27.07.2024

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Island

Eine stolze Nation wird unabhängig

Dänemarks Herrschaft über die Insel aus Eis und Feuer endete vor 80 Jahren

Christiane Rinser-Schrut
09.06.2024

Wenn der Panzer Kriechdrache heißt, die Pizza Flachgebäck und der Computer Zahlenprophetin, so wollen die Isländer ihre Sprache isländisch halten. Der Stolz auf ihre Nationalität führte nicht nur zu ihrem Sprachpurismus, sondern auch zur Unabhängigkeit, die am 17. Juni 1944 am Thingvellir ausgerufen wurde.

An diesem Ort trafen sich schon die einst aus Norwegen kommenden Stammesführer, um den Althing einmal jährlich zwei Wochen lang abzuhalten und im Jahre 930 den isländischen Freistaat auszurufen. Dieses Parlament war das erste weltweit und hatte legislative wie judikative Funktionen.

Mit der Christianisierung änderte sich viel, nicht nur, dass die nordischen Götterstatuen der Legende nach einen Wasserfall hinuntergeworfen wurden, der seitdem Goðafoss also „Wasserfall der Götter“ heißt, sondern es änderte sich auch das Leben. Uneinigkeiten und schlechter werdende Lebensbedingungen führten 1264 dazu, dass Island unter norwegische Hoheit fiel, da die Ruhe und Ordnung nach der Sturlungenzeit (1180/1220–1264) nicht wiederhergestellt werden konnte. Zur Sicherung des Friedens unterwarf sich Island dem Herrschaftsanspruch der norwegischen Krone. Der Althing hatte nach der Einführung neuer Gesetze nur doch die Funktion eines Gerichts.

Island stand erst unter Norwegens, dann unter Dänemarks Herrschaft
Gut hundert Jahre später, 1380, standen Norwegen und damit auch Island unter dänischer Herrschaft. Die nie offiziell ratifizierte Union von Kalmar, die bis 1523 mehr oder minder hielt, wurde von Dänemark geführt. Dieses Bündnis zwischen den drei skandinavischen Staaten Dänemark, Schweden und Norwegen war lediglich als Personalunion und Verteidigungsbündnis angelegt gewesen. Von den Kriegen, Angriffen, Friedensschlüssen und -brüchen sowie Sonderfrieden kam in Island nicht viel an, abgesehen von Steuereinnahmen, Handelsmonopolen und der Reformation, denn seit Christian III. ist das Land lutherisch.

Die Pest und so mancher Vulkanausbruch rafften viele Bewohner Islands dahin, sodass Dänemark überlegte, die Überlebenden aufs Festland umzusiedeln, was allein aus logistischen Gründen schwierig gewesen wäre. Die Isländer wollten in Island bleiben, berappelten sich und bildeten einen Nationalstolz aus, der die Reformation, das Handelsmonopol Dänemarks von 1650 unter Friedrich III. und die schwere Hungersnot von 1783 nach dem Ausbruch des Laki-Kraters, der zum Vulkansystem der Grímsvötn gehört, und selbst das dänische Verbot von 1800, das besagte, dass kein Althing mehr abgehalten werde dürfe, überstand.

Isländer studierten nach dem Frieden von Kiel im Jahr 1814 – Norwegen fiel an Schweden, Island blieb bei Dänemark – in Kopenhagen und brachten einen Nationalismus mit, der auf der vulkanreichen Insel schnell anschlug. Friedensbewegungen bilden sich, besonders um Jón Sigurðsson (1811–1879). Ihm gelang 1843 die Wiedereinführung des Althings in beratender Funktion sowie 1854 die Aufhebung des dänischen Handelsmonopols. 1873 feierte Island den tausendsten Jahrestag der Landnahme. 1874 erhielt das Althing begrenzte legislative Rechte zurück. König Christian IX. überreichte Island eine eigene Verfassung, der Althing besaß aber nach wie vor keine eigene Exekutive.

Auch im Frauenwahlrecht bewegte sich etwas, so hatten Frauen ab 1882 bei der Teilnahme an lokalen Wahlen ein beschränktes Wahlrecht. Der dänische König stimmte zu, dass Witwen und andere unverheiratete Frauen, die einem Farmhaushalt vorstanden oder sonst einen unabhängigen Haushalt führten, das aktive und passive Wahlrecht bei Lokalwahlen erhielten.

Symbiose von Sprache und Politik
1903 akzeptierte Dänemark Islands Forderung nach einer eigenen isländischen Regierung, Reykjavík wurde ein Jahr später Regierungssitz und Hannes Hafstein der erste Ministerpräsident des Landes – ein Poet. Die Verbindung von Sprache und Politik gab es schon bei Snorri Sturluson (1179–1241) aus dem Geschlecht der Sturlungar, das zu den mächtigen Familien Islands zählte. Die Sturlungenzeit ist nach diesem Geschlecht benannt. Snorri selbst hatte zwei Mal das Amt des Gesetzessprechers im Althing inne, war Vertreter des norwegischen Königs in Island und verfasste die Snorra-Edda.

Einen poetischen Anspruch verfolgte der 1918 von Island unterzeichnete Unionsvertrag mit Dänemark nicht, dafür bestätigte er die Unabhängigkeit Islands offiziell. Allein die Außenpolitik wurde von Dänemark weitergeführt.

Am 9. April 1940 besetzte die Wehrmacht Dänemark. Einen Monat später, am 10. Mai, besetzten britische Truppen Island. Noch vor dem Kriegseintritt der USA wurden diese 1941 von GI verstärkt und größtenteils ersetzt. Die US-amerikanischen militärischen Bauvorhaben und Islands enorme Fischfänge verhalfen dem Inselvolk zu einem wirtschaftlichen Aufschwung. Als 1943 der Unionsvertrag von 1918 mit dem kriegsgeschwächten und von Deutschland besetzten Dänemark auslief, ergriffen die Isländer ihre Chance zur vollständigen Loslösung von Dänemark. Im Mai 1944 entschieden sich die Isländer bei einer Volksabstimmung, an der sich 98,61 Prozent der Abstimmungsberechtigten beteiligten, mit 97,35 Prozent gegen den Unionsvertrag von 1918 und mit 95,06 Prozent für eine republikanische Verfassung.

Vor 80 Jahren am 17. Juni, dem heutigen isländischen Nationalfeiertag sowie dem Geburtstag des Vorkämpfers der Unabhängigkeit Islands – und Philologen – Jón Sigurðsson, wurde in Thingvellir die Unabhängigkeit Islands verkündet; Sveinn Björnsson hieß der erste Präsident, der bis zu seinem Tod 1952 das Amt ausübte. 1946 wurde Island Mitglied der Vereinten Nationen und war 1986 Gastgeber des Gipfeltreffens zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow. Die damalige Präsidentin Vigdís Finnbogadóttir war 1980 zum ersten weiblichen Staatsoberhaupt gewählt worden – und auch sie unterstützte die isländische Sprache.


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