25.09.2024

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Politik

Deutschland steht vor einem „Herbst der Entscheidungen“

Nach den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg taumelt die Ampelregierung – und droht das Land mit nach unten zu ziehen

René Nehring
25.09.2024

Vor einem „Herbst der Entscheidungen“ steht unser Land, wenn man maßgeblichen Vertretern der Regierungsparteien glauben mag. Anlass dieser Einschätzung sind die Ergebnisse der jüngsten Landtagswahlen, die für die Partner der Berliner „Ampel“ fast ausnahmslos verheerend waren.

Zwar wurden die Sozialdemokraten soeben in Brandenburg überraschend klar Wahlsieger, doch verdanken sie dies nicht nur der Angst vieler Wähler vor einem Triumph der AfD, sondern auch dem Umstand, dass Ministerpräsident Woidke alles dafür tat, nicht mit den Genossen auf Bundesebene in Verbindung gebracht zu werden und sogar seinem Parteifreund und Bundeskanzler Scholz ein regelrechtes Hausverbot für den Wahlkampf erteilte. In Sachsen und Thüringen haben es die Sozialdemokraten gerade noch so in den Landtag geschafft. Den Grünen wiederum gelang lediglich in Sachsen der – knappe – Wiedereinzug ins Parlament. Aktuellen Umfragen zufolge stehen sie auch im Bund nur noch einstellig. Die FDP ist sogar so weit am Boden, dass sie in allen drei Ländern nur noch bei den „sonstigen Parteien“ aufgelistet wurde.

Angesichts dieser Ergebnisse dürfte wohl niemand mehr bestreiten, dass die Ampelkoalition am Ende ist. Weshalb sich noch am Wahlabend von Brandenburg die Überlegungen auf die Frage richteten, ob die amtierende Bundesregierung noch den Willen und die Kraft hat, bis zum Ende der Legislaturperiode durchzuhalten.

Diese Frage stellt sich vor allem für die FDP, für die es im Grunde seit ihrem Einstieg in die Ampelregierung kontinuierlich nach unten geht und die derzeit bundesweit bei nur noch 3,5 Prozent steht. Die Freidemokraten zahlen sichtbar den Preis für ihr Mittragen zahlreicher Kernprojekte der „Ampel“ wie den Ausstieg aus der Kernkraft, den Zwang zur Wärmepumpe oder auch den Kampf gegen den Verbrennermotor, die von Anhängern eines echten Liberalismus abgelehnt werden.

Als Folge ihrer Treue zu einer von ihren Wählern nicht gewollten Koalition steckt die FDP nun in einem perfekten Dilemma. Eigentlich müsste sie, um ihren weiteren Niedergang zu vermeiden und einen Rest von Glaubwürdigkeit zu bewahren, die Regierung auf dem schnellsten Weg verlassen. Andererseits dürften sofortige Neuwahlen, die bei einem solchen Schritt wahrscheinlich wären, für die Liberalen in ihrer gegenwärtigen Form verheerend ausfallen. Die Partei von Finanzminister Lindner hat somit die Wahl, ob sie den politischen Tod lieber jetzt sterben will oder erst in einem Jahr.

Showdown im November?
Deutet man jüngste Aussagen von Lindner richtig, scheint die FDP eine dritte Option dazwischen zu sehen. Mit dem Ausrufen des „Herbstes der Entscheidungen“ versucht sie offenbar auch, Zeit zu gewinnen, um sowohl einen sofortigen Ausstieg aus der Koalition zu vermeiden als auch bis zum Ende durchhalten zu müssen.

Als Kern- und Knackpunkte der kommenden Wochen nannte Lindner Medien gegenüber die Migration, den wirtschaftlichen Erfolg unseres Landes und eine „stabilitätsorientierte Haushaltspolitik mit mutiger Schwerpunktsetzung“. Hier werde sich zeigen, ob die Koalition noch in der Lage sei, mehr zu tun für Bildung, Sicherheit, Investitionen in die Infrastrukturen und Steuerentlastungen – und bei alldem die verfassungsmäßig vorgegebene Schuldenbremse einzuhalten.

Aufseiten der Regierungspartner war es SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der die Vokabel vom „Herbst der Entscheidungen“ aufgriff und erklärte, dass auch seine Partei im Laufe der Legislaturperiode noch einige „Herzensprojekte“ durchbringen wolle.

Was angesichts der Erfahrung, dass sozialdemokratische Pläne oft ein kostspieliges Vergnügen sind, nicht unbedingt wie eine Verheißung klingt, könnte sich nun als Anlass für einen Showdown der Regierungspartner im Herbst erweisen. So musste Arbeitsminister Heil dieser Tage verkünden, dass er für sein „Herzensprojekt“ Bürgergeld im kommenden Jahr schlappe 9,6 Milliarden Euro mehr benötigt als bislang geplant. Was wiederum den gerade erst im Sommer zusammengetricksten Budgetentwurf für 2025 zu sprengen droht. Weitere finanzpolitische Offenbarungen sind zu erwarten.

Die Stunde der Wahrheit dürfte nun also im November schlagen, wenn die Regierung den Haushalt final verabschieden muss. Der FDP böte sich hier eine – vor den kommenden Bundestagswahlen vermutlich letzte – Gelegenheit zu zeigen, dass sie noch immer die Partei liberaler Grundsätze ist. Ein mögliches Aufkündigen der Koalition könnten die Freidemokraten dann mit unüberwindbaren Konsequenzen in der Regierung begründen und als Standhaftigkeit für die Interessen der Bürger dieses Landes verkaufen.

Doch egal, ob die „Ampel“ einen ordentlichen Haushalt für 2025 hinbekommt oder nicht, steht die Frage im Raum, welchen Schaden die Koalition bis zu ihrem Ende noch anrichten wird. Dass Kanzler Scholz und dem grünen Wirtschaftsminister Habeck angesichts nahezu täglicher Nachrichten über die Abwanderung oder gar das Ende traditionsreicher Unternehmen nicht mehr einfällt, als den betroffenen Firmen ein schlechtes Wirtschaften zu unterstellen, zeigt, dass sie noch immer nicht verstehen (wollen), wie schädlich ihre Politik ist.

Besorgniserregend ist nicht zuletzt der Umgang des Kanzlers mit seinem beliebtesten Kabinettsmitglied Boris Pistorius. Für viele Wähler und Beobachter des Politikbetriebs gilt der Verteidigungsminister nicht nur als einziger Lichtblick in einem historisch unbeliebten Kabinett – sondern auch als mögliche Alternative zu Scholz. Dass der Kanzler als Reaktion darauf seinen Fachminister für die von ihm selbst ausgerufene „Zeitenwende“ regelmäßig im Regen stehen lässt (Stichworte: Verteidigungsbudget und Traditionserlass), zeigt, dass ihm im Zweifel der eigene Machterhalt wichtiger ist als das Interesse unseres Landes.


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