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Billige E-Autos, Halbleiter, Biodiesel oder Versandhandel – Immer mehr Branchen in der EU klagen über unfairen Wettbewerb mit dem Reich der Mitte
Erst im Jahr 2021 eröffnet, gehen im sächsischen Freiberg in der größten Solarfabrik Europas bereits wieder die Lichter aus. Im März hatte der Solarhersteller Meyer Burger die Produktion in Freiberg gestoppt, Ende April folgte die Schließung des Werks, in dem zuletzt 500 Mitarbeiter beschäftigt waren.
Ähnlich wie der Solarhersteller, so geraten in Europa auch andere Branchen durch chinesische Exporte unter Druck. In Chinas Industrie sind mit Staatshilfe gewaltige Überkapazitäten entstanden, gleichzeitig ist die Kauflaune der Privathaushalte im Reich der Mitte gedämpft. Als Folge überfluten Hersteller aus der Volksrepublik derzeit die Weltmärkte mit Billigangeboten für Solarmodule, E-Autos, Halbleiter oder Biodiesel. Täglich werden zwischen China und den Ländern der EU Waren im Wert von zwei Milliarden Euro ausgetauscht. Allerdings haben die Handelsbeziehungen ein starkes Ungleichgewicht. Das Handelsdefizit der EU-Staaten gegenüber China beträgt jährlich fast 400 Milliarden Euro.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat sich mit den Langzeitfolgen der gestiegenen chinesischen Exporte nach Europa beschäftigt. Laut dem IWH hat die erhöhte Einfuhr chinesischer Waren seit der Jahrtausendwende nicht nur den wirtschaftlichen Wettbewerb in Europa verschärft. Der sogenannte China-Schock hat auch politische Folgen.
Politische Auswirkungen
Kurzfristig haben nach Ansicht der IWH-Forscher Parteien wie Die Linke in Deutschland oder Syriza in Griechenland durch den Wunsch der Bürger nach sozialer Absicherung profitiert. Das IWH geht aber auch davon aus, dass langfristig populistische und rechtsextreme Parteien dort gestärkt wurden, wo die kräftigsten Zuwächse an China-Importen registriert wurden. Als mögliche Ursache für diese Entwicklung wird ein Vertrauensverlust in den Sozialstaat genannt.
Zusammenfassend sagte IWH-Studienautor Steffen Müller: „Der internationale Wettbewerb hat vielen Menschen mehr Wohlstand gebracht und zugleich die politischen Ränder in Europa gestärkt“. Sollte diese Diagnose zutreffen, muss sich die EU in den kommenden Jahren auf ein Erstarken der politischen Ränder gefasst machen. Derzeit beklagen sich nämlich immer mehr Branchen, dass zwischen den Unternehmen in Europa und China keine fairen Wettbewerbsbedingungen herrschten und die Konkurrenz aus China den Markt aufrolle.
Das Hamburger Unternehmen Otto wirft der chinesischen Online-Verkaufsplattform Temu sogar Betrug vor. Laut Harald Gutschi, dem Chef der Otto Austria Group, sind knapp 65 Prozent der aus China kommenden Pakete falsch deklariert. Entweder wird ein geringerer Wert des Paketinhalts angegeben oder Bestellungen werden in China in Einzelsendungen verpackt, um in Europa keine Zollgebühren entrichten zu müssen.
Auch bei Biodiesel, der aus China nach Europa exportiert wird, erheben europäische Wettbewerber den Vorwurf von Betrug. Hiesige Biodieselproduzenten mussten bereits vergangenes Jahr einen massiven Anstieg der Importe von „fortschrittlichem Biokraftstoff“ aus China und damit eigene Markteinbußen verkraften. Die hohen Importmengen aus Asien verdrängen hierzulande zudem Anbieter von Raps.
Betrugsvorwürfe werden laut
Bei den Importen steht der Verdacht im Raum, dass in China Diesel aus Palmöl zu Biodiesel umdeklariert wird. Während Biodiesel auf der Basis von frischem Palmöl seit vergangenem Jahr verboten ist, darf der Treibstoff weiterhin eingeführt werden, wenn er auf der Basis von altem Speisefett oder aus Algen produziert wurde. Ein labortechnischer Nachweis, ob der Diesel aus frischem Palmöl oder altem Speiseöl hergestellt wurde, ist kaum möglich. Die Möglichkeit von Kontrollen bei den Herstellern „wurde von der Volksrepublik China nicht gewährt“, so die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage aus den Reihen der Unions-Bundestagsfraktion.
