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Energiesicherheit

Ein Ballon, ein Knall, ein Blackout

In Dresden waren 300.000 Haushalte von einem Stromausfall betroffen – Noch war es kein Terroranschlag

Wolfgang Kaufmann
28.09.2021

Am Nachmittag des 13. September kam es in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden und deren Umland zu einem großflächigen Blackout. Um genau 13.53 Uhr fiel eine der 110-Kilovolt-Anlagen im Umspannwerk Dresden-Süd an der Heidenauer Straße aus. Daraufhin waren die angrenzenden Bereiche Dresdens sowie Pirna-Copitz und Heidenau schlagartig ohne Strom.

Doch damit nicht genug: Beim anschließenden Wiederhochfahren des Netzes kollabierte dieses erneut – mit noch deutlich dramatischeren Folgen. Nunmehr brach die Stromversorgung in fast allen Stadtteilen von Dresden und in zahlreichen näher oder ferner liegenden Ortschaften zusammen. So traf es beispielsweise auch Meißen, Radebeul, Wilsdruff, Nossen, Döhlen, Großenhain, Radeberg, Radeburg, Freital, Moritzburg, Rabenau, Leupoldishain, Königstein, Bad Schandau, Altenberg und Geising.

Nach Angaben des Netzbetreibers SachsenEnergie sollen davon mindestens 300.000 Haushalte sowie zahlreiche Industriekunden betroffen gewesen sein. Zu den Letzteren zählten unter anderem auch die großen Mikrochip-Fabriken im Norden von Dresden, deren Fertigungsanlagen zeitweise heruntergefahren werden mussten, was zu erheblichen Schäden führte.

In der Landeshauptstadt kam das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Straßenbahnen standen plötzlich still und auch der sonstige Verkehr stockte, weil sämtliche Ampeln ausfielen, Aufzüge blieben massenhaft stecken und in den Einkaufszentren verweigerten die Kassen und automatischen Türen den Dienst. Die Feuerwehr rückte zu insgesamt 270 Einsätzen aus, um Menschen zu helfen, die durch den Blackout in akute Gefahr geraten waren.

Kleiner Ballon, große Wirkung

Allerdings blieben wirklich chaotische Zustände aus, da es den Mitarbeitern von SachsenEnergie gelang, die Stromversorgung binnen einer Stunde zu 95 Prozent wiederherzustellen. Außerdem hatten die Notsysteme in den Operationssälen und Intensivstationen der betroffenen Krankenhäuser funktioniert.

Und um 21 Uhr desselben Tages stand dann bereits auch die Ursache für den Vorfall fest: Ein kleiner metallbeschichteter und mit Helium gefüllter Ballon des britischen Herstellers Amscan International, wie er gern bei Hochzeiten oder Kindergeburtstagen gestartet wird, war in einen der neuralgischsten Abschnitte des Leitungsnetzes des Umspannwerkes getrudelt, was zum Kurzschluss führte. Deshalb will SachsenEnergie nicht für die Folgeschäden des Blackouts aufkommen.

Nach Meinung des Geschäftsführers des Versorgers, Steffen Heine, lag keine Pflichtverletzung vonseiten des Unternehmens vor. Denn die verwendete Technik sei so überall auf der Welt im Einsatz, und spezielle Vorkehrungen zur Abwehr von kleineren Flugobjekten mit Spielzeugcharakter branchenweit unüblich. Sofort nach Bekanntwerden des Auslösers für den Stromausfall wurden Spekulationen laut, ob es sich nicht vielleicht um einen gezielten Anschlag auf die sensible Infrastruktur des Umspannwerkes gehandelt habe.

Kein gezielter Anschlag

Immerhin fanden am Nachmittag des 13. September mehrere politisch brisante Ereignisse in Dresden statt. Da war zum einen die Fortsetzung des Gerichtsprozesses gegen die mutmaßliche Linksterroristin Lina E. (siehe PAZ vom 17. September) und deren drei Mitangeklagte, welcher in der Woche zuvor unter allerlei Protesten der linken Szene begonnen hatte und auch prompt unterbrochen werden musste, als im Hochsicherheitsgericht auf dem Hammerweg ebenfalls die Lichter ausgingen.

Und zum anderen wollten drei als rechtsextrem eingestufte Gruppierungen, nämlich Pegida, Querdenken-351 und die Freien Sachsen, Kundgebungen in der Innenstadt von Dresden abhalten, weswegen sich die Antifa-Szene gleichermaßen in hellem Aufruhr befand. Zumal mit Björn Höcke von der Thüringer AfD auch noch ein Hauptredner geladen war, dessen Auftritt die gesamte Linke als schwere Provokation betrachtete.

Eine absichtliche Störung des Prozesses sowie die parallele Sabotage der Anreise der angeblich rechtsextremen Demonstrationsteilnehmer schließt die Dresdner Polizei allerdings aus. Wie ihr Sprecher Thomas Geithner am 14. September bei der ersten gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern des Netzbetreibers mitteilte, gebe es weder Hinweise darauf, dass der Ballon speziell präpariert und gelenkt worden sei, noch liege ein Bekennerschreiben vor. Deshalb gehe man von reiner Fahrlässigkeit aus.

Dabei trug der Ballon eindeutige Warnhinweise in Großbuchstaben: „Nicht im Freien oder in der Nähe von Stromleitungen steigen lassen – kann zu Stromausfällen führen!“


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