Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Die Musterbranche der Deutschen befindet sich im Umbruch – Deutliche Straffung der Händler- und Servicenetze bis zum Jahr 2030 erwartet
Die Automobilbranche befindet sich im Umbruch. Und das macht auch vor den Händlern vor Ort nicht halt. „Einzelkämpfer“ werden es immer schwerer haben, sich am Markt zu behaupten. Und auch die größeren sortieren sich neu.
Übereinstimmenden Branchenberichten zufolge könnte bis zum Jahr 2030 jeder zweite Händler vom Markt verschwinden. Das Institut für Automobilwirtschaft geht davon aus, dass dann nicht einmal 4000 der bisher rund 7000 Händler übrig bleiben werden. „Die Bestrebungen von Herstellern und Importeuren, Direkt- und Onlinevertriebsmodelle umzusetzen, werden zu einer weiteren Straffung der Händler- und Servicenetze führen – und damit die Konsolidierung weiter dynamisch vorantreiben“, sagte der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IfA), Stefan Reindl, der Zeitschrift „Automobilwoche“.
„Zentralisierung im Autohandel“, nennt es Reindl. Demnach seien immer weniger Betriebe wettbewerbsfähig und müssen aufgeben, anschließend werden sie von großen Händlern aufgekauft. Die kleinen Autohäuser können dem Druck der Autohersteller, die lieber mit Großhändlern zusammenarbeiten, nicht standhalten. Der Trend geht soweit, dass die Großen auch in benachbarte Regionen expandieren und dort ihre kleinen Kollegen aufkaufen. IfA-Angaben zufolge sank die Zahl der selbstständigen Autohausunternehmen bereits in den vergangenen zwei Jahrzehnten um rund zwei Drittel auf 6700 im Jahr 2022.
Einschnitte auf dem Arbeitsmarkt
Es wird schmerzhafte Einschnitte geben, auch auf dem Arbeitsmarkt und für die Kunden. Umstellungen auf Elektromobilität und die Digitalisierung der Fahrzeuge sind eine große Umstellung. Sowohl in der Kundenberatung als auch in der Werkstatt sind plötzlich Software-Experten gefragt.
Die ifa-Studie aus dem vergangenen November belegt, dass im Vergleich zu 2021 von den 18 wichtigsten Fabrikatsgruppen in Deutschland nur drei Automarken ihr Händlernetz mit eigenständigen Betrieben vergrößert haben, und die Händlerzahl sinkt weiterhin. „Offensichtlich werden zahlreiche, ehemals fabrikatsgebundene Betriebe aufgrund des Verlusts von Händler- oder Serviceverträgen als freie Betriebe weitergeführt“, heißt es in der Studie.
Innerhalb der Branche verbucht man die „Flurbereinigung“ als Normalität. „Es wird künftig auch noch kleine Unternehmen geben, zum Beispiel auf dem Land. Aber insgesamt werden große Händler immer mehr Marktanteil übernehmen“, sagt Burkhard Weller, Chef der gleichnamigen Autohaus-Gruppe. Für ihn ist das absolute Normalität: „Das ist ein normaler Konzentrationsprozess, wie er etwa im Lebensmittelhandel schon vor langer Zeit stattgefunden hat. Auf lange Sicht werden wahrscheinlich sogar nur ein paar hundert Eigentümer übrigbleiben.“
In der jüngsten ifa-Analyse wurde zudem die Befürchtung geäußert, die Marktkonzentration könnte dazu führen, dass ein Werkstattbesuch künftig eine weitere Anreise erfordere. Branchenkenner Weller sieht diese Gefahr nicht. Man sagt, die Kunden fahren 50 Kilometer, um ein Auto zu kaufen, und 25 Kilometer, um ein Auto reparieren zu lassen. Das gilt auch in Zukunft. Denn wenn ich das in meinem Umkreis nicht finde, wechsle ich die Marke.“
Zunehmender Onlinehandel
Ein weiterer Aspekt, der den regionalen Händlern das Leben schwer machen könnte, ist der zunehmende Onlinehandel. Doch hört man sich in der Branche um, dann halten sich die Sorgen noch in Grenzen. Zwar informieren sich mehr als 90 Prozent aller Autokäufer zuerst im Internet über Fahrzeug- und Serviceangebote. Trotzdem wird das Auto am Ende überwiegend im Autohaus gekauft. Dennoch werden die digitalen Vertriebskanäle auch für den Fahrzeughandel immer wichtiger. Es gibt nämlich den Trend zu Direktkauf beim Hersteller.
Für die Autohäuser ist das Fluch und Segen zugleich. Die Hersteller legen den Preis fest, folglich können regionale Anbieter nicht mehr mit Rabatten locken. Anderseits können alteingesessene Betriebe auch nicht von einem Neuling durch eine Preistreiberei vom Markt verdrängt werden. Der Kunde bestellt beim Hersteller, der Händler vor Ort wickelt ab.
„Ein Autokauf ist Vertrauenssache, die Leute wollen in aller Regel erst einmal drin sitzen“, sagt Weller dazu. Und von der LDB-Gruppe, einem führenden Digital-Unternehmen der Automobilbranche, heißt es: „Autohändler und Hersteller müssen sich jetzt auf einen Wandel der Vertriebskanäle einstellen. Doch ganz ohne stationäre Beratung und Betreuung wird es auch in Zukunft nicht im Vertrieb von Fahrzeugen gehen.“ Das Institut für Automobilwirtschaft warnt dennoch davor, dass die Schließung einer Filiale am Ende entscheidend Kosten senken könne.