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Kein Kino, kein Theater, keine Ausstellungen – die Corona-Krise trifft viele Kunst- und Kultureinrichtungen bis ins Mark
Das Coronavirus hat auch die Kulturszene voll erwischt. Im ganzen Land sind Theater, Opern, Museen, Konzertsäle, Kinos, Literaturhäuser und Bibliotheken geschlossen. Obwohl die Zwangspause gesunder Institutionen der Ansteckungsvermeidung dient, scheint es, als läge alles krank danieder und warte auf die Genesung.
Tatsächlich könnte es am Ende für viele Kulturschaffende heißen: Operation gelungen, Patient tot. Denn sollte das Virus eines Tages besiegt sein, beginnt erst so richtig der Überlebenskampf in der Kultur. Man kann jetzt schon voraussagen, dass manche Institution dabei wirtschaftlich auf der Strecke bleibt.
Nur größere Theater und Ausstellungshäuser, die staatliche Unterstützung erhalten, werden die nächsten Wochen unbeschadet überstehen. Selbst denen schmerzt der Einnahmeverlust, wenn die Häuser vorerst für einen Monat geschlossen bleiben. Joachim Mähnert, der Direktor des Ostpreußischen Landesmuseums (OL) in Lüneburg, schätzt den Verlust durch den Publikumsausfall für die Zeit der Schließung vom 17. März bis 20. April auf einen fünfstelligen Eurobetrag. „Das tut richtig weh“, sagt er, „aber die gute Nachricht ist, dass wir im Moment keine Not leiden. Doch wenn die Wirtschaft durch die Krise Schaden nimmt, werden es die Kultureinrichtungen vermutlich als Erste merken.“ Wenn in einer ökonomisch angeschlagenen Gesellschaft jeder Cent umgedreht werden müsse, würden sich viele Besucher den Gang ins Museum, ins Theater oder ins Kino sparen.
Müsste die Schließung noch länger andauern, könnte das OL, in dem eine Kollwitz-Ausstellung unterbrochen sowie die Eröffnung einer Sielmann- und einer Zweite-Weltkrieg-Ausstellung abgesagt wurde, laut Mähnert noch ein Vierteljahr durchhalten: „Viele Projekte wären dann ernsthaft gefährdet und ein nachhaltiger Schaden nicht ausgeschlossen.“
Staatlich geförderte Museen und Theater sind dabei noch in einer recht komfortablen Lage. Solange die staatlichen Zuschüsse fließen, haben angestellte Mitarbeiter sowie feste Ensemblemitglieder wenig zu befürchten. Ums Überleben müssen die kleineren privaten Theater kämpfen, die selten ein größeres Rücklagenpolster für schlechte Zeiten bilden können. Hendrik Frobel vom Berliner Chamäleon Theater in den Hackeschen Höfen befürchtet für die Zeit bis zum
19. April „Umsatzeinbußen von mehr als 500 000 Euro“. Und in Hamburg nennt Corny Littmann vom privaten Schmidt Theater die Zahl von 2,2 Millionen Euro, die seinen drei Bühnen für die sechs Wochen bis Ende April fehlen werden.
Für notleidende Kultureinrichtungen bestehen bereits Hilfsangebote wie Kurzarbeitergeld oder Fördermittel der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Weitere Milliardenhilfen hat die Bundesregierung in Aussicht gestellt. Allerdings müssten diese Gelder auf unbürokratischem Wege schnell bei den Betroffenen eintreffen, denn jeder Verzug ist existenzbedrohend.
Den letzten Teil vom Kuchen werden diejenigen abbekommen, von denen der Kultursektor eigentlich lebt: die Zigtausend freiberuflichen Künstler, Schauspieler, Sänger, Musiker, Tänzer. Sie alle leben häufig von der Hand in den Mund. Schon ein Monat ohne Engagement und Verdienst kann ihnen finanziell das Genick brechen. Die Wohnmiete und andere Fixkosten wie Heizung, Strom oder Versicherung müssen trotzdem bezahlt werden. Sofern sie für ein Engagement gebucht waren, können sie für die Zeit der Schließung in der Regel auf kein Ausfallhonorar hoffen. Denn die behördlich angeordnete Maßnahme gilt als höhere Gewalt.
Als Überlebenskünstler müssen besonders Musiker die kommenden Wochen meistern. Gerade zu Ostern fallen üblicherweise viele Engagements an, die nun ersatzlos ausfallen. So wurden viele Festivals abgesagt wie die Osterfestspiele in Salzburg und Baden-Baden, die Berliner Staatsopern-Festtage sowie die dortige MaerzMusik, der Heidelberger Frühling, die Badenweiler Musiktage, die Göttinger Händel-Festspiele und viele andere musikalische Frühlingstreffen mehr.
In einem Brandbrief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters bezifferte das aus freiberuflichen Musikern bestehende Freiburger Barockorchester die Honorareinbußen allein bis 10. April auf 314 800 Euro. Es hofft ebenso auf staatliche Unterstützung wie das Hamburger Ensemble Resonanz, dessen Geschäftsführer Tobias Rempe klagt: „Es ist total klar, dass wir ohne Hilfe von außen die nächsten zwei bis drei Monate nicht überleben können.“
Um freischaffenden Musikern zu helfen, hat die Deutsche Orchester-Stiftung bereits ein Spendenkonto eingerichtet. Damit soll die Zeit überbrückt werden, ehe ein vom Deutschen Kulturrat geforderter Nothilfefonds für Freiberufler handlungsfähig wird. Außerdem werden Karteninhaber von ausgefallenen Veranstaltungen dazu aufgerufen, aus Solidarität zu den Künstlern keine Rückerstattung zu fordern.
In die Bredouille sind auch laufende Filmproduktionen geraten, die ihre Dreharbeiten absagen mussten. Sollten die Filmarbeiten wieder starten, kommt es zu einem terminlichen Rückstau, da viele Schauspieler an Folge-Aufträge vertraglich gebunden sind. Ganze Produktionen drohen daher wegen zeitlicher Überlappung zu platzen, was Produktionsfirmen ebenso an den Rand des Ruins bringen könnte wie so manche Kinos, die derzeit ebenfalls geschlossen sind. Viele Kinostarts sind auf unbestimmte Zeit verschoben worden, so auch der neue James-Bond-Film und die bereits in der PAZ-Ausgabe 11 für den 19. März angekündigte Komödie „Berlin Berlin“.