22.08.2025

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Katastrophe mit Ansage

Der deutsche Bau-Turbo zündet nicht

Viel Gerede, keine Taten – die Ursachen sind bekannt, geändert wird aber trotzdem nichts

Peter Entinger
21.08.2025

Mit großem Tamtam kündigte die Bundesregierung bei ihrem Amtsantritt im Frühjahr den sogenannten Bau-Turbo an. Schneller, günstiger und flexibler sollte gebaut werden, um der angespanntesten Wohnungslage seit Jahrzehnten zu begegnen. Das Ziel: jährlich 400.000 neue Wohnungen. Aber die Realität sieht ernüchternd aus. Der Turbo stottert, die versprochene Beschleunigung bleibt aus. Die Ursachen liegen tief und können wohl auch nicht einfach beseitigt werden.

Schon seit Jahren verhindern hohe Baukosten und aufwendige Genehmigungsverfahren, dass der Wohnungsbau mit der Nachfrage Schritt hält. Hinzu kommt, dass es an Arbeitern fehlt. Die Bürokratie tut ihr Übriges. Die Preise für Grundstücke und Baumaterialien sind weiter gestiegen. Strenge energetische und angeblich umweltfreundliche Vorschriften sowie weitere Regeln, die in besseren Zeiten als vielleicht sogar sinnvolle Investition in Nachhaltigkeit galten, wirken nun wie zusätzliche Bremsklötze.

Die Zahl der Baugenehmigungen ist im Vergleich zum Vorjahr drastisch gesunken, in manchen Regionen um mehr als ein Viertel. Selbst die Aussicht auf sinkende Zinsen kann diese Entwicklung bislang nicht umkehren. Während in Ballungsräumen die Mieten und Kaufpreise steigen, droht in strukturschwachen Regionen Leerstand. „Es wird zu viel angekündigt und zu wenig geliefert“, sagt Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB).

Aus der Wirtschaft kommen Forderungen nach einer radikalen Entbürokratisierung, zeitweise Ausnahmen von zu teuren Baustandards und einer stärkeren Einbindung privater Investoren. Die Regierung verweist auf Förderprogramme und versucht, einzelne Verfahren zu beschleunigen. Doch der Flickenteppich an Maßnahmen überzeugt weder Bauwirtschaft noch Kommunen. Der Bau-Turbo wirkt eher wie ein Symbolprojekt, das in der Realität zu wenig Wirkung entfaltet. Selbst dort, wo Bauprojekte beginnen, ziehen sich die Verfahren in die Länge. Kommunen klagen über Personalmangel in den Bauämtern, Projektentwickler über unsichere Förderbedingungen.

Gleichzeitig wächst die soziale Schieflage: Die Zahl der Sozialwohnungen sinkt, Neubauten richten sich zu oft an eine zahlungskräftige Klientel. Wer in Großstädten eine bezahlbare Wohnung sucht, hat kaum Chancen. Besonders dramatisch ist die Lage für Familien mit mittlerem Einkommen, die weder in den Genuss von Sozialwohnungen kommen noch die steigenden Mieten oder Kaufpreise tragen können. In Städten wie München oder Hamburg steigen die Quadratmeterpreise weiter, in manchen Landkreisen sogar um zweistellige Prozentwerte pro Jahr. „Die Wohnungsnot ist die neue soziale Frage“, heißt es in der Broschüre „Sozialer Wohnungsbau in Deutschland“. Der Bau-Turbo sollte eigentlich genau das verhindern.

„Der Wohnungsmangel wird somit zumindest noch mehrere Jahre weiter bestehen bleiben und die Wohnimmobilienpreise und Mieten tendenziell eher weiter steigen lassen“, glaubt Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer vom Verband Deutscher Pfandbriefbanken (VDP). Er könnte Recht behalten.


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