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Jauer feilt an seinem jahrhundertealten Profil als Pfefferkuchenstadt
Am vergangenen Wochenende feierte die niederschlesische Stadt Jauer [Jawor], die sonst mit der Friedenskirche Touristen anzieht, ihr Fest des Brotes und des Pfefferkuchens. Für drei Tage verwandelte sich der Ring – also der Marktplatz der Stadt – in einen Brot- und Lebkuchenbasar mit Musik und Rummel.
Bezüglich Backkunst und Brothandwerk der Stadt ist 1359 ein Bäcker namens Johann Hennerie überliefert. Ab 1556 sind bereits regional renommierte Pfefferküchler dokumentiert, deren Produkte über die Grenzen Schlesiens geschätzt waren. Das Regionalmuseum Jauer nennt Lorenz Mehl als den ersten in einem Dokument bezeugten Pfefferküchler in Jauer. Die Schreibweise seines Namens schwankt in heutigen Texten zwischen „Lorentz Meh“ und „Lorenz Mehl“. Das Dokument stammt aus dem Jahre 1549.
Im 19. Jahrhundert prägte die Pfefferküchlerfamilie Lauterbach das Bäckerhandwerk in Jauer. Ihre Erzeugnisse wurden weit über die Grenzen Schlesiens bis nach England, Frankreich und Amerika verschickt. „Die Lauterbachs etablierten das Jauersche Bienenkorbgebäck – polnisch als ,kószka' auch heute wieder namhaft. Es wurde hier bis 1945 als Jauersche Besonderheit gebacken. Nicht nur hier in Schlesien, sondern in Berlin und im ganzen Reich war dieser Pfefferkuchen in Form eines Bienenstocks bekannt und begehrt“, sagt Piotr Kądziołka vom Regionalmuseum zu Jauer. Er erzählt von Otto Lauterbach, der das Jauersche Bienenkorbgebäck als Besonderheit einführte und dafür 1879 mit der Goldmedaille bei den Königlichen (Landes-)Zuckerbäckertagen in Liegnitz [Legnica] ausgezeichnet wurde.
Die katholische Zeitung „Gość Niedzielny Legnica“ vergleicht das Jauersche Bienenkorbgebäck mit einem ähnlichen Bienenkorbgebäck aus Polkwitz [Polkowice] und datiert die Jauersche Variante auf die 1870er Jahre. Kądziołka bestätigt, dass die Jauerschen Bienenkörbe in Schlesien neben der Liegnitzer Bombe, dem Neisser Konfekt und den „Schweidnitzer Springerle“ zu den beliebten Pfefferkuchenspezialitäten gehörten.
Den Namen verdanken die Jauerschen Bienenkörbe ihrer Form. Sie sahen aus wie kleine Bienenkörbe, also Strohkörbe, die als Bienenstöcke dienten. Teilweise waren sie zum Beispiel mit einer Nussmasse oder Marmelade gefüllt, häufiger aber einfach hohl oder massiv gebacken und dann mit Zuckerguss überzogen. In alten Überlieferungen galt das Bienenkorb-Gebäck nicht nur als Leckerei, sondern auch als Glücksbringer für Familien. Wer einen Jauerschen Bienenkorb zum Erntedank mit nach Hause nahm, sollte ein Jahr lang Gesundheit und Fleiß genießen. In alten Reklamezetteln und Backkatalogen aus Schlesien tauchen Bienenkörbe als Symbol für Pfefferkuchen auf. Bis heute kann man in Jauer einen Bienenkorb auf der Häuserfassade am Ring bewundern. „In diesem Haus hatte die Familie Lauterbach ihre Lebkuchen gebacken. Seit zehn bis 15 Jahren versuchen wir, diese Geschichte wieder unter die Menschen zu bringen. Und weil die Lauterbachs ihre Pfefferkuchen mit viel Honig süßten, hatten sie sich eben einen Bienenstock zum Symbol gewählt. Dieser wurde dann ihr Erkennungsmerkmal“, sagt der Kunsthistoriker und gebürtiger Jaueraner Piotr Kądziołka.
Das seit 20 Jahren jährlich gefeierte Brot- und Pfefferkuchenfest ist eine Art Fortführung der polnischen Jauerschen Brotmesse. In der Nachkriegszeit wurde dort nämlich eine Brotmesse eingeführt, die seit den 90er Jahren jährlich im September stattfand. Während der Brotmessen stellten auch Bäcker und Zuckerbäcker aus allen Regionen Polens, aus Sachsen und Tschechien Ware aus. Schritt für Schritt entwickelte sich aus dieser Messe ein Stadtfest.
„Brot wird überall gebacken, weil wir Museumsleute jedoch die Jauersche Pfefferkuchen erforschten und sie populär machen wollten, haben wir zum Brot den Pfefferkuchen dazugetan. Denn unser Pfefferkuchen hat eine 300-jährige Tradition“, sagt Kądziołka.