10.11.2025

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Europa-Parlament

EU-Abgeordnete schweigen zu lukrativen Nebenjobs

Hohe Zusatzeinkünfte und mögliche Interessenkonflikte scheinen in der EU an der Tagesordnung zu sein

Wolfgang Kaufmann
10.11.2025

Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments in Straßburg dürfen zwar keine direkte Lobbyarbeit leisten, aber für Organisationen oder Institutionen tätig sein, die in einem speziellen Lobbyregister aufgelistet sind. Gleichermaßen geduldet werden Interessenkonflikte, die zu einer „Beeinflussung der Pflichten eines Abgeordneten aus familiären, emotionalen oder wirtschaftlichen Gründen“ führen. Allerdings müssen die Parlamentarier solche Konflikte wie auch ihre bezahlten Nebentätigkeiten offenlegen, wenn sie an einem in der Sache relevanten Gesetz mitarbeiten oder eine führende Rolle in bestimmten Ausschüssen innehaben.

Derartige Erklärungen finden sich in öffentlich zugänglichen Dokumenten, von denen die auf Wirtschaftsnachrichten spezialisierte „Financial Times“ rund 13.000 mittels Künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet hat. Über die Ergebnisse berichtete das Blatt jetzt in einem Artikel mit dem Titel „Zahlreiche EU-Abgeordnete gehen Nebenjobs in Bereichen nach, in denen sie die Gesetzgebung der Europäischen Union steuern“.

Keine Interessenkonflikte meldete der Londoner Zeitung zufolge der rumänische Parlamentarier Gheorghe Piperea, der auch als Anwalt und Insolvenzverwalter arbeitet und Einkünfte von mehr als 640.000 Euro im Jahr erzielt. Piperea nimmt an Verhandlungen zur Novellierung des EU-Insolvenzrechtes teil. Ebenso wurde Riho Terras aus Estland genannt. Dieser ist stellvertretender Vorsitzender des Sicherheits- und Verteidigungsauschusses und kassiert parallel dazu 24.000 Euro pro Jahr vom Revaler Rüstungsunternehmen Go Craft. Zu Interessenkonflikten soll das angeblich aber nicht führen. Und der tschechische Rennfahrer Filip Turek erhält neben seinen Abgeordnetendiäten jährlich noch 126.000 Euro als „Automobilexperte“, während er den Beratungen über Vorschriften rund um die Ausstattung von Elektrofahrzeugen beiwohnt – auch hier wurden keinerlei Interessenkonflikte angezeigt.

Kein Lobbyismusverbot
Insgesamt sind 59 der 720 EU-Abgeordneten in Gremien aktiv, deren Themenschwerpunkte sich mit ihren bezahlten Nebentätigkeiten überschneiden oder gar in direktem Zusammenhang mit diesen stehen. Dabei gaben aber nur acht der Parlamentarier an, dass Interessenkonflikte vorliegen könnten.

Befürworter der Nebenjobs meinen, es verbessere die EU-Gesetzgebung, wenn auch unmittelbar Betroffene Einfluss auf diese ausübten. Dahingegen versuchten Kritiker dieser Vorgehensweise schon mehrmals, ein Verbot solcher Formen des Lobbyismus durchzusetzen. Deren Anträge scheiterten jedoch allesamt – selbst nachdem die Bestechung etlicher EU-Parlamentarier und -Beamter durch die Regierungen von Katar, Marokko und Mauretanien aufgeflogen war.

Das quittierte Raphaël Kergueno von der Nichtregierungsorganisation Transparency International mit den Worten: „Die Abgeordneten hatten zahlreiche Gelegenheiten, das System zu ändern, haben sich aber dagegen entschieden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es zum nächsten Skandal kommt.“


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