Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Sie präsentieren sich von einer malerisch-idyllischen Seite und sind dennoch mit allergrößter Vorsicht zu genießen
Die Masurische Seenplatte im südlichen Teil von Ostpreußen entstand zum Ende der letzten Eiszeit, als das Wasser der abschmelzenden Gletscher in den Senken am Fuße des Baltischen Landrückens zusammenfloss. Sie besteht aus sage und schreibe 2700 Seen von mindestens einem Hektar Größe und erstreckt sich über rund 1700 Quadratkilometer. Hier siedelten bis zum Jahr 1945 Deutsche und Polen – heute bilden die nicht vertriebenen 12.000 Deutschen eine kleine nationale Minderheit. Um die unberührte Natur der Masuren zu bewahren, wurden bislang 114 spezielle Reservate eingerichtet, die eine Fläche von 40.000 Hektar einnehmen und auch dem Schutz der vielfältigen Flora und artenreichen Fauna unter Wasser dienen.
Denn wer in die teilweise glasklaren Masurischen Seen abtaucht, kann dort etwa 60 verschiedene Arten Fische beobachten, darunter Hechte, Zander, Aale, Welse, Barsche, Karpfen, Plötze, Schleie, Rotaugen, Quappen, Karauschen, Rapfen, Brassen und Rotfedern. Dazu kommen allerlei Krebse und Muscheln. Geübte Taucher finden auf dem Grund allerdings noch viel mehr.
Im Kissainsee [Jezioro Kisajno] unweit von Lötzen [Giżycko] wartet beispielsweise eine interessante Unterwasserwasserlandschaft mit charakteristischen Felsformationen und versunkenen Bäumen. Sehenswert sind zudem auch die Ruinen einiger Siedlungen, die im 16. und 17. Jahrhundert im Mauersee [Jezioro Mamry] verschwanden, als dessen Pegel durch den Bau von Staudämmen im Zusammenhang mit der Errichtung von Wassermühlen in der Nähe bei Angerburg [Węgorzewo] anstieg. Ansonsten hat der Mauersee, mit 104 Quadratkilometern der zweitgrößte See der Masurischen Seenplatte, noch eine weitere spektakuläre Attraktion für Sporttaucher zu bieten. Das ist das 15 Meter lange Wrack der „Arabella“, das in 33 Metern Tiefe aufrecht auf dem sandigen Seeboden sitzt. Der zu einem Segelschiff umgebaute frühere Schlepper wurde 1993 gezielt versenkt, um ein exklusives Tauchziel im Mauersee zu schaffen. Boote vom Mazurskie Centrum Nurkowe (MCN) in Thiergarten [Trygort] steuern im Sommer regelmäßig den letzten Standort der „Arabella“ an.
Andere, bewusst in der Tiefe platzierte und nur mit Tauchausrüstung zu besichtigende technische Objekte, wie Autos und kleinere Bootswracks, liegen auf dem Grund des Lehlesker Sees [Jezioro Leleskie] und des Okull-Sees [Jezioro Ukiel] bei Allenstein [Olsztyn]. Ebenso wird vermutet, dass 1944 ein deutscher Junkers-Bomber in den Lycker See [Jezioro Ełckie] stürzte. Dessen Pilot soll zuvor waghalsige Manöver ausgeführt haben, um seine Angebetete am Boden zu beeindrucken. Bis seine ehrgeizige Flugshow ein jähes Ende nahm und er zum schicksalhaften Bruchpiloten wurde. Polnische Taucher um Tomasz Szulc suchen seit Jahren nach der Maschine, wurden aber bislang immer noch nicht fündig.
Unheimliche Wetterphänomene
Ansonsten bergen auch der größte See der Masuren, nämlich der Spirdingsee [Jezioro Śniardwy] mit seinen 114 Quadratkilometern, und der Nikolaiker See [Jezioro Mikołajskie] die Überreste mehrerer Katastrophen in jüngerer Zeit. Sie alle sind Gegenstand von Mythen, spannenden Erzählungen und Abenteurern.
Eine davon ereignete sich am 21. August 2007. Damals fegte ein Gewittersturm über die Masuren, der um 15 Uhr Ortszeit die beiden Gewässer erreichte. Die Temperatur fiel schlagartig von 28 auf 16 Grad, während der Wind auf Orkanstärke anschwoll: In der meteorologischen Station von Nikolaiken wurde schließlich ein Rekordwert von 126 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit gemessen. Innerhalb von nur zehn Minuten sanken dadurch Dutzende von Segel- und Paddelbooten, die nun auf dem Grund der zwei Seen ruhen. Den Rettungskräften gelang es zwar, 87 Menschen aus dem Wasser zu fischen, aber für zwölf weitere kam jede Hilfe zu spät. Das entfachte damals in Polen eine hitzige Diskussion über die Unzuverlässigkeit der Wettervorhersage und die mangelhafte Ausrüstung der Rettungsdienste.
Tod über dem See
Weitere schicksalhafte Vorkommnisse im Gebiet des Spirdingsees ereigneten sich in den Jahren 1997 und 2006. Im ersteren Fall stürzte ein Militärhubschrauber ins Wasser, wobei die beiden Piloten starben, und im letzteren Fall sank eine Segeljacht mitsamt ihrem Besitzer. Tragisch endete darüber hinaus ein Hubschrauber-Rundflug am 14. Februar 1998. Sieben russische Touristen aus Königsberg wollten den See aus der Luft erkunden und hatten dazu einen Hubschrauber vom Typ Mil Mi-2 samt Pilot gechartert. Allerdings war das Wetter für das Vorhaben absolut ungeeignet. Zum einen wehte ein starker Wind, zum anderen herrschte streckenweise sehr dichter Nebel.
Um seinen Passagieren dennoch etwas Sicht zu ermöglichen, flog der Pilot gegen alle Warnungen immer tiefer, bis sich die Maschine nur noch wenige Meter über der Wasseroberfläche befand. In dieser Situation sorgte wahrscheinlich eine plötzliche Windböe dafür, dass die Mi-2 in den See abstürzte. Eine Frau starb bei dem Unglück, während die anderen sieben Insassen des Hubschraubers den Aufprall wie durch ein Wunder überlebten. Dennoch ertranken fünf Touristen und der Pilot im eiskalten Wasser, weil die Rettungsdienste wegen des Nebels erst mit zu großer Verspätung am Unfallort eintrafen. Die Wracks der beiden verunglückten Hubschrauber konnten bis heute nicht geborgen werden, obwohl der Spirdingsee mit maximal 23,4 Metern an der tiefsten Stelle als eher relativ flach gilt.