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Worauf sich Carsten Breuer einlässt, und was wir alles gar nicht wissen wollen
In der Politik ist die Inszenierung wichtiger als der Inhalt, und diese Inszenierung hier ist wahrlich gelungen: Mit Carsten Breuer wird ein echter Generalmajor Chef des Corona-Krisenstabes. Als die Entscheidung bekannt gegeben wurde, erfuhren wir übrigens so ganz nebenbei, dass es einen solchen Krisenstab schon seit Februar 2020 gibt und dass er seitdem schon 99 Mal getagt hat.
Haben Sie je von dem Gremium gehört? Oder von dessen Entscheidungen etwas mitbekommen? Ich auch nicht. Schon komisch. Und vor dem Hintergrund noch erstaunlicher, mit welchem Tamtam die Neubesetzung des Stabes dem Volk verkündet wird.
Wozu der große Auftritt? Na, damit setzt man natürlich ein eindrucksvolles Signal: Jetzt geht es los, denn mit dem bei der Krisenbewältigung erfahrenen General kommt endlich ein echter Macher an die Schalthebel.
Ob Breuer aber weiß, worauf er sich eingelassen hat? Vermutlich ja, was für die außerordentliche Tapferkeit dieses Soldaten spricht. Denn ab sofort handelt er im Gestrüpp von Politik und Bürokratie, wo ganz eigene Regeln gelten.
Die alleroberste Regel lautet: Sei nie schuld, wenn etwas schiefgeht. Die zweite: Wenn es glattgelaufen ist, drängle dich soweit wie möglich in den Vordergrund, dorthin, wo der Beifall anbrandet und es Lorbeeren regnet.
Breuer kann sich also auf zwei Szenarien gefasst machen. Sollte sein Wirken von Erfolg gekrönt sein, wird der neue Kanzler Olaf Scholz am Mikrofon stehen und huldvoll lächelnd die Ovationen entgegennehmen, derweil der Generalmajor bestenfalls schräg hinter ihm, vielleicht aber auch nur ganz außen am Bildrand oder gleich gar nicht zu sehen sein wird. Sollte die Operation Pandemie-Bewältigung dagegen zum Bauchklatscher mutieren, könnte dem Offizier die Bühne ganz alleine gehören.
Auch beim Verkünden unpopulärer Maßnahmen kann ein öffentlich bekannter Chef des Krisenstabes Gold wert sein. Wir haben ja vor dem großen Treffen am Dienstag erlebt, wie jeder bemüht war, sich hinter einem anderen zu verstecken: die Länderchefs hinter dem Bund und dort die alte Bundesregierung hinter der neuen und umgekehrt. Das Spiel mit der heißen Kartoffel ging so lange weiter, bis es wirklich nicht mehr ging, weil schlussendlich jeder im Lande das listige Hin und Her durchschaut hatte. So kam es zu dem Telefongipfel vergangenen Dienstag.
Künftig wird das viel einfacher. Scholz wird sagen, diese oder jene hässliche Entscheidung fuße eben „auf der Empfehlung des Corona-Krisenstabes“. Ganz Deutschland wird dann an den Generalmajor denken. Ja, Breuer ist wahrlich ein tapferer Mann, und er wird seine ganze Tapferkeit auch brauchen.
Ein großes Thema ist die Impfpflicht. Insbesondere für die Mitarbeiter in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen soll sie kommen. Frankreichs Präsident Macron hat das für diese Berufsgruppen schon beschlossen. Wer sich von den Betroffenen nicht „piksen“ lassen will, muss zwangsweise zu Hause bleiben – ohne Bezüge. Prompt fehlten Zigtausende Beschäftigte in der Pflege, wo sich die Lage sofort verschärft hat, da man doch sowieso schon knapp an Leuten war.
Und in Deutschland? Sagen wir mal so: Wenn nur noch ganz wenige Angestellte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ohne Impfung herumliefen, bräuchte man über eine Pflicht gar nicht zu reden. Also dürften es ein paar mehr sein. Aber wie viele?
Keiner weiß es – und niemanden stört's
Halten Sie sich fest: Das weiß keiner! Das Bundesgesundheitsministerium hat keine Informationen darüber, wie hoch die Impfquote in medizinischen Berufen liegt, wie aus der Antwort der (alten) Bundesregierung auf die Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Konstantin Kuhle hervorgeht. Und das RKI? Das hat darüber auch nur „Stichproben“.
Nun dämmert einem, warum in unserem Land seit Jahren so vieles im Morast landet. Wieso wir immerzu das Gefühl haben, zwischen lautem Gedröhn und verstolperten Maßnahmen hin und her zu schwanken. Diese Figuren auf den Rängen der „Verantwortlichen“ quasseln tatsächlich seit Monaten über einen Impfzwang für „sensible Berufsgruppen“, ohne nachzusehen, wie die Lage ist. Sie diskutieren voller Schwung und Pathos den einzuschlagenden Kurs, dabei haben sie noch nicht einmal versucht, unsere Position zu ermitteln. Da kann man die vorhersehbare Havarie jetzt schon ins Logbuch eintragen. Alles andere wäre unverdientes Glück.
Überhaupt die Zahlen: Der Medizinstatistiker Gerd Antes nennt die „Unterlassungssünden“ bei der Ermittlung unerlässlicher Zahlen und Daten zur Corona-Pandemie „schwindelerregend“, wie er Anfang der Woche dem Magazin „Cicero“ erzählt hat: „In den Talkshows beschäftigen wir uns ausschließlich mit ausländischen Studien.“
Warum auch nicht? Unsere deutschen Großköpfe haben dafür die schauerlicheren Geschichten auf Lager, Gruselanekdoten, die sie dann – anstellen von Datenmaterial – mit finsterer Miene ins Volk rieseln lassen. So wie Karl Lauterbach, der uns im April mit der Nachricht erschreckte hatte: „Diejenigen, die jetzt auf den Intensivstationen behandelt werden, sind im Durchschnitt 47 bis 48 Jahre alt. Die Hälfte von denen stirbt. Viele Kinder verlieren ihre Eltern. Das ist eine Tragödie.“
Später musste er das ein wenig relativieren. In Wahrheit hatte er irgendwann irgendwen in irgendeinem Krankenhaus gesprochen, der ihm von 47 oder 48 Jahre alten Corona-Opfern erzählt haben soll. Eine Tragödie, das wird kein Mensch auf der Welt bezweifeln. Aber das Medianalter derjenigen, die „an oder mit“ Corona sterben, bleibt eben trotzdem jenseits der 80 – wenigstens das ist sogar in Deutschland dokumentiert.
Die Sehnsucht nach Horrorgeschichten scheint bei Lauterbach und Co. aber derart ausgeprägt zu sein, dass sie sich beim Erzählen manchmal aus Versehen in Gebiete verirren, die leider gut erforscht sind, weshalb die Legende dann auffliegt. Dabei müsste das gar nicht sein. Bei dermaßen schlechter Datenlage wie in der Bundesrepublik stehen genug statistisch unerforschte Bereiche bereit, um mit Grusel-Anekdoten gefüllt zu werden, welche die meisten Zuhörer wunschgemäß für das maßstabsgetreue Abbild der Wirklichkeit halten werden.
Ansonsten machen wir weiter wie seit Beginn der Pandemie. Den ersten Lockdown beschlossen sie, als der Gipfel der ersten Welle schon hinter uns lag. Derzeit scheint sich das zu wiederholen, wenn abermals die Maßnahmen verschärft werden, derweil der Wellenkamm schon durch zu sein scheint.
Voller Unverständnis, ja Abscheu blicken wir indes nach Schweden, wo sie eigentlich schon alle tot sein müssten, wenn Lauterbach und seine Freunde recht gehabt hätten. Stattdessen liegen dort sowohl die Inzidenz als auch die Zahl der Corona-Intensivpatienten um Welten unter dem deutschen Niveau. Eigentlich eine Frechheit.
Annegret Kümpel am 10.12.21, 21:20 Uhr
Mir stellt sich die Frage: wie viele der Infizierten müssen einen Arzt aufsuchen, wie viele derer müssen in einem Krankenhaus behandelt werden, wie viele von denen kommen auf eine Intensivstation und wie viele sterben dort? In den Talkshows wird immer wieder auf fehlende Daten hingewiesen. Wo sind und bleiben die Daten und wer fordert sie ein? Vielleicht eine Aufgabe für die PAZ.
Chris Benthe am 04.12.21, 14:37 Uhr
Ach, wenn wir Sie und Ihre Kommentare nicht hätten, werter Herr Heckel ! Chapeau ! Weiter so !
sitra achra am 04.12.21, 12:06 Uhr
Im Land der Zwerge sind alle Kleinwüchsigen Riesen.
Schade, dass die Wichtel keine Zipfelmütze tragen. Die würde Kanzlerimitat Scholz sehr wohl zu Gesicht stehen.
Aber auch ohne hohe Schuhabsätze ist er der Größte im Zwergenstaat, ganz zum Ärger seines bayerischen Rivalen.
PS: Die Auswahlliste zur aktuellen Umfrage ist unvollständig! Da fehlt als Auswahlpunkt die Bewertung "grottenschlecht".