30.07.2025

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Wirtschaftsministerin Katherina Reiche erklärt Bundeskanzler Friedrich Merz ihr kluges Rentenkonzept
picture alliance / Flashpic | Jens KrickWirtschaftsministerin Katherina Reiche erklärt Bundeskanzler Friedrich Merz ihr kluges Rentenkonzept

Reformdruck

Die Mutlosigkeit von Merz bedroht Deutschlands Zukunft

Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hat die Notwendigkeit zum Handeln erkannt – und geliefert. Doch der Kanzler duckt sich lieber weg

Jens Eichler
30.07.2025

Die Rentenfrage wird zunehmend zur sozial-politischen Schicksalsfrage Deutschlands. Angesichts der demographischen Alterung, des stagnierenden Arbeitsmarktes und der sich zuspitzenden Haushaltslage rückt die extreme Notwendigkeit struktureller Reformen in den Mittelpunkt. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche hat vor wenigen Tagen einen Vorschlag gemacht, der das bisherige Umlageverfahren um kapitalgedeckte Elemente ergänzen und die Lebensarbeitszeit schrittweise flexibilisieren soll. Während Experten wie beispielsweise Prof. Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg sowie Wirtschaftsverbände dem Vorschlag durchaus positiv gegenüberstehen und ihn begrüßen, sahen Grün, Rot und Knallrot natürlich schon wieder die Welt untergehen. Noch fataler: Bundeskanzler Friedrich Merz ist ebenso auf Distanz zur ebenso klugen wie notwendigen Reformidee gegangen. Eine strategische Fehlentscheidung, die nicht nur ökonomisch problematisch ist, sondern auch politisch brisant.

Realistisch, gerecht, finanzierbar
Ministerin Reiche hat ein Modell erarbeitet, das sich eng an bewährten Prinzipien skandinavischer Rentensysteme orientiert: Da wäre zum einen die Einführung eines verpflichtenden Kapitalstocks, ähnlich dem schwedischen Pensionsfonds, der frei vom Umlageverfahren zusätzlich die Altersvorsorge sichert. Weiter die dringend nötige Anpassung der Lebensarbeitszeit an die Lebenserwartung, wobei der Eintritt in den Ruhestand nicht starr an ein Alter gebunden sein muss, sondern durch flexible Rentenfenster mit Anreizen für längeres Arbeiten ergänzt wird. Zu guter Letzt wäre eine stärkere Eigenverantwortung ein Faktor, um die eigene Rente aufzubauen und die öffentliche Kasse zu entlasten.

Die Logik hinter diesem Konzept ist bestechend: Das deutsche Rentensystem basiert bislang fast ausschließlich auf Basis der Generationsumlage – Beiträge der Erwerbstätigen finanzieren die Renten der Älteren. Doch das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern verschlechtert sich dramatisch. Bereits 2035 wird laut Statistischem Bundesamt auf zwei Erwerbstätige rechnerisch ein Rentner kommen. Ohne Reformen drohen entweder massive Beitragserhöhungen, drastische Rentenkürzungen oder Steuerzuschüsse in dreistelliger Milliardenhöhe – politisch und wirtschaftlich desaströs.

Reiches Vorschlag erkennt diese Realität an und setzt auf einen Dreiklang: Demographiefestigkeit, individuelle Wahlfreiheit und gesamtwirtschaftliche Effizienz. Sie denkt dabei endlich einmal in Generationen, nicht in Legislaturperioden.

Und was sagt Merz dazu? Der müsste eigentlich vor Glück strahlen, dass eine Ministerin aus seinem Kabinett die Zeichen der Zeit erkannt hat und den Mut aufbringt, ein extrem heißes Politeisen anzufassen. Denn beim Thema Rente befinden wir uns in einem Teufelskreis der Nein-Sager. Was auch als Lösung gedacht wird – aus irgendeiner Ecke erschallt immer ein Nein, aber niemals ein kluger Gegenvorstoß. Warum auch, so ziemlich alle wollen ein „Weiter so“. Doch damit ist es vorbei. Weiter so ist eine Katastrophe mit Ansage. Umso bedauerlicher, dass auch der Kanzler kurzsichtig Reiches sinnigen Vorschlag mit der lapidaren Bemerkung abtut, er übersteige die „gesellschaftliche Zumutbarkeit“. Die tatsächlich politische Logik dahinter: mit unpopulären Maßnahmen Wähler zu verlieren.

Das aber lähmt jede Reformkraft. Dabei erwartet gerade die Mehrheit der Wählerschaft – und die ist klar konservativ-bürgerlich – ehrliche Antworten auf strukturelle Herausforderungen. Stattdessen wird Grünen, Linken und Extremlinken ein Raum geöffnet, sich als Anwälte der „kleinen Leute“ zu inszenieren. Mit Getöse, viel Moral und Ideologie, aber ohne Konzept. Fest steht somit: Wer Rentenreformen vertagt, handelt nicht sozial – sondern verantwortungslos.

Reform als Überlebensfrage
In der Berliner Politarena ist der Streit um die Rente mehr als ein Konflikt – er ist ein Lackmustest für die Reformfähigkeit demokratischer Kräfte. In Zeiten wachsender Polarisierung hängt die Stabilität der politischen Mitte davon ab, ob sie den Eindruck erweckt, konkrete Lösungen anbieten zu können. Wer sich – wie Merz – vor grundlegenden Weichenstellungen drückt, überlässt das politische Feld jenen, die keine Verantwortung tragen und keine Fakten anerkennen müssen.

Auch international zeigt sich: Staaten, die demographische Reformen mutig und transparent kommunizieren – etwa die Niederlande, Dänemark oder Schweden –, genießen hohes Vertrauen in ihre Institutionen. In Deutschland dagegen wird die Rentenfrage zur Projektionsfläche sozialer Ängste. Wenn Reiche mit ökonomischer Rationalität, gesellschaftlichem Augenmaß und strategischem Weitblick einen Lösungsweg aus dem Rentendilemma vorschlägt, verdient sie Rückendeckung – nicht parteipolitische Eifersüchtelei, wie aus dem linken Unionsflügel, der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).

Die Rente ist keine ideologische, sondern eine mathematische Herausforderung. Wer das begreift, muss handeln. Und Reiche hat gehandelt. Merz hingegen verweigert sich aus taktischem Kalkül der Verantwortung und riskiert damit das Vertrauen in die Reformfähigkeit seiner Regierung. Denn die Rentenfrage entscheidet letztendlich, ob der Sozialstaat auf Dauer tragfähig bleibt – oder zum Sprengsatz des politischen Systems wird.

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Nicht Reiche ist das Risiko – sondern die Weigerung des Bundeskanzlers, sie zu unterstützen. Die Bundesregierung darf sich nicht länger durch Reformvermeidung delegitimieren. Wer Zukunft will, braucht Mut. Ministerin Reiche hat ihn gezeigt. Und Kanzler Merz muss ihn endlich mal beweisen, statt permanent linke Wohltat-Reflexe gegenüber dem kleinen Koalitionspartner SPD zu zeigen.


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Kommentare

Daniel Deutsch am 30.07.25, 09:22 Uhr

Ich glaube nicht, dass Pinocchio Merz mutlos ist, dem Blackrockmanager ist Deutschland schlicht egal. Wichtig ist ihm: Er ist Kanzler.

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