Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Die Verhaftung eines Ukrainers könnte den Westen in eine diplomatische Zwickmühle bringen
Am 26. September 2022 wurden drei der vier Stränge der Erdgaspipelines Nordstream 1 und 2 zwischen Russland und der Bundesrepublik unweit der dänischen Insel Bornholm in 70 bis 80 Metern Wassertiefe durch Sprengsätze zerrissen. Auf der Suche nach den Verantwortlichen für den bislang größten Anschlag auf die deutsche Energieinfrastruktur soll es den Ermittlern der Bundespolizei, des Bundeskriminalamtes und der Bundesanwaltschaft nun knapp drei Jahre nach derTat gelungen sein, alle Attentäter zu identifizieren.
Den Angaben der Behörden zufolge war die Zerstörung das Werk eines siebenköpfigen Ukrainer-Teams. Zu diesem gehörten der Skipper der Jacht „Andromeda“, angeblich ein erfahrener Wettkampfsegler, der sich durch seine Fingerabdrücke verraten habe, sowie vier Taucher und ein Sprengstoffexperte. Für dessen Rolle kommt Wsewolod K. in Frage, der 2022 bei der Bundeswehr im unterfränkischen Wildflecken eine militärische Ausbildung erhielt und mittlerweile an der Front gefallen ist. Seine Identifizierung erfolgte durch DNA-Spuren auf dem Boot. Der Koordinator der ganzen Aktion soll hingegen Serhii Kusnezow gewesen sein.
Der mittlerweile 49-Jährige wurde am 21. August von italienischen Carabinieri verhaftet, als er gemeinsam mit seiner Familie Urlaub in San Clemente bei Rimini machte, wobei die Festnahme aufgrund eines europäischen Haftbefehls erfolgte. Die Bundesanwaltschaft legt dem Ukrainer die gemeinschaftliche vorsätzliche Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage zur Last, womit ihm bis zu 15 Jahre Haft drohen. Da Kusnezow früher angeblich für den ukrainischen Inlandsgeheimdienst SBU gearbeitet hat, liegt der Verdacht nahe, dass sein Team im staatlichen Auftrag handelte. Das wurde von der Regierung in Kiew jedoch genauso vehement dementiert wie alle übrigen Berichte über eine Verwicklung der Selenskyj-Regierung in das Nordstream-Attentat, die unter anderem im August 2024 im US-amerikanischen „Wall Street Journal“ erschienen waren.
Dabei besaß die ukrainische Führung durchaus ein Motiv, die Gaspipelines sabotieren zu lassen. Diese erregten das Missfallen Kiews, weil sie ukrainisches Territorium umgingen, was zum Verlust von Einnahmen aus Transitgebühren führte. Darüber hinaus stellten sie eine potentiell wichtige Geldquelle des Kreml dar. Und es gibt auch Indizien dafür, dass das Attentat keine spontane Aktion patriotischer Amateure darstellte. Davon zeugen die amtlichen ukrainischen Originalpässe der Verdächtigen mit Tarnnamen sowie der Umstand, dass einer der Gesuchten im Sommer des vergangenen Jahres im Auto des ukrainischen Militärattachés aus Polen floh, bevor die Ermittler zugreifen konnten. Daneben fällt auf, dass Kusnezow die Möglichkeit hatte, in Italien Urlaub zu machen, obwohl die Ausreise von Männern im wehrpflichtigen Alter eigentlich verboten ist.
Gleichzeitig wirft aber auch die Tatversion der Bundesanwaltschaft Fragen auf: Sollte es der „Andromeda“-Besatzung tatsächlich gelungen sein, unbemerkt von allen Aufklärungsflugzeugen, Kriegsschiffen und Satelliten der NATO zu agieren? Und sind vier Sprengsätze von 14 bis 27 Kilogramm Gewicht wirklich ausreichend, um betonummantelte Stahlröhren auf einer Länge von 250 Metern zu zerstören?
War die Festnahme eine Panne?
Ebenso mysteriös muten noch weitere Umstände an. Angeblich wurde schon seit Längerem nach Kusnezow gefahndet. Und dennoch soll der Ukrainer über mehrere europäische Grenzen nach Italien gekommen sein, um dort seelenruhig Urlaub zu machen? Wähnte sich Kusnezow vielleicht in Sicherheit, weil er gar nicht der Koordinator des Anschlages war oder aber auf Immunitätsversprechen von wem auch immer vertraute?
In diesem Fall könnte seine Festnahme entweder eine organisatorische Panne oder ein Fingerzeig an Kiew sein. Vor diesem Hintergrund darf man gespannt abwarten, was die Vernehmungen von Kusnezow nach seiner Auslieferung an Deutschland erbringen, wobei natürlich fraglich ist, wann und in welchem Umfang die Öffentlichkeit über die Aussagen des Ukrainers informiert wird.
Auf jeden Fall birgt die Festnahme von Kusnezow und die angebliche Identifizierung der anderen sechs ukrainischen Nordstream-Attentäter schon jetzt erhebliche Brisanz. Immerhin hat die Bundesregierung die Ukraine seit Kriegsbeginn mit über 70 Milliarden Euro unterstützt und steht momentan weiterhin fest an der Seite Kiews. Wie lässt sich dies auch in Zukunft rechtfertigen, wenn eine wichtige Energie-Infrastruktur unseres Landes tatsächlich zur Zielscheibe der verdeckten terroristischen Kriegführung von Bürgern der Ukraine geworden ist – egal, ob diese nun auf eigene Faust oder im Auftrag staatlicher Stellen handelten?