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Firmengeschichte

Ein Erfolgsrezept aus Ostpreußen

Der Drogerist Robert May aus Elbing erzielte mit seinem „Staesz Pfefferkuchengewürz“ für Lebkuchen einen großen Markterfolg

Dagmar Jestrzemski
08.10.2022

Lebkuchen, Pfefferkuchen und Honigkuchen sind Variationen oder aber nur verschiedene Bezeichnungen für das braune Gewürzgebäck, das zu den typischen Süßspeisen der Weihnachtszeit gehört und oft mit lieben Kindheitserinnerungen verknüpft ist. Nicht wegzudenken sind auch die Lebkuchenherzen auf Jahrmärkten. Die Geschmacksrichtung des Lebkuchens wird von verschiedenen Gewürzzutaten wie Zimt, Anis und Ingwer bestimmt, die zumeist aus tropischen Ländern importiert werden.

Auch in Ost- und Westpreußen hat der Lebkuchen eine lange Tradition. Hier etablierten sich im Mittelalter die Zünfte der „Pfefferküchler“. Diese boten ihre begehrte Ware auf den städtischen Jahrmärkten an, hielten aber ihre Rezepte wegen der großen Konkurrenz geheim. Obwohl in der Gründerzeit die industrielle Herstellung des Lebkuchens einsetzte, wurde dieser in den meisten Haushaltungen vor Weihnachten weiterhin selbst gebacken.

Florierende Geschäfte in Elbing

In den 1920er Jahren erzielte der Drogist Robert May als Inhaber der Drogerie J. Staesz jun. in Elbing einen großen Markterfolg mit seinem „Staesz-Pfefferkuchengewürz“ für Lebkuchengebäck. Dank einer geschickten Unternehmenspolitik florierte sein Geschäftshaus für Drogeriewaren mit eigener Gewürzmühle, Mineralwasser, Kosmetika und Farben sowie einer abgespaltenen Firma für die Lackproduktion. Der Verdener Lokalhistoriker Heinrich Lohmann hat die Unternehmensgeschichte der Firma J. Staesz jun. in Elbing und an ihrem späteren Standort in Loxstedt/Nesse bei Bremerhaven akribisch erforscht.

Daraus entstand ein attraktiv gestalteter, reich bebilderter Band mit dem Titel „Staesz-Pfefferkuchengewürz & Hayma Neunerlei. Der Drogist Robert May, seine Familie und die Lebkuchengewürze aus Westpreußen und Schlesien“. Die Darstellung des Zeitabschnitts bis zum Kriegsende 1945 enthält zahlreiche Ansichten der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Architektur Elbings sowie Familienfotos und Abbildungen der Produkte von J. Staesz jun.

Alles begann im Oktober 1912 in Elbing, als der Kaufmann und approbierte Drogist Robert May die von dem Apotheker Jacob Staesz 1880 in der Wasserstraße gegründete Drogerie J. Staesz jun. übernahm. Vor Weihnachten florierte der Verkauf von Pfefferkuchengewürzen, die jeweils einzeln abgewogen und abgepackt werden mussten. Diesem Bedarf kam das Ehepaar May nach, indem Bündel aus jeweils acht Tütchen mit Pfefferkuchengewürzen in großer Zahl vorgehalten wurden. Das Produkt mit dem Namen „May's guter Gedanke“, später „Staesz-Pfefferkuchengewürz“, wurde zum Verkaufsschlager in Ostpreußen, Pommern und Schlesien.

Robert May war als wohlhabender Unternehmer oft auf Reisen. Im Berliner Hotel „Adlon“ war stets dasselbe Zimmer für ihn reserviert. Im August 1944 gelang es ihm, einen Teil der Betriebsmittel und Rohstoffe aus Elbing wegzuschaffen und an Aufbewahrungsorte im inneren Reichsgebiet zu verfrachten. In Nesse bei Bremerhaven, wohin es ihn nach dem Krieg verschlug, gründete er 1949 erneut eine Gewürzmühle mit dem Namen J. Staesz jun. Das gut eingeführte „Staesz-Pfefferkuchengewürz“ fand wieder Abnehmer im Lebensmittelgroß- und Einzelhandel. 1978 übernahm sein Schwiegersohn Werner Krause den Betrieb.

Konkurrent aus Schlesien

Der Buchtitel verweist auch auf das ursprünglich in Schweidnitz (Schlesien) ansässige Hayma-Werk, das seit den 1920er Jahren und später in der Nachkriegszeit in Westdeutschland mit dem Pfefferkuchengewürz „Hayma Neunerlei“ in Konkurrenz zu J. Staesz jun. stand. Die Witwe des Lebensmittelhändlers Karl Hayn, Friederike Hayn, verkaufte die Rechte zu Herstellung und Vertrieb von „Hayma Neunerlei“ an Gustav Assmann in Bückeburg. 1982 übernahm J. Staesz jun. die Bückerburger „Hayma-Werke Hermann Galle's Nachfolger“.

Werner Krause baute die Produktpalette für die Fisch- und Fleischverarbeitung aus und gründete einen weiteren Produktionsstandort im holsteinischen Bramstedt. Der Schwerpunkt lag zuletzt auf der Herstellung von Gewürzpräparaten teils in Bio-Qualität sowie Hilfsstoffen für das fleischverarbeitende Gewerbe und die Industrie. Die Hälfte der Erzeugnisse war für die Exportmärkte in Europa und Asien bestimmt. Bis 2006 war die Familie May/Krause in vierter Generation mit dem mittelständischen Unternehmen Gewürzmühle Nesse verbunden. Es wurde zuletzt von dem international tätigen Unternehmen Frutarom mit Sitz in Israel übernommen. Mit der detailliert ausgearbeiteten Firmen- und Familienchronik liegt ein Beitrag zur Unternehmensgeschichte der Unterweserregion vor, der den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands in der Nachkriegszeit durch die Risikobereitschaft von Unternehmer-Persönlichkeiten aus den deutschen Ostgebieten beleuchtet.


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