Die umweltpolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Anja Weisgerber (CSU), wirft der Ampel beim angeblichen Biodiesel ein Wegducken vor: „Die Bundesregierung scheint die naheliegenden Betrugsfälle nicht voll-umfassend aufklären zu wollen. Mit den Verweisen auf das Zuständigkeitswirrwarr aus europäischen und nationalen Behörden sowie auf undurchsichtige Zertifizierungssysteme macht sie sich einen schlanken Fuß.“
Im Kontrast dazu steht die neue China-Strategie, die von der Bundesregierung im Sommer 2023 beschlossen worden ist. Mit der Strategie signalisierte die Ampel, dass sie die Volksrepublik mehr als früher als Systemrivalen und weniger als Partner und Wettbewerber ansieht.
Rasio Brelugi am 07.05.24, 12:21 Uhr
Der Artikel greift ein wichtiges Thema auf bzw. ein Problem, das dringender politischer Intervention bedarf. "[D]ie neue China-Strategie ... der Bundesregierung ..., dass sie die Volksrepublik mehr als früher als Systemrivalen und weniger als Partner und Wettbewerber ansieht", ist nur eine höfliche Übersetzung von "Bla, bla, bla", aber keine greifbare Lösung.
Das ursächliche, leider nicht angesprochene Problem der Wirtschafts- bzw. Handelsbeziehungen zu China ist die chinesische resp. kommunistische Zwangsbewirtschaftung des Devisentausches. Damit kann China in übelst nationalistischer Weise den Warenaustausch mit anderen Ländern bestimmen, ganz nach den eigenen Interessen und politischen Zielen und auch zum (möglicherweise politisch angestrebten) Schaden der anderen Länder. Das geht so weit, dass chinesische Waren in anderen Ländern zum Dumpingpreis angeboten werden. Die je einheimische Branche geht dabei kaputt und das Vermögen der Chinesen an ausländischer Währung steigt (womit sich dann prima ausländisches Know-How (z.B. den Roboterbauer Kuka) kaufen lässt. Die hier blinden, kompetenzlosen oder was auch immer Politiker stehen nur dabei --- und applaudieren auch noch.
Die Lösung ist sachlich einfach, aber ein politisches Schwergewicht: China muss politisch klargemacht werden, dass ein weiterer Handelsaustausch wie bisher nur auf der Grundlage einer frei konvertierbaren chinesischen Währung möglich ist.
PS: Warum muss sich ein solch wichtiger Artikel durch den Gebrauch oder die Wiedergabe von hohlen Phrasen selbst entwerten?
"[P]opulistische und rechtsextreme Parteien" wären auf dem Vormarsch: In einem funktionierenden Rechtsstaat gibt es keine "rechtsextremen" Parteien. Der Begriffsteil "extrem" besagt, dass diese Partei nicht mehr auf dem Boden der Verfassung steht. Also muss sie konsequent verboten werden, in einem Rechtsstaat. Andernfalls muss man annehmen, dass der Begriff "rechtsextrem" propagandistisch missbraucht wird, z.B. zur Delegitimation der politischen Opposition, also zur Delegitimation der Verfassung.
"Populistisch": Beim verächtlichen Gebrauch dieses Wortes sollte man sehr vorsichtig sein, denn darum --- populistisch zu sein --- geht es ja in der Demokratie. Das Wort wird auch gebraucht im Sinne von "Scheinlösungen". Diese werden aber nicht in einer platten Zuschreibung wie "populistisch" entlarvt, sondern in der öffentlichen Debatte.
PPS:
Zum Abschluss noch die Gedanken zum Thema des obigen Artikels von einem Altvorderen der bundesrepublikanischen, klassischen Zeit: Ludwig Erhard.
1949: "Nicht mehr durch den Mißbrauch eines Umrechnungskurses wollen wir uns irgendwelche Vorteile erlisten und erschleichen, sondern wir wollen als ehrliche Kaufleute unter gleichen Startbedingungen mit den übrigen Völkern in Wettbewerb treten."
1954: "Aber auf keinen Fall darf es wieder einmal dahin kommen, daß die Währungspolitik als Machtinstrument der Handelspolitik mißbraucht wird; denn das ist das Schlimmste von allem."
1957: "Charakteristisch ist, daß sich selbst die freie Welt angewöhnt hatte, das ärgste Chaos und das zerstörerischste Element der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit, nämlich die Devisen-Zwangswirtschaft, als eine 'Ordnung' zu bezeichnen."