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Nachdem jahrzehntelang alle Anläufe gescheitert sind, versuchen gleich vier Regionen, die Sommerspiele nach Deutschland zu holen: Berlin, Hamburg, München und Rhein-Ruhr wollen Austragungsort werden
Die letzte erfolgreiche deutsche Olympia-Bewerbung war die für die Sommerspiele 1972 in München. Seitdem hat Deutschland mehrfach versucht, wieder Austragungsort der Großveranstaltung zu werden. Seit mehr als fünfzig Jahren hatten diese Bemühungen keinen Erfolg.
Derzeit versuchen gleich vier deutsche Regionen, Gastgeber der Sommerspiele zu werden. Anders als das Motto „Konkurrenz belebt das Geschäft“ suggeriert, sieht es eher danach aus, dass die interessierten Bewerber – Berlin, München, Hamburg und die Rhein-Ruhr-Region – und auch Deutschland insgesamt wieder als Verlierer aus dem Bewerbungsverfahren herausgehen. Das deutsche Quartett hat mittlerweile in groben Zügen seine Pläne vorgestellt und Ende Mai die erforderlichen Unterlagen beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) eingereicht.
Dieser hatte bis dahin bereits einen jähen Kurswechsel vollzogen. Ursprünglich hatte der DOSB dem hierzulande propagierten Zeitgeist folgend dem IOC ein Konzept vorlegen wollen, das besonders auf Nachhaltigkeit getrimmt ist: Kein einziger Neubau von Sportstätten, stattdessen soll Vorhandenes genutzt werden. Der Umstand, dass keine deutsche Stadt über so viele Sportstätten verfügt, dass sie ganz auf Neubauten verzichten kann, lief faktisch auf eine Bewerbung von mehreren Städten und Regionen hinaus. Gut zu diesem Denken passt die Zukunftsvision für nachhaltige Sportgroßveranstaltungen, die vergangenes Jahr von der Deutschen Sportjugend (dsj) veröffentlicht wurde.
Paris hat gezeigt, wie es geht
Der Verband hatte dazu unter dem Motto „Olympias Zukunft – nachhaltig und bunt“ Ideen zusammengetragen, „um Sportgroßveranstaltungen zukünftig bunter, nachhaltiger und vor allem partizipativer zu gestalten“. Bereits als es vor zehn Jahren um eine Bewerbung für die Olympischen Spiele 2024 ging, war beim Deutschen Olympischen Sportbund und in der Politik von „grünen Spielen“ die Rede gewesen: „Wir brauchen ökologische, ökonomische und sozial ausgewogene Nachnutzungskonzepte von Sportstätten, Infrastruktur und Wohnraum. Umwelteingriffe müssen minimiert werden und klimaschützende Maßnahmen oberstes Gebot bei Gebäudeneubau wie -sanierung sein“, so 2015 ein Staatssekretär des Bundesumweltministeriums.
Trotz dieser Beschwörung von Ressourcenschonung, Klimaschutz und Ökologie war die deutsche Bewerbung erfolglos: Gastgeber der Sommerspiele wurde nach 1900 und 1924 zum dritten Mal Paris. Beim IOC hatte die Stadt zwar auch mit dem Versprechen von umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Spielen geworben, abgerundet wurde dies aber durch sehr attraktive Austragungsorte. Ort der Leichtathletikwettbewerbe war das Stade de France. Die Surfwettbewerbe fanden auf Tahiti statt.
Begriffen hat Frankreichs Hauptstadt die Olympischen Spiele zudem als Chance, große Projekte umzusetzen. Das olympische Dorf im Bezirk Saint-Denis mit geschätzten Kosten von etwa 1,5 Milliarden Euro wird inzwischen in ein Wohn- und Geschäftsviertel umgewandelt. Zudem waren die Spiele Anstoß, das Pariser Metronetz durch das Großprojekt „Grand Paris Express“ kräftig zu erweitern. Eine rechtzeitig zu den Spielen fertiggestellte neue Metrolinie 14 verbindet seitdem das Stadtzentrum mit dem Flughafen Orly.
Womöglich auch mit Blick auf diesen Erfolg hat der DOSB wieder auf das altbekannte Konzept von Spielen in einer Stadt plus Region und mit großem olympischen Dorf umgesteuert: Ein „One-Village-Prinzip“ sei Voraussetzung dafür, dass ein Konzept auch Chancen habe, vom Internationalen Olympischen Komitee ausgewählt zu werden, so IOC-Mitglied Michael Mronz.
Damit hätte eigentlich die Stunde Berlins schlagen können. Die Hauptstadt scheint jedoch seit einer gefloppten Olympia-Bewerbung in den 90er Jahren, dem verpfuschten BER-Flughafenbau und dem Berliner Wahl-Fiasko vom September 2021 jeglichen Mut zu Großprojekten verloren zu haben. Vorgelegt hat Berlin stattdessen ein Konzept, bei dem es gleich noch vier andere Bundesländer, nämlich Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein, als Partner mit ins Boot holen will.
Auch Leipzig hatte keine Chance
Beim Bewerbungskonzept „Berlin+“ ist abermals viel von Nachhaltigkeit und der Nutzung von Vorhandenem die Rede. Problem dabei: Das IOC will offenbar Spiele, die wie in Paris und London hauptsächlich in einem Großraum ausgetragen werden. Derzeit weniger gefragt ist die Zersplitterung der Großveranstaltung auf mehrere Städte und Regionen. Damit sind nicht nur die Siegeschancen des Konzepts „Berlin+“ als eher gering einzuschätzen. Mit „Schwimmen auf Schalke, Fußball in Düsseldorf, Reiten in Aachen“ setzt auch Nordrhein-Westfalen auf Spiele, die auf die Fläche verteilt werden.
Dies mag zum bevölkerungsreichsten Bundesland gut passen, könnte aber weit an dem vorbeigehen, was dem IOC vorschwebt. Dort legt man dem Vernehmen nach weiterhin Wert auf kurze Anreisezeiten zu den Wettkampfstätten und ein großes olympisches Dorf. Berlin traut sich offensichtlich eine entsprechende Bewerbung nicht mehr zu.
Hamburg und München sind jedoch Kandidaten, die durchaus aus eigener Kraft gut organisierte Olympische Spiele auf die Beine stellen könnten. Beiden Städten droht aber womöglich, was bereits Leipzig widerfahren ist: Als sich die sächsische Metropole 2003/2004 um die Austragung der Sommerspiele 2012 bewarb, wurde sie vom IOC ziemlich zügig als zu klein und international zu bedeutungslos aussortiert. Leipzig war damals gegen Metropolen wie Rio de Janeiro, Moskau, New York, Madrid, Paris und London angetreten. Den Zuschlag erhielt am Ende die 8,9-Millionen-Metropole London. Ähnliches könnte München und Hamburg drohen. Beide sind unter Deutschlands Städten Schwergewichte. Gehen sie jedoch als offizielle Kandidaten um eine Olympia-Bewerbung ins Rennen, werden sie möglicherweise auf Hauptstädte wie Rom, Madrid oder Kopenhagen treffen, die Vorteile wegen ihrer Rolle als nationale Metropole mitbringen.
Die Sommerspiele 2032 sind bereits vom IOC an das australische Brisbane vergeben worden. Der DOSB wollte sich ursprünglich für 2036 bewerben. Mittlerweile ist aber auch von den Spielen 2040 und sogar von 2044 die Rede. Wer letztendlich als Kandidat für Deutschland antreten soll, wird der DOSB bis September kommenden Jahres entscheiden.