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Fast vergessen: Der Kenzer Gesundbrunnen und Maria Pomerana
Die Gesellschaft für pommersche Geschichte, Altertumskunde und Kunst von 1824 widmet sich in loser Folge landesgeschichtlich bedeutenden, besonders eindrücklichen, naturnahen oder (fast) vergessenen Orten Pommerns. Sie sollen als Anregung für Ausflüge, Erkundungen und Recherchen dienen und zur weiteren Entdeckung der Heimat oder des Urlaubsziels beitragen.
Maria Pomerana Miraculosa, die „Wundertätige Maria von Pommern“, war der Legende nach entweder eine hölzerne Statue oder ein in einer Eiche hängendes Marienbildnis. Sie befand sich Ende des 14. Jahrhunderts in der Nähe des kleinen Dorfes Kenz bei Barth.
Der Überlieferung nach hielt sie in der Hand ein Zepter. Damit soll sie einem Kranken die Richtung zu einer nahen Quelle gewiesen haben – um das dortige Quellwasser zu Heilzwecken zu verwenden. Nach dem Genuss des Quellwassers fühlte er sich wieder kräftig und gesund. Fortan wurde die Maria Pomerana und der Kenzer Brunnen aufgesucht, um Heilung zu erfahren. Rasch verbreitete sich der Ruf der Wundertätigkeit der Maria Pomerana und des Quellwassers. Daraufhin setzte um 1400 eine Pilgerbewegung ein. Eine Wallfahrts-Kirche wurde errichtet und die Wallfahrt nach Kenz wurde von der Kirche mit der Gewähr des Ablasses verbunden. Dadurch stieg Kenz zum größten Wallfahrtsort in Vorpommern und zu einem herausragenden Ort der Marienverehrung auf.
Dem Ruf des Kenzer Gesundbrunnes folgend, machte sich auch Herzog Barnim VI. von Pommern-Wolgast nach Kenz auf, um Heilung von der Pest zu erlangen. Noch bevor er den Brunnen erreichte, verstarb er jedoch im Herbst 1405 in Pütnitz bei Damgarten. Auf Veranlassung seiner Witwe wurde sein Leichnam in der Gruft der Kenzer Kirche beigesetzt. In der Kirche erinnern ein Kalkstein-Epitaph und ein aufklappbares hölzernes Grabmal an ihn. Sehenswert sind dort auch die wertvollen Glasmalereien der Chorfenster. Sie stellen den größten Bestand mittelalterlicher Glasmalereien in Mecklenburg-Vorpommern dar.
Mit der Reformation endete die Blütezeit des Gesundbrunnens. Erst um 1700 wurde die Quelle durch den Stralsunder Pfarrer Matthias Kienast „wiederentdeckt“. Eine Untersuchung des Wassers und dessen Zusammensetzung bestätigte dessen Verwendung zu Heilzwecken. Der Brunnen wurde gesäubert und mit einem Brunnenhaus überbaut. Es wurde eine Badeordnung festgelegt, die unter anderem das Tanzen im Brunnenhaus verbot, da der aufgewirbelte Staub das Wasser verschmutzen könnte.
Im Zuge der napoleonischen Kriege geriet der Brunnen in Vergessenheit. Später stellten die entlang der Ostseeküste entstehenden Seebäder attraktivere Reiseziele dar, die eher der Mode und dem Geschmack der Zeit entsprachen. Nach historischen Bauvorlagen von 1763 wurde 2003/04 das Brunnenhaus wieder errichtet. An der freistehenden Schwengelpumpe lassen sich Trinkgefäße befüllen – wobei etwa 15-Mal abgepumpt werden muss, ehe frisches Quellwasser austritt.