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Durch die Julirevolution blieb dem vor 250 Jahren geborenen ältesten Sohn Karls X. die Krone verwehrt
Louis Antoine d'Artois, Herzog von Angoulême, war ein Neffe des französischen Königs Ludwig XVI. Der letzte König vor der Französischen