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Genussmittel

Der Gerstensaft der Hohenzollern

Zu Besuch auf der Prinzeninsel im Großen Plöner See, auf der „Preußens Pilsener“ ausgeschenkt wird – Ein Bier mit viel Tradition

Helga Schnehagen
20.09.2022

Schon der Makedonenkönig Philipp II. schickte seinen Sohn Alexander, den man später den Großen nennen sollte, mit seinem Lehrer Aristoteles in das weit vom quirligen Hof in Pella gelegene Mieza, damit sich der Filius ganz aufs Lernen konzentrieren konnte. Ähnlich machte es Kaiser Wilhelm II., als er sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts entschloss, alle seine Söhne zwecks geistiger und militärischer Ausbildung ins schleswig-holsteinische Plön zu schicken. Weit entfernt von den Ablenkungen am Hof.

Seitdem weht über Plön in der Holsteinischen Schweiz die Hohenzollernfahne. Denn nachdem das Plöner Schloss samt Nebengebäuden nach dem Deutsch-Dänischen Krieg 1864 an die siegreichen Preußen gekommen war, unterhielten die Hohenzollern darin bis zum Ende des Ersten Weltkrieges eine Kadettenanstalt. Heute ist das mächtige Schloss am Großen Plöner See als „Fielmann Akademie“ Ausbildungs- und Qualifizierungsstätte für Augenoptiker und Hörakustiker.

Daneben ließ Wilhelm II. seine Söhne ab 1901 auf der vorgelagerten Prinzeninsel die Grundzüge der Landwirtschaft erlernen und die Botanik studieren. Schließlich kaufte er 1910 sogar die ganze Insel. Während das Schloss verloren ging, ist die Insel bis heute Eigentum des Hauses Preußen geblieben und für die Öffentlichkeit zugänglich. Genau genommen ist es nur eine Halbinsel, denn seit im 19. Jahrhundert der Wasserstand des Sees abgesenkt wurde, ist sie über eine zwei Kilometer lange Landbrücke – ausschließlich Fuß-und Radweg – mit dem Ufer verbunden.

Am Ende angekommen, steht man vor dem Niedersächsischen Bauernhaus, dem Zentrum der einstigen Prinzenfarm. In der Pandemie-Pause saniert und innen neu gestaltet, ist der historische Fachwerk-Strohdach-Bau seit Mitte April 2021 als Café und Restaurant wieder geöffnet. Seitdem wehen hier die Fahnen von Preußens Pilsener, prangt auf den Sonnenschirmen der Terrasse die nämliche Aufschrift. Stilecht servieren die Hohenzollern hier Gerstensaft aus der eigenen Königlich Preußischen Biermanufactur.

Friedrich der Große war Bierbrauer

„Leider hatte man mir keine Brauerei hinterlassen“, so der heutige Chef des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen. „Daher kam die Idee, eine eigene Brauerei zu gründen.“ Und das ausgerechnet bei einem geselligen Weinabend mit seinem Freund, dem Bundestagsabgeordneten Andreas Mattfeld (CDU). „Als wir beide am nächsten Morgen die Idee immer noch gut fanden“, so der Prinz, „schritten wir zur Tat. Denn Bier hat mich schon immer interessiert. Schließlich bin ich in Bremen geboren und hier trinkt man Bier.“

Doch es gibt auch vielfältige historische Bezüge. Schon Kurfürst Johann Georg von Brandenburg (1525–1598) hatte die Bierbrauer als eigene Zunft anerkannt. Der Große Kurfürst (1620–1688) erhob dann allerdings Bierzins. Friedrich der Große (1712–1786) musste wie alle Preußenprinzen ein Handwerk erlernen. Auf Betreiben seines Vaters, des Soldatenkönigs, erlernte er das Brauereihandwerk. Hatte für Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) der Gerstensaft doch einen hohen Stellenwert. Er selber trank ihn bei seinen berühmten Tabakskollegien.

Später sagte Friedrich II.: „Ein jeder Brauer und gemeine Mensch gewöhnt sich jetzt zum Kaffee. Wird das ein bisschen eingeschränkt, so müssen sich die Leute wieder an das Bier gewöhnen, denn das ist zum Besten ihrer eigenen Bierbrauereien. Übrigens sind Seine Königliche Majestät Höchstselbst mit Biersuppe erzogen worden. Ihre Väter kannten nur Bier, und das ist das Getränk, das für unser Klima passt.“

Auch die folgenden Generationen frönten dem Bier. Königin Luise soll zum Starkbier im Sommer Erdbeeren gegessen haben. Und als Kaiser Wilhelm II. im April 1900 seinen Freund Max Egon II. zu Fürstenberg auf dessen Schloss in Donau­eschingen besuchte, schmeckte ihm das Fürstenberg-Bräu so gut, dass er es zum „Tafelgetränk seiner Majestät“ erhob. Zuvor schon hatte Bismarck das Bier der Fürstenberger zu seinem „Haustrunk“ gemacht.

Nach Reinheitsgebot gebraut

Der Weg zur eigenen Brauerei hat allerdings auf sich warten lassen. Doch seit 2017 braut auch das Haus Preußen sein eigenes Pils. „Auf die ersten Flaschen haben meine Kinder die Etiketten noch mit dem Prittstift selber geklebt“, erinnert sich Prinz Georg und fährt fort: „Die Burg Hohenzollern war dann die Keimzelle, der Testmarkt.“

Nach der positiven Resonanz wurde die erste große Charge über Getränke Ahlers in Ostwestfalen, Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein vertrieben. Natürlich gibt es das Preußens weiterhin verstärkt auf der und um die Burg Hohenzollern und demnächst auch im Rheinland. Auf der Burg wird es sogar von Fass gezapft.

Der Gerstensaft kommt an. Das Unternehmen schreibt von Anfang an schwarze Zahlen. Für dieses Jahr wird der Verkauf von 20.000 Hektolitern angepeilt. Diese Menge dürfte sich bald ändern, wenn auch die Chinesen an Preußens Pilsener Geschmack finden. Die Weichen sind gestellt.

Dafür ist Prinz Georg persönlich nach Tsingtau in China gereist. Dort hatten deutsche Siedler bereits 1903 eine erste Brauerei gegründet. Daraus hat sich bis heute die zweitgrößte Brauerei der Volksrepublik entwickelt. „Nach dem Besuch in der traditionellen Bierstadt“, so Prinz Georg, „habe ich die Chinesen für den Import meines Biers gewinnen können. Spätestens in einem halben Jahr wird Preußens Pilsener vor Ort sein. Hauptsächlich in Fünf-Liter-Fässern sowohl für die Gastronomie als auch für den Fachhandel.“

Hergestellt wird Preußens Pilsener im Herzoglichen Brauhaus Wolters in Braunschweig. Dort, wo übrigens auch Hemelinger gebraut wird. Verantwortlich für die Qualität ist Braumeisterin Tanja Mühlbach. Ausgebildet an der TU Weihenstephan in München, hat sie die Rezeptur für die Marke zusammen mit dem Hausherrn und Mitgeschäftsführer Mattfeldt entwickelt. Dazu wird das geschmacklich zwischen Pils und Export angesiedelte klassisch-herbe Bier selbstverständlich nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut. Bis jetzt gibt es nur eine Sorte und auch keine alkoholfreie Variante. „Das Geheimrezept liegt in der Hefekultur“, verrät Prinz Georg. Der Rest ist allgemein bekannt.


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