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Zeitgeschichte

Erforschung sowjetischer Lager

Erst nach dem Fall der Mauer konnte die Aufarbeitung der Haftbedingungen in der ehemaligen DDR erfolgen – 17 Autoren berichten

Dirk Klose
02.07.2022

Zu den düstersten Kapiteln der Nachkriegszeit zählen die „Speziallager“ in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). In ihnen wurden Zigtausende Inhaftierte oft jahrelang unter extrem harten Bedingungen festgehalten. Die berüchtigsten Lager waren Buchenwald, Sachsenhausen und Bautzen.

In der DDR war das Thema tabu, aber seit der friedlichen Revolution sind die Lager intensiv erforscht worden. Das Buch „Zwischen Entnazifizierung und Besatzungspolitik“, herausgegeben von zwei in Gedenkstätten tätigen Historikern, gibt einen guten Überblick über den gegenwärtigen Stand der Forschung. Er vereint 19 Beiträge von 17 Autoren (darunter drei Russen) und eine Diskussion zu offenen Fragestellungen.

Die von den Sowjets nach der Kapitulation der Wehrmacht eingerichteten Lager verbreiteten Angst und Schrecken. Offiziell wurden Personen, die als Kriegsverbrecher galten oder dem NS-Regime angehörten, gefangengesetzt, aber bald erfolgten willkürliche Verhaftungen. Die katastrophalen Lagerbedingungen haben dazu geführt, dass von den über 120.000 Inhaftierten fast ein Drittel an Hunger, Epidemien und Entkräftung gestorben ist.

In den Beiträgen werden die einzelnen Lager ausführlich vorgestellt, dazu die rigorose „tschekistische“ Politik der Sowjets unter dem berüchtigten Leiter Iwan Serow. Verschwiegen wird nicht, dass es auch in den drei Westzonen etwa 40 Lager mit fast 400.000 Inhaftierten gab, die aber schon bald entlassen wurden oder mildere Haftbedingungen erfuhren.

Die Traumatisierung der Betroffenen dauerte oft ein Leben lang. Am schlimmsten, so sagen es alle, waren Krankheiten und quälender Hunger. Die ohnehin kleinen Essensrationen waren 1947 nochmals herabgesetzt worden. Die Herausgeberin Julia Landau verweist allerdings darauf, dass 1946 und 1947 ganz Europa hungerte. Nach russischen Angaben sind allein in der Sowjetunion in dieser Zeit zwei Millionen Menschen den Hungertod gestorben.

Warum heute noch solche Forschung, mag man fragen. An den Speziallagern zeigt sich einmal mehr, dass es Ereignisse in der Geschichte gibt, die einfach nicht loslassen. Nicht nur Wissenschaft und Politik, auch viele Betroffene und Hinterbliebene wünschen Auskunft und Klarheit, um das Ungeheuerliche solch brutaler und willkürlicher Maßnahmen begreifen zu können. Der wohltuend nüchtern gehaltene Band (leider ohne ein notwendiges Literaturverzeichnis) kann hier in seiner Breite der Darstellung ein wenig helfen.


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Kommentare

Michael Holz am 11.07.22, 16:55 Uhr

"Die von den Sowjets nach der Kapitulation der Wehrmacht eingerichteten Lager verbreiteten Angst und Schrecken."

Sehr geehrter Herr Klose, es stimmt fasst alles, was Sie schreiben, nur die Lager Buchenwald und Sachsenhausen waren ehemalige Konzentrationslager der Nazis. Nachdem diese KZs im Frühjahr von der Roten Armee besetzt und die Überlebenden entlassen wurden, standen danach Sowjetsoldaten auf den Wachtürmen und die Lager füllten sich mit den von Ihnen beschriebenen Personen. Heinrich George,der bekannte Schauspieler starb den Hungertod in Sachsenhausen.

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