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Energie

„Eine gute Nachricht für Schwedt“

Die PCK Raffinerie soll bis Ende nächsten Jahres jeden Monat 100.000 Tonnen Rohöl aus Kasachstan geliefert bekommen

Hermann Müller
03.07.2023

Bereits seit dem Jahresanfang muss die PCK Raffinerie in Schwedt aufgrund einer Entscheidung der Bundesregierung auf russische Öllieferungen verzichten. Bei der monatelangen Suche nach Ersatzlieferanten ist nun offenbar ein Durchbruch geglückt. Am Rande eines Besuches von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Kasachstan ist eine Liefervereinbarung bekanntgegeben worden.

Demnach soll die Raffinerie in der Uckermark bis Ende kommenden Jahres jeden Monat 100.000 Tonnen Rohöl aus Kasachstan geliefert bekommen. Zumindest kurzfristig kann es der Raffinerie mit den regelmäßigen Lieferungen gelingen, die Lage zu stabilisieren. Experten gehen davon aus, dass die Liefermenge ausreichen wird, die Auslastung der riesigen Anlagen im Nordosten Brandenburgs um zehn Prozentpunkte steigen zu lassen. Seit PCK Schwedt auf Druck der Politik auf russisches Rohöl verzichten muss, ist die Auslastung der Raffinerie auf nur noch etwa 60 Prozent abgesunken. Um die Anlage langfristig rentabel zu betreiben, ist dieser Auslastungsgrad zu gering.

Pluspunkt des kasachischen Rohöls ist zudem, dass es in seiner Qualität dem über Jahrzehnte bezogenen russischen Öl der Marke Ural ähnelt. Die Anlage in Schwedt ist auf solche schweren Ölsorten eingerichtet. Auch die Bitumenproduktion hängt von der Verarbeitung von Ölsorten mit höherem Schwefelgehalt ab. Der Umstand, dass Rohöl aus Russland und aus Kasachstan sich in ihrer Qualität stark ähneln, hat bereits zu Vermutungen geführt, dass in Schwedt trotz offiziellem Importstopp auch weiterhin Öl aus Russland verarbeitet wird.

Sanktionsbrecher Kasachstan?
Schon im Jahr 2022 hatte der Wirtschaftsdienst Bloomberg berichtet, dass kasachisches Öl nach Almetjewsk in Russland gepumpt und mit Öl aus russischen Feldern zu einer gemeinsamen Exportsorte gemischt wird. Almetjewsk ist der Startpunkt der Ölpipeline, die auch die Raffinerie in Schwedt seit Jahrzehnten versorgt hat. Zudem ist Kasachstan auch noch der wichtigste Wirtschaftspartner Russlands. Das zentralasiatische Land sieht sich derzeit Vorwürfen ausgesetzt, für Russland eine wichtige Rolle bei der Umgehung westlicher Sanktionen zu spielen. Kasachstans Staatspräsident Qassym-Schomart Tokajew hat zwar angekündigt, die Sanktionen westlicher Länder gegen Russland „nicht verletzen“ zu wollen. Beobachtern ist allerdings aufgefallen, dass Kasachstans Einfuhren von bestimmten Produkten in letzter Zeit sprunghaft angestiegen sind. Vermutet wird, dass Kasachstan nur Zwischenstation ist und die Waren tatsächlich nach Russland reexportiert werden.

Die Frage, ob das Land bei der Umgehung westlicher Sanktionen eine Rolle spielt, soll auch beim Besuch von Bundespräsident Steinmeier ein zentraler Punkt in den Gesprächen gewesen sein. Steinmeier, der mit einer Wirtschaftsdelegation nach Kasachstan gereist war, blieb bei diesem Thema allerdings ein durchschlagender Erfolg versagt. Präsident Tokajew vermied es nämlich, sich beim Thema Sanktionsumgehung festzulegen.

Zumindest für die PCK Raffinerie Schwedt war Steinmeiers Besuch in Zentralasien ein großer Erfolg. Der Bundespräsident selbst bezeichnete die Liefervereinbarung über Öl als „eine gute Nachricht für Schwedt und eine gute Nachricht für die Energiesicherheit in Deutschland“. Tatsächlich sichert die PCK Raffinerie zu 95 Prozent die Versorgung von Berlin, Brandenburg und großen Teile des Nordostens Deutschlands mit Benzin, Diesel, Heizöl, Kerosin. In Schwedt wird zudem ein Drittel der in Deutschland für den Straßenbau benötigten Bitumen produziert.

Energiewende bis 2045 geplant
Pläne der Geschäftsführung der PCK Raffinerie sehen vor, das Geschäft mit fossilen Kraftstoffen bis zum Jahr 2045 aufzugeben. Die Zukunft sieht das Unternehmen stattdessen in Wasserstoff, synthetischen E-Fuels, Biodiesel und Bioethanol. Bereits im Jahr 2027 will PCK in Schwedt 30.000 Tonnen Wasserstoff mit einer Elektrolyseleistung von 400 Megawatt erzeugen. Bis 2030 rechnet das Unternehmen schon mit 160.000 Tonnen Wasserstoff. Parallel soll zum Hochfahren der Wasserstoffproduktion die Ölverarbeitung in der Raffinerie schrittweise verringert werden. Verbunden ist dieser geplante Abschied vom fossilen Energieträger Öl mit hohen Kosten.

In einer Studie, die PCK zusammen mit dem uckermärkischen Energieversorger Enertrag im Mai vorgestellt hat, ist von Gesamtkosten in Höhe von 15 Milliarden Euro die Rede. Davon sollen allein fünf Milliarden in den Aufbau von Anlagen fließen, die Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe herstellen sollen. Zehn Milliarden Euro werden nach PCK-Berechnungen für die „Energiewende“ in der Region, sprich für weitere Windkraftanlagen oder Solarparks, benötigt.


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