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Parteienlandschaft

Die „Repräsentationslücke“ wird wieder ein Stück größer

Während AfD-Chef Jörg Meuthen seinen Rücktritt erklärt, steigt der Frust all jener, die sich im traditionellen Parteiengefüge nicht mehr zu Hause fühlen

Hans Heckel
02.02.2022

Der Abgang von Jörg Meuthen, der nicht nur sein Amt als Co-Chef der AfD niederlegte, sondern gleich auch noch seinen Austritt aus der Partei erklärte, traf politische Freunde wie Gegenspieler wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Gegnern wie Anhängern seiner Partei galt der 60-Jährige lange als Galionsfigur des liberal-konservativen Lagers seiner Partei, die im Kontrast gesehen wird zum „sozial-patriotischen“, weiter rechts eingestuften Flügel, für den Björn Höcke als bekannteste Persönlichkeit steht.

Meuthens jäher Rückzug könnte nicht nur für das weitere Schicksal seiner (nunmehr ehemaligen) Partei spürbare Folgen haben. Mit seinen Äußerungen über rechtsextreme Bestrebungen innerhalb der AfD, die ihm nur die Wahl des Ausstiegs gelassen hätten, hat er sich zum Kronzeugen derer gemacht, welche die gesamte Alternative für Deutschland im extremistischen, verfassungsfeindlichen Feld verorten wollen. Sie werden sich auf Meuthen künftig berufen.

Dies wird auch bei den Wählern nicht ohne Wirkung bleiben, die in vier westdeutschen Bundesländern dieses Jahr neue Landtage küren. Unter dem Eindruck von Meuthens Abgang, dessen Begründung dafür und dem nicht nachlassenden Trommelfeuer aus dem etablierten Lager könnten sich bisherige Wähler von der AfD abwenden.

Dass diese Wähler sämtlich zu den etablierten Partien zurückkehren, ist indes kaum anzunehmen. Damit vergrößert sich das Heer derjenigen Bundesbürger, die keine Partei finden, welcher sie ihr Kreuz anvertrauen wollen. Diese „Repräsentationslücke“, welche besorgte Politikwissenschaftler schon länger beklagen, war von der AfD in ihren Hochzeiten weitgehend geschlossen worden. Doch schon länger wächst sie wieder.

Essenzielles Demokratie-Problem

Wenn sich aber immer mehr Bürger von keiner Parlamentspartei vertreten fühlen, bedeutet dies für die repräsentative Demokratie ein essentielles Problem, denn ein solcher Zustand nagt an ihrer Legitimität in der Praxis. Dessen ungeachtet konnte das linksgrüne Lager mit der Repräsentationslücke bislang recht gut leben, wenn man sie dort nicht sogar heimlich begrüßte, betraf sie doch bis dato nahezu ausschließlich das bürgerliche Spektrum.

Da war die Rechnung einfach: Schließlich ist es „Grünlinks“ oder „Rot-Grün“ nur in wenigen Ausnahmefällen, wie etwa 1998, gelungen, eine eigene Mehrheit gegen die „Bürgerlichen“ zu erlangen. Auch nach der Bundestagswahl 2021 reichten die Stimmen abermals nicht für eine reine Linksregierung aus SPD, Grünen und Linkspartei, sodass es zur Ampel mit der FDP kam. Fallen aber immer mehr bürgerliche Wähler ins Loch jener, die gar keine Partei mehr finden oder sich frustriert an eine parlamentarisch wegen der Fünf-Prozent-Hürde chancenlose Kleinstpartei hängen, so werden linke Mehrheiten in den Parlamenten möglich, obwohl es sie im Wahlvolk gar nicht gibt.

Nun jedoch hat der verbreitete Unmut über die Corona-Politik den Rahmen derer, die sich nicht mehr repräsentiert fühlen, nicht bloß erneut vergrößert. Er hat den generellen Verdruss über die etablierten Parteien vor allem weit ins traditionell linke Wählermilieu hinein erweitert. Die vergifteten Reaktionen von Politikern, die sogar linken Corona-Demonstranten den Vorwurf des Rechtsextremismus um die Ohren hauen, beschleunigen diese Erweiterung der Lücke noch.

Zudem hat der lagerübergreifende Groll über eine oft als unzulässig autoritär empfundene Maßnahmenpolitik der Auflösung des tradierten Links-Rechts-Schemas neuen Schub gegeben: Der Entfremdung zu den einstigen Lieblingsparteien tritt die Annäherung an Menschen und Kreise hinzu, die man bis eben noch für „die Anderen“ gehalten hatte.

So wächst die Repräsentationslücke zu einem Problem heran, das alle Parteien mehr und mehr gleichermaßen betrifft. Und das sich in einer Weise entladen könnte, die kaum abzusehen ist.


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Kommentare

E. Berger am 06.02.22, 23:57 Uhr

Erstaunlich, wie viele sich vom s. g. sozial-patriotischen Flügel de Rettung hoffen. Der Sozialstaat ist bereits heute gewaltig überdehnt und wird - auch als Folge der schleichenden Deindustriealisierung - mittelfristig kollabieren.
Bis dahin aber wird Linksrotgrün die Szene beherrschen, das wird die Absenkung des Wahlalters sicherstellen.

sitra achra am 06.02.22, 11:56 Uhr

@Mats Osrig
Daumen hoch, Mats! Du gehörst zu den wenigen, die die den Begriff der Nation ernstnehmen. Deutschlands Grenzen sind nicht revidierbar, die Ehre unserer Soldaten sei unser Anliegen!

Michael Mechtel am 05.02.22, 10:55 Uhr

Herrn Meuthen, den ich anfangs sehr geschätzt hatte, steht es natürlich frei, die Partei zu verlassen. Er hat offenbar nie erkannt, daß seine Linie, die AfD zeitnah koalitionsfähig zu machen, gescheitert ist. Und zwar weniger wegen der AfD selber als deswegen, weil seine Linie von den anderen Parteien konsequent sabotiert wurde.

Nun aber beim Abgang derart nachzutreten, wie er es getan hat, hinterläßt einen üblen Nachgeschmack. Es war nicht angebracht, das Lied des politischen Erzfeindes ("Gegner" wäre zu harmlos) zu singen. Und im Lichte des obigen Artikels betrachtet hat er damit nicht nur seiner Ex-Partei geschadet, sondern der politischen Situation im Land insgesamt!

Ralf Beez Oberfeldwebel der Reserve am 03.02.22, 21:45 Uhr

Der Abgang von dem U-Boot Meuthen war längst überfällig
und ist ein Segen für die Partei.
Die Zeit der AfD kommt noch, das ist so sicher, wie die
Sonne auf- und untergeht und der katastrophale Fehl -
start dieser Regierung, ein Supergau sondergleichen wird
den Aufstieg der AfD beschleunigen !

s. Braun am 03.02.22, 19:21 Uhr

Die AFD ist doch die einzig wahre Alternative zu den ganzen Parteien, die ohne rot zu werden schwören, Schaden von Deutschland abzuwenden und genau das krasse Gegenteil machen ! Die Grünen, die"Umweltpartei" läßt gerade in Hessen den Reinhardtswald plätten, um WKA`s dort aufzustellen ! In Südosthessen, in Gemarkung Gründau und Freigericht pfeift den Grünen ebenfalls ein eisiger Wind entgegen, wenn es um WKA`S geht. Niemand, außer unserem Kinderbuchautor Habeck, will diese Dinger, aber grüne Ideologie ist immer richtig - und wenn 1000 Windmühlen stillstehen weil kein Wind bläst, dann bauen wir eben noch 1000 ! Grüne Logik eben !

Marcus Junge am 03.02.22, 17:29 Uhr

Das Spalter-U-Boot nicht mehr zu haben, wie furchtbar und nur 6 Jahre zu spät.

Oder wie die letzte Sendung von "Frontal" es zwischen Kienzle und Hauser tönte: "Die Lücke die Sie hinterlassen, füllt Ihren Platz schon vollständig aus".

Niemand braucht einen CDUler in den Reihen der "A"fD, der jeden Dachschaden der BRD in sich trägt und sich an die CDU anschmiegen will. Eine solche "A"fD ist völlig lächerlich, da kann jeder auch einfach direkt CDU wählen, der "A"fD wählen würde.

Jitka Hahn am 03.02.22, 16:09 Uhr

Ich bin der gleichen Meinung. AfD ist die einzige Partei die sich für die Bürger einsetzen kann und will. SPD und Grünen haben schon mit Schröder Regierung sehr viel Schaden angerichtet. Sozialistische Methoden, die heutige Regierung vor hat, will ich nicht akzeptieren. Und andere Parteien sind nur ihre sinnlose Maßnahmen gegen der Bürger ausgerichtet. Die FDP ist für mich die größte politische Enttäuschung. Deshalb bin ich nur für die AfD, und bleibe bei der AfD. Egal was Herr Meuthen sagt.

Chris Benthe am 03.02.22, 09:49 Uhr

Der patriotische Nachholbedarf der Deutschen ist unverkennbar und wird sich im Zeichen der kommenden Krisen Raum verschaffen. Nur die Nation kann sich diesen Problemen stellen und sie gemeinsam mit anderen Nationen Europas lösen, allerdings ohne jeden EU-Firlefanz. Nur eine AFD, die dieser abzusehenden Entwicklung Rechnung trägt, ist fortschrittlich. Die ewigen Anbiederer und Distanzierer von allem und jedem, die Alles-allem-Rechtmacher stehen auf verlorenem Posten. Durchhaltevermögen ist das größte Kapital der AFD, schlicht: eine andere Alternative gibt es für den Wähler nicht. Indes, zur Durchsetzung eines neuen Deutschlands gehört auch ein neuer Staatsbürger, der seinen Pflichten nachkommt und sein Bewusstsein schärft. Die Bequemlichkeit, sich alles auf dem goldenen Tablett servieren zu lassen, muss endlich aufhören, Freiheit erlangt man nicht im Halbschlaf. Erkennen und Handeln !

Kai Speierer am 02.02.22, 22:35 Uhr

Der Abgang Meuthens war überfällig, denn in den letzten Jahren tat er wenig, was die Partei voran gebracht hätte. Spaltung und damit Schwächung braucht die AfD sicherlich nicht, denn sie hat es schwer genug im Parteiengefüge, wo sie überall blockiert und an der Partizipation gehindert wird, teilweise mit fragwürdigen Methoden, die einer Demokratie unwürdig sind.

Ein Lucke, eine Petry und auch ein Meuthen wurden von Medien und etablierter Politik stets diffamiert und als Rechtsextreme dargestellt, unabhängig von ihren Positionen. Als sie die Partei verließen wurden sie bestenfalls belanglos, denn es geht nur um den Kampf gegen die bzw. die Schwächung der AfD als einzige echte Opposition. Diese Ächtung trifft ausnahmslos jeden Parteivorsitzenden und jedes Mitglied.

Um sich reinzuwaschen, haben diese Ex-Parteivorsitzenden nach ihrem Abgang stets die immer gleichen Vorwürfe gegen ihre Ex-Partei vorgebracht. Menschlich und charakterlich ist ein solches Verhalten, das Nachtreten, enttäuschend. Gebracht hat es übrigens weder einem Lucke, noch einer Petry etwas, die beide in der Versenkung verschwunden sind, während die AfD weiterlebt. Meuthen wird deren selbstgewähltes Schicksal teilen.

Die AfD vereint unterschiedliche Kräfte, die aber alle dasselbe Ziel haben, nämlich Deutschland wieder auf die richtige Spur zu bringen und das muss eine Partei, die Volkspartei sein will, aushalten.
Wenn man sich anschaut, welch radikale Kräfte bei den Linken, den Grünen und der SPD walten und keinen interessiert es, geschweige denn, dass dort Kräfte ausgeschlossen werden wegen zu großer Radikalität, so muss man einig und stark bleiben in der AfD und die immer gleichen, aber durchschaubaren Diffamierungskampagnen an sich abprallen lassen. Es gibt Verfehlungen, die nicht tolerierbar sind, aber Meuthen hat verdiente Leute wegen Nichtigkeiten mit dem Ausschluss bedroht. Die Partei soll wachsen und sich nicht zersplittern.

Meuthen hat der Partei zuletzt mehrfach geschadet durch unkollegiales Verhalten und Alleingänge. Das derzeitige Duo Chrupalla und Weidel leisten gute Arbeit, doch Meuthen ist selbst ihnen zuletzt in den Rücken gefallen, weil es nicht nach seiner Facon ging.
Es stimmt auch nicht, dass der Misserfolg vieler Westverbände einer angeblich zu großen Radikalität der Ostverbände, die im Westen Wähler verschrecken würde, geschuldet ist. Damit hat man es sich stets zu einfach gemacht in den häufig total zerstrittenen Westverbänden, wo Intrigen grassierten, anstatt sich auf das gemeinsame Ziel zu konzentrieren, zum Wohle Deutschlands zu handeln und dabei das eigene Ego hintenan zu stellen.
Es braucht klare Positionen und keinen internen Streit, denn nichts schreckt Wähler mehr ab. Vor diesem Hintergrund begrüße ich den Abgang Meuthens, der hoffentlich eine intern befriedende Wirkung auf die AfD haben wird. Wachstum muss die Devise sein und nicht Verzwergung. Nur aus einer Position der Stärke heraus kann man Veränderung/Koalitionen erzwingen, nicht durch Anbiederung an diejenigen, welche die AfD als unbequeme politische Konkurrenz am liebsten vernichten würden. Das Wählerpotential ist jedenfalls da, sowohl im Westen, insbesondere in den süddeutschen Bundesländern (BW, BY, RP, HE), als auch in Mitteldeutschland!

Mats Osrig am 02.02.22, 19:54 Uhr

Im Weggang Hernn Meuthens liegt tatsächlich sowohl Risiko, als auch Chance - ob die AfD in kommenden Wahlen dazu gewinnt, oder doch abstürzt, bleibt abzuwarten und wird nicht unwesentlich durch die sich anbahnenden Richtungsentscheidungen beeinflusst werden.
Weitere Erfolge und Wachstum werden meines Erachtens aber vor allem dann gelingen, wenn man weniger versucht, eine zweite CDU zu werden, sondern vielmehr jenen Menschen in Deutschland eine politische Heimat gibt, bei denen eine Nationale Haltung weit oben im Wertesystem steht.
Dazu wiederum ist ein klares Bekenntnis zu Deutschlands Osten von hoher Bedeutung - unabhängig davon, wie realpolitische Aussichten auch sein mögen, die Ostgebiete wieder unter deutsche Souveränität zurückzuführen. Ebenso klar sollte das Bekenntnis zu unseren Soldaten sein in Anerkennung ihrer vollbrachten Leistungen, aber auch ihrer Leiden. Themen, von denen sich die CDU schon seit Jahrzehnten verabschiedet hat.

Gerade mit diesen Themen wird es gelingen, sich von einem in eine diffuse Mitte drängenden "bürgerlichen Mainstream" abzuheben und zu positionieren.
Was wiederum erlaubt, bei anderen rechten Themen eine gewissen Offenheit zu entwickeln, um eben nicht als unbewegliche "Weltanschauungspartei" dazustehen, die den Menschen mehr Angst macht, als das sie ihnen Hoffnung und Leitung geben könnte.

Gregor Scharf am 02.02.22, 16:19 Uhr

Nachtreten, wenn man gescheitert ist, spricht nicht für den Herrn Meuthen. Was hat man ihm dafür angeboten, einen solchen Verrat zu begehen?

Siegfried Hermann am 02.02.22, 11:21 Uhr

Herr Heckel,
nicht immer alles schwarz-grün sehen!
Der Abgang der Meuthen-Fraktion ist ein Glücksfall für die AfD! Jetzt sind sie das U-Boot los und können ihr Profil schärfen und die Speerspitze gegen Kokolores werden. Das wird mehr Wähler bringen, als sie an Heuchler und Trittbrettfahrer verlieren. Wer redet heute noch von Lucke und Petry!?
Wieso "Repräsentationslücke"???
Seit wann waren die SED-System-Parteien in den letzten 30 Jahre, respektive seit 2015 Interessen-vertreter der Deutschen???
Das ist und bleibt NUR die AfD!!!

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