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Alternative für Deutschland

„Derzeit ist die Erregung groß“

Nach dem Ausschluss von Andreas Kalbitz kämpfen in Deutschlands größter Oppositionspartei die verschiedenen Lager auf allen Ebenen gegeneinander

Peter Entinger
04.06.2020

Die Alternative für Deutschland kommt nicht zur Ruhe. Der vorläufige Rauswurf des Brandenburger Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Miese Umfragewerte drücken auf das Gemüt. Selbst das Meinungsforschungsinstitut INSA, bei dessen Umfragen die AfD oftmals besser abschneidet als bei der Konkurrenz, sah die Partei zuletzt im einstelligen Bereich; so schwach, wie schon seit drei Jahren nicht mehr. Die permanenten Streitigkeiten zeigen Wirkung.

Schlechtester Wert seit August 2017

Ob die vom Bundesvorstand mit knapper Mehrheit beschlossene Annullierung der Kalbitz-Mitgliedschaft vor einem AfD-Schiedsgericht oder einem ordentlichen Gericht Bestand haben wird, gilt als offen. Auch wenn die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Alexander Gauland und Alice Weidel, sowie Bundessprecher Tino Chrupalla rechtliche Bedenken anmeldeten – geklärt ist die Sache noch lange nicht. In der vergangenen Woche tauchte ein Dokument aus der Mitgliederdatenbank auf, das belegt, dass Kalbitz bei seinem Eintritt in die AfD im Frühjahr 2013 lediglich die CSU und die Junge Union als frühere Organisationen angegeben hat, denen er angehört hatte. Von den Republikanern und der mittlerweile verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) ist nichts zu lesen. Auch deshalb ist der Bundessprecher Jörg Meuthen, der den Abschuss von Kalbitz initiierte, siegessicher. „Er wird Bestand haben. Es ist wichtig, dass wir Brandmauern nach rechts einziehen.“

Meuthen und eine Vielzahl westdeutscher Funktionäre haben die Auflösung des sogenannten Flügels betrieben, weil sie eine bundesweite Beobachtung durch den Verfassungsschutz fürchten. In Niedersachsen und in Rheinland-Pfalz, zwei Bundesländern, in denen die Gemäßigten eine Mehrheit haben, hat der Inlandsnachrichtendienst bereits angekündigt, die Strukturen des „Flügels“ beobachten zu wollen. Gerade im Westen befürchten viele Aktivisten berufliche Nachteile, sollte sie der Verfassungsschutz mit dem Stempel „extremistisch“ versehen.

Die Unruhe ist groß innerhalb der Partei. Der Bundestagsabgeordnete und bayerische Landesvize Hansjörg Müller tingelt durch die Lande, um die Basis von seinem Vorhaben zu überzeugen, künftige Parteitage nicht von Delegierten, sondern von allen Mitgliedern durchführen zu lassen. Hier sind sich die Streithähne einmal einig. Gauland hält das Vorhaben für unrealistisch, und Meuthen nennt es utopisch. Björn Höcke, Wortführer der Parteirechten und Meuthen-Gegner, meint: „Wir brauchen keinen Sonderparteitag, um festzustellen, dass der bisherige Bundessprecher nicht mehr in der Lage oder willens ist, die AfD in ihrer Gesamtheit zu vertreten.“

Der Brandherde gibt es viele

Die Brandherde in der Partei sind derart zahlreich, dass man mit dem Aufzählen kaum nachkommt. In Bayern entzog eine Mehrheit der Landtagsabgeordneten der Fraktionsführung das Vertrauen, in der hessischen Fraktion machen Spitzelvorwürfe die Runde. Hinzu kommen permanente Unappetitlichkeiten. Der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Enrico Komning soll 2016 in vertrauter Runde von der Abschaffung des parlamentarischen Systems geträumt haben. Komning fühlt sich missverstanden. Gegen den Sprecher seines Landesverbandes, Hagen Brauer, wurde kürzlich Strafanzeige erstattet. Dieser soll während einer Demonstration den Hitlergruß gezeigt haben. Der Norddeutsche dementiert, die Negativschlagzeilen bleiben dennoch.

„Wahlkampf statt Machtkampf“, lautet das flehende Motto der Basis. In einem Jahr soll die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl feststehen. Kommt es zum finalen Machtkampf zwischen Weidel und Chrupalla sowie Meuthen und Beatrix von Storch? „Ich werde zum Ende des Sommers entscheiden, ob ich für den Bundestag kandidieren will. Aber noch ist das für mich offen“, sagt Meuthen. Der von den Rechten schwer angefeindete Abgeordnete des EU-Parlaments setzt auf den Faktor Zeit: „Derzeit ist die Erregung groß, aber das wird sich auch wieder legen.“


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Kommentare

Alo Westphal am 08.06.20, 23:16 Uhr

Die Bundes-AFD steht derzeit bei 8%, einige Westverbände, die Meuthen gerne als Beleg für die Richtigkeit seines Handelns anbringt, stehen so bei 5-7%. Ich denke, damit ist alles gesagt.

Wenn Meuthen nun meint, die Sache (schlechte Umfragewerte/Unruhe durch sein Handeln in der Partei) wird sich mit der Zeit schon wieder legen, zeigt das einmal mehr, wie planlos dieser Mann ist.

Otto Nagel am 05.06.20, 18:57 Uhr

Vor jeder BT- Wahl wurde ein Spaltungsversuch inszeniert, erst Lucke, dann Petry, jetzt Meuthen. Der patriotische Kern der Partei soll ersetzt werden durch koalitionsbereite Kuchenesser aus den Westländern. Wenn sich die "Gruppe Meuthen" durchsetzen sollte, ist eine Aufspaltung unausweichlich in AfD-Ost und kleinere AfD-West. Schade, aber mittlerweile unerheblich, in unserem Land ist der Point of no Return bereits überschritten, die Lust am Untergang zu sehr eingeimpft durch die göttliche Raute !

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