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Der grüne Gartenpharao

Vor 150 Jahren starb Fürst Hermann Pückler-Muskau – Er war preußischer Beamter, Weltreisender, Literat und Natur-Künstler

Veit-Mario Thiede
31.01.2021

In seinem Hermann Fürst von Pückler-Muskau gewidmeten Zueignungsbrief schreibt Heinrich Heine: „Aber wo befindet sich in diesem Augenblicke der vielverehrte und viel theure Verstorbene? Wohin adressiere ich mein Buch? Ja, wo ist jetzt der wandersüchtige Ueberall und Nirgends? – Im Abendland oder im Morgenland? In Vorderasien oder Hinterpommern? Muß ich mein Buch nach Kyritz adressiren oder nach Tombuktu?“ Seinen Lebensweg begann der von Heine bewunderte Fürst und Reiseschriftsteller am 30. Oktober 1785 auf Schloss Muskau und beendete ihn am 4. Februar 1871 auf Schloss Branitz.

Der als Sonntagskind geborene Pückler war Erbe der 500 Quadratkilometer großen Oberlausitzer Standesherrschaft Muskau im Kurfürstentum Sachsen und der Pücklerschen Stammgüter in der Niederlausitz. Als Standesherr war er Kirchen- und Schulpatron, übte die Gewerbeaufsicht sowie die niedere Gerichtsbarkeit aus und besaß das Zollrecht. Das alles bestärkte ihn in seinem lebenslang gepflegten elitären Selbstverständnis.

Bevor der junge Pückler 1811 das Erbe seines Vaters antrat, sorgte er ab 1806 auf seinen später so von ihm genannten „Jugendwanderungen“ für die Erweiterung seines Horizontes. Sie führten über Prag nach Wien ins weitere Süddeutschland, in die Schweiz, nach Frankreich und Italien. Über Paris und Weimar begab er sich zurück nach Muskau, wo er als neuer Standesherr Pläne zur Landesverschönerung entwickelte. Wesentliche Fortschritte verdankten diese seinem ersten Englandaufenthalt, während dem er 30 Landschaftsgärten besichtigte.

Die Reise war „Belohnung“ für Pücklers Teilnahme an den antinapoleonischen Befreiungskriegen. Im Gefolge des Herzogs Carl August von Sachsen-Weimar trat er am 12. Juni 1814 im Londoner Hyde Park zur Siegesparade der alliierten Truppen an. Im selben Jahr erfolgte seine Ernennung zum preußischen Oberstleutnant und sein Abschied aus der Armee.

Doch bei Ausbruch des Deutschen Krieges 1866 meldete er sich als Freiwilliger. In Unkenntnis des geänderten Marschbefehls fand die Entscheidungsschlacht bei Königgrätz ohne ihn statt.

Aber bei der Siegesfeier im Berliner Schloss war Pückler zugegen und erhielt für seine Teilnahme am Feldzug das aus der Bronze erbeuteter Kanonen gegossene Erinnerungskreuz. Von der Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg ließ er sich 1870 nur durch ein persönliches Schreiben König Wilhelms I. abbringen.Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses lagen Pücklers Güter seit 1815 auf preußischem Staatsgebiet. Er weilte nun öfter in Berlin, knüpfte gute Beziehungen zum preußischen Königshaus an – und lernte die neun Jahre ältere Lucie kennen.

Sie war die Tochter des Staatskanzlers Karl August von Hardenberg. Pückler heiratete sie 1817. Bei der Gestaltung des Muskauer Landschaftsgartens häufte das Paar enorme Schulden an. Um frisches Geld zu beschaffen, fassten sie einen verwegenen Plan. Nach der einvernehmlichen Scheidung reiste der 1822 von König Friedrich Wilhelm III. in den Fürstenstand erhobene Pückler nach England, um sich eine reiche Braut zu suchen. Da er auf seiner Jagd nach einer Geldheirat gleich mehrere Damen auf einmal umwarb, war sein guter Ruf bald ruiniert.

Lust an orientalischer Verkleidung

Trotz vergeblicher Brautschau war der Aufenthalt von 1826 bis 1829 in England, Wales und Irland für den Fürsten Gold wert. Fast täglich schrieb er Briefe an Lucie, in denen er ihr den neuesten Klatsch und Tratsch mitteilte, über ehrenwerte Mitglieder der Gesellschaft lästerte und seine Eindrücke von den etwa 70 besuchten Landschaftsgärten beschrieb. Nachdem Pückler 1829 wieder in Muskau eingetroffen war, nahm er die Briefe an Lucie als Grundlage seiner kritischen Beschreibung der britischen Verhältnisse, die unter dem Titel „Briefe eines Verstorbenen“ (1830/31) erschienen und sich zum internationalen Erfolg entwickelten.

Pücklers Biograph Ulf Jacob urteilt: „Er hatte Muskau als Standesherr alten Stils verlassen und kehrte als aristokratischer Intellektueller zurück.“ Als solcher erwarb er sich die Sympathien von Kaiser Napoleon III. und anderer gekrönter Häupter, Alexander von Humboldts sowie vieler weiterer Gelehrter, ebenso von Berühmtheiten wie Bismarck und Goethe.

Auch mit orientalischen Potentaten stand Pückler auf gutem Fuße. Seine von 1834 bis 1840 währende Orientreise absolvierte er nach eigenen Worten wie „immer auf dieselbe ziemlich abenteuerliche Manier, d. h. ohne einen bestimmten Plan für die Zukunft, wohin es Gott gefallen würde mich zu führen“. Der Fürst sah sich in Algerien und Tunesien um, besuchte das vom Wittelsbacher König Otto I. „bajuwarisierte“ Griechenland, begab sich als Gast des ägyptischen Vizekönigs Muhammad Ali Pascha auf Entdeckungsreise den Nil hinauf bis in den Sudan, besuchte die Pilgerstätten des Heiligen Landes und zog „vom Arm der Macht getragen“, womit Pückler Sultan Mahmud II. meinte, bis nach Konstantinopel. Kein Wunder, dass Heine daran verzweifelte, die Adresse des „Vielverehrten“ ausfindig zu machen.

An seinen Dichtung und Wahrheit mischenden Reiseerlebnissen schrieb der nun gern in orientalischer Gewandung auftretende Pückler bis 1848. Die Standesherrschaft Muskau hatte er 1845 verkauft und sich mit Lucie in Branitz niedergelassen. Auf ihre Bitte hin widmete er sich auch dort der Landschaftsgestaltung, die er als „letzte Verrücktheit zweier Greise“ bezeichnete. Der eindrucksvollste Bereich des Branitzer Innenparks ist die orientalisch angehauchte Pyramidenflur. In ihr erheben sich zwei aus Erde aufgeschüttete und begrünte Bauwerke: Die stufenförmige Landpyramide sowie die auf der Insel des Tumulussees errichtete Seepyramide, die sich der „Gartenpharao“ Pückler als nach seiner Meinung unvergängliche Grabstätte errichten ließ.

• Buchtipp
Ulf Jacob, Simone Neuhäuser, Gert Streidt
Fürst Pückler. Ein Leben in Bildern
be.bra verlag, Berlin 2019, Taschenbuch, 480 Seiten, 34 Euro


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