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Skulptur am Alten Markt:1521 verhinderte der junge Mann die Befreiung der Stadt durch den Deutschen Orden
Wer durch die inzwischen vorbildlich sanierte Altstadt von Elbing geht, landet unweigerlich auch am Alten Markt, der im Norden vom Markttor begrenzt wird, das als eines vonwenigen Bauwerke die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges einigermaßen überstanden hat. An ihm fällt eine Statue ins Auge, die als „Bäckerjunge“ Bekanntheit erlangt hat. Nach einer Legende soll diese 1521 mit dieser Tat die Rückeroberung der Stadt durch Truppen des Deutschen Ordens verhindert haben.
Seit dem Zweiten Thorner Frieden von 1466, der den Dreizehnjährigen Krieg (1453–1466) zwischen Polen und dem Preußischen Bund, zu dem sich zahlreiche Städte des Ordenslandes zusammengeschlossen hatten sowie dem Deutschen Orden beendete, gehörte Elbing offiziell zum Ständestaat Königlich Preußen beziehungsweise „Preußen Königlichen Anteils“, der unter dem Schutz der polnischen Krone stand (daher auch als Polnisch Preußen bezeichnet).
Bereits 1454 hatte die Stadt König Kasimir IV. gehuldigt. Da Elbing – ebenso wie etwa Danzig oder Thorn – als wohlhabende Hansestadt galt, unternahm Hochmeister Albrecht von Brandenburg-Ansbach ab 1519 in einem zweijährigen Krieg immer wieder Versuche, das verlorene Territorium für den Deutschen Orden zurückzugewinnen. Am 4. März 1521 setzte er von Königsberg aus eine 2000-köpfige Streitmacht in Bewegung, die unter dem Kommando des Statthalters von Tolkemit, Caspar von Schwalbach, sowie Oberst Moritz Knebel von Katzenelnbogen, Hofmarschall des Kurfürstentums und Erzstifts Mainz, der eine Söldnertruppe zur Unterstützung des Deutschen Ordens befehligte, stand.
Am 8. März 1521 traf das Heer vor den Toren Elbings ein, doch ausgerechnet ein junger Bäckergeselle soll dann dafür gesorgt haben, dass die Belagerer die Stadt nicht einnehmen konnten, indem er mit einer Schaufel das Haltetau des Fallgitters am Markttor durchtrennte und damit den Angreifern den Weg versperrte.
Verteidigung mit einer Schaufel
Genau einen Monat hernach endete dieser sogenannte Reiterkrieg zunächst mit einem Waffenstillstand, vier Jahre später dann formell durch den Vertrag von Krakau. Es sollte der letzte Versuch des Deutschen Ordens gewesen sein, das Land, das nunmehr in ein weltliches Herzogtum umgewandelt wurde, von der Vormundschaft Polens zu befreien. Dies gelang erst dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, der 1657 die volle Souveränität über Preußen erlangte.
Der Jahrestag der Tat des Bäckerjungen war fortan in Elbing ein Feiertag, und zwar bis 1772, als die Stadt im Rahmen der Ersten Polnischen Teilung zum Königreich Preußen kam. Gefeiert wurde jeweils am ersten Freitag nach dem Sonntag Laetare (vierter Fasten- oder Passionssonntag beziehungsweise drei Wochen vor Ostersonntag), außerdem ehrte man die Tapferkeit dieser Symbolfigur in einem Lied. Eine Schaufel, wohl ähnlich der seinigen, hatte man nach dem Ereignis im Markttor aufgehängt, wo sie die folgenden 250 Jahre verbleiben sollte. Heute findet man in einer Nische am Eingang zum Tor einen Abdruck davon.
Nachdem man sich in der Republik Polen wieder der Geschichte besonnen hatte, wurde am 30. September 2006 eine Bronzestatue vor dem Markttor errichtet, die den Bäckerjungen darstellen soll. Dabei handelt es sich um eine 160 Zentimeter hohe Figur, die der Warschauer Bildhauer Waldemar Grabowiecki anfertigte und die lächelnd ihre rechte Hand in die Hüfte stemmt, während sie sich mit der linken Hand auf der Schaufel abstützt. Es fällt auf, dass die Nase der Statue besonders glänzt, was daher rührt, dass durch deren Streicheln – wobei man vor allem Kinder beobachten kann – ein inniger Wunsch in Erfüllung gehen soll.
Ereignis wurde Feiertag
Drei Jahre nach der Enthüllung des Denkmals wurde am 19. Juni 2009 daneben als Ergänzung eine ebenfalls von Waldemar Grabowiecki geschaffene Gedenktafel in Form eines Bronzeschildes aufgestellt, welche auf einem Felsblock montiert ist und auf der in polnischer, deutscher und englischer Sprache geschrieben steht „Bäckerjunge – legendärer Verteidiger von Elbląg – 1521 verhinderte er den Überfall von Elbing durch den Ritterorden, indem er das Seil des Fallgitters im Markttor mit einer Schaufel durchschnitt“ (deutscher Text).
Die Aufstellung der Statue im Jahre 2006 erfolgte übrigens während des 1. Elbinger Brotfestes, einem der größten regionalen Jahrmärkte, das jährlich um die Monatswende August/September stattfindet. Damit wird an den früheren Feiertag am Freitag nach dem Fastensonntag Laetare (lateinisch für „freue dich“) erinnert, dem Freudensonntag, der aber auch „Brotsonntag“ genannt wird, abgeleitet von der in der Bibel beschriebenen „wundersamen Brotvermehrung“.
Selbst wenn die Geschichte des Bäckergesellen von Elbing auf einer Legende beruht, so erfreut die vor dem Markttor aufgestellte kindgroße lächelnde Statue doch viele Betrachter mit ihrer fröhlichen Ausstrahlung.