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Publikumsliebling Marc Chagall in der Kunstsammlung NRW-K20
Schwebende Liebespaare, farbige Kühe und immer wieder Fiedler – in zahlreichen Gemälden sind sie das Marken- oder Erkennungszeichen des Künstlers Marc Chagall (1887–1985).
Seine Gemälde sind farbenfroh, bisweilen auch grell-bunt, zeigen phantastische, ja surreale Bilderwelten. Viele Betrachter bezeichnen die Chagallschen Werke als Traumwelten, manche sehen in ihnen aber auch eine besonders gelungene Art von Kitsch.
Beliebt ist der russisch-französische Künstler allemal. Kunstdrucke seiner Werke hängen als Poster in vielen Privatwohnungen. Auch in öffentlichen Gebäuden, in Opernhäusern, Kirchen und Synagogen hat Chagall Bühnenbilder, Glasfenster oder Deckengemälde gestaltet. Den Maler könnte man heute, 40 Jahre nach seinem Tod, als „Everybody's darling“ (Liebling aller) in der Kunstwelt bezeichnen. Das belegen die 500.000 Besucher der Chagall-Ausstellung in der Albertina in Wien. In Düsseldorf wurde vier Wochen vor Ende einer Chagall-Schau die 100.000er-Marke überschritten.
Wer ist dieser Marc Chagall, der 1985 im Alter von beinahe 98 Jahren starb? Und was macht seine Kunst so faszinierend, dass er als das „Wunderkind der Moderne“ bejubelt wurde – und weiterhin wird?
In Düsseldorf werden rund 120 Werke Chagalls gezeigt. Der Schwerpunkt liegt auf den frühen Jahren seines Schaffens in der Zeit von 1910 bis 1923.
Als Moische Chagall kam der Künstler am 6. Juli 1887 in Witebsk (heute Weißrussland) im damaligen Kaiserreich Russland zur Welt. Er war das älteste von neun Kindern einer jüdisch-orthodoxen Familie. Chagall sprach Jiddisch, erst in der Schule lernte er Russisch. 1906 kam er nach St. Petersburg, der Hauptstadt des Zarenreichs. Dort lernte er Künstler, Kunstsammler und Mäzene kennen. Und auch seine spätere Frau Bella (Rosenfeld), die er 1915 heiraten und der er zahlreiche seiner Gemälde widmen wird.
Der Umzug nach Paris, der „Welthauptstadt der Künste“, im Jahr 1911 markiert den bedeutendsten Wendepunkt in Chagalls Leben. Aus „Moische“ wird „Marc“, und der Kontakt zu den einflussreichen Künstlern und Kunstrichtungen jener Zeit lässt ihn an seinem Stil experimentieren. Wie die Fauvisten (die „brutalen Wilden“) greift Chagall zu grellen Farben. Der Kubismus beeinflusst seine Malweise zeitweilig. Wie die Surrealisten verband er Realität und Traumhaftes, malte Mischwesen, ließ Menschen und Tiere schweben und enthob sie so der Erdenschwere. Chagalls Kompositionen, schwärmte der Schriftsteller Guillaume Apollinaire, seien „surnatural“ (übernatürlich). Die immer wieder auftauchenden Figuren – Liebespaare, Tiere, Fiedler, ein Kirchturm – sind allerdings reale Erinnerungsrelikte aus seiner jüdisch geprägten Heimatstadt Witebsk.
1913 stellte er im „Salon der Unabhängigen“ erstmals drei Werke aus. Der Berliner Galerist Herwarth Walden brachte Chagall-Bilder im selben Jahr nach Berlin und präsentierte im April 1914, also rund sechs Monate vor Beginn des Ersten Weltkriegs, die erste Einzelausstellung des jungen Künstlers mit 40 Gemälden und 160 Zeichnungen.
Von Berlin aus reiste Chagall weiter nach Witebsk. Aus dem geplanten Kurzbesuch in der Heimat wurde wegen Weltkrieg und Oktoberrevolution ein acht Jahre dauernder Aufenthalt. Er nutzte die Zeit: 1915 Heirat, 1916 wurde seine Tochter Ida geboren, 1918 wurde er Kunstkommissar der Region in der von Revolutionären regierten Sowjetrepublik Russland. Ab 1919 leitete er die neue Kunsthochschule Witebsk, wo es aber zu Zerwürfnissen mit anderen Künstlern kam.
Nach der Ausreise 1922 landete Chagall zunächst wieder in Berlin. Der Verkaufserlös seiner Bilder in der Walden-Galerie war jedoch durch die Inflation inzwischen zunichte gemacht. Im Spätsommer 1923 kehrte die Familie Chagall zurück nach Paris.
Als bekannter Künstler erhielt Chagall zahlreiche Aufträge und 1937 auch die französische Staatsbürgerschaft. Wegen der Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten flüchtete die Familie Chagall 1941 in die USA. 1948 Rückkehr nach Frankreich. 37 Jahre blieben Chagall noch bis zum Tod am 28. März 1985.
„Chagall“, bis 10. August in der Kunstsammlung NRW / K20, Grabbeplatz 5 in Düsseldorf, geöffnet täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 16 Euro. Der Katalog kostet 39,90 Euro www.kunstsammlung.de