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Seine Zeitgenossen kannten ihn wegen seines Berufs, die Nachgeborenen wegen seines Hobbys – Vor 325 Jahren starb der Berliner
Friedrich Rudolph Ludwig Freiherr von Canitz entstammte einem meißnischen Adelsgeschlecht mit dem Stammsitz Canitz bei Wurzen und machte in kurbrandenburgischen Diensten Karriere. In seiner Freizeit betätigte er sich als Poet. Seine Satiren, Oden, Elegien sowie Idyllen, die erst nach seinem Tode der Öffentlichkeit zugänglich wurden, orientieren sich am französischen Klassizismus, heben sich vom Schwulst der zeitgenössischen Hofpoeten erheblich ab und zählen zu jenen deutschen Dichtungen, die auch Friedrich der Große akzeptierte. Später gehörte er zur Lektüre in Wolfgang von Goethes Elternhaus.
Theodor Fontane widmete Canitz nach dem Aufenthalt in Blumberg, dem brandenburgischen Gut des Hobby-Dichters, in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ sein wohl schönstes Epitaphium, was die nachhaltige Wirkung von Canitz' Versen unterstreicht.
Friedrich Rudolph Ludwig Freiherr von Canitz wurde am 27. November 1654 in Berlin geboren. Sein Vater fungierte als brandenburgischer Hof- und Kammergerichtsrat, preußischer Landrat und Hauptmann zu Balge. Seine Mutter war eine Tochter des brandenburgischen Staatsmannes Konrad von Burgsdorff. Nach dem frühen Tod des Vaters und der Wiederverheiratung der Mutter wuchs der Knabe bei Anna Elisabeth von Burgsdorff auf, seiner Großmutter, von der er später die Familiengüter Blumberg, Dahlwitz, Eiche sowie Hellersdorf übernahm.
In den Diensten der Hohenzollern
Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Leiden und Leipzig unternahm der Adelsspross ausgedehnte Bildungsreisen, die ihn auch nach Italien, Frankreich, England und die Niederlande führten. Canitz lernte in Rom den deutschen Jesuiten und Universalgelehrten Athanasius Kircher kennen, in Florenz den Großherzog der Toskana Cosimo III. de' Medici und in Padua den französischen Arzt und Numismatiker Charles Patin. Überall erwies er sich als ein überaus gelehriger Schüler, der zusätzlich mit besten Umgangsformen zu glänzen wusste.
1677 wurde der junge Hoffnungsträger vom Großen Kurfürsten als Kammerjunker übernommen und stetig gefördert. 1680 wurde er Legationsrat, 1683 Amtshauptmann, erst von Zossen und Trebbien, später der Ämter Mühlenhof und Mühlenbeck. 1697 ernannte ihn Kurfürst Friedrich III. zum Geheimen Staatsrat. Später folgte die Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat. 1698 wurde er von Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben.
Canitz offenbarte im Dienst der Hohenzollern bei zahlreichen Gesandtschaften große diplomatische Fähigkeiten. Er war ein kluger Verhandler, glänzte überall auf dem glatten diplomatischen Parkett und vertrat die Hohenzollern besonders erfolgreich am kaiserlichen Hof und in Hamburg, wo 1701 der Hamburger Erbvergleich den mehr als fünfjährigen Erbfolgestreit der mecklenburgischen Dynastie um das (Teil-)Herzogtum Mecklenburg-Güstrow beendete, dessen Herzogshaus 1695 im thronfolgefähigen Mannesstamm erloschen war.
Veröffentlichungen post mortem
Canitz' letzte berufliche Mission war 1699 die Teilnahme als bevollmächtigter Minister Kurbrandenburgs beim Verhandlungspoker um die spanische Erbfolge in Den Haag. Dort erkrankte er jedoch und trat von seinem Posten zurück. Canitz kehrte auf sein Gut Blumberg zurück und starb noch im selben Jahr. Das war vor 325 Jahren, am 11. August 1699.
Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen kennen wir Nachgeborenen den Reichsfreiherren weniger ob dieser beruflichen Tätigkeit als wegen seiner Dichtkunst. Wann immer es seine Zeit am Hofe des Kurfürsten und auf Reisen in diplomatischen Missionen zuließ, wandte sich Canitz mit der Kenntnis des französischen Klassizismus und in Ablehnung des um ihn herum gängigen Schwulstes vieler sogenannter Hofpoeten der Dichtung zu. Er nutzte als erster in Deutschland den französischen Knittelvers, thematisierte die Schwächen seiner Zeit, ohne polemisch zu werden, und stellte der Ehrsucht des Adels und der Habsucht des Bürgertums die christliche Nächstenliebe gegenüber.
Da er auf Veröffentlichungen verzichtet hatte, war er zu Lebzeiten als Dichter nur seinem engen Umfeld bekannt. 1700, also ein Jahr nach seinem Tod, gab es einen anonymen Erstdruck seines literarischen Werkes. Diese Veröffentlichung erreichte binnen weniger Jahre neun Auflagen und eine große Verbreitung. Schließlich gehörten auch Friedrich der Große, Goethe und Fontane zu seinen Lesern.