht werden. Es sollte jährlich eine Anpassung der Leistungen an die allgemeine Kostenentwicklung erfolgen, und wir brauchen das im Koalitionsvertrag beschlossene Entlastungsbudget, also die Zusammenfassung der Kurzzeit- und Verhinderungspflege“, fordert der DAK-Vorstandsvorsitzende von der Politik, welcher der Christdemokrat früher selbst einmal unter anderem als saarländischer Gesundheitsminister angehört hat.
Steigende Eigenanteile
Dadurch, dass die Ansprüche und Auflagen an die Heimbetreiber immer höher werden, würden die Kosten ins Uferlose steigen. „Heimpflege wird zu einer Sozialhilfepflege“, heißt es in der Analyse der DAK. Die Reformen der Vergangenheit haben zwar dafür gesorgt, dass die Bewohner ab dem dritten Aufenthaltsjahr in einer Einrichtung entlastet werden, aber dies geht an der Lebensrealität vorbei. Mehr als vier Zehntel der männlichen Bewohner sterben innerhalb der ersten drei Monate. Bei Frauen, deren Lebenserwartung generell höher ist, liegt die Quote zwischen 25 und 30 Prozent. Innerhalb der ersten drei Monate nach dem Umzug stürzen Senioren häufiger als zuvor. Und im ersten Jahr im Heim ist die Sterberate höher als in anderen Jahren. Um die Pflege in Deutschland bezahlbar zu machen, wurde 1995 die Pflegeversicherung eingeführt. Sie ist allerdings nur eine Teilkaskoversicherung. Für Heimbewohner kommen noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen hinzu.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte daher einen Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Pflegevollversicherung. Diese solle für alle pflegebedingten Kosten aufkommen. Der Sozialverband VdK ist der Ansicht, die Pflege von Angehörigen zu Hause zu stärken. Dies sei menschlicher und im Endeffekt deutlich billiger. Z„Wir brauchen dringend Hilfe für die Pflege in den eigenen vier Wänden in Form von Hauswirtschaft und Betreuung“, sagt die Vorsitzende Verena Bentele. Denn durch die steigenden Lebenshaltungskosten und die Inflation fehle es mehr und mehr an Geld für eine professionelle Betreuung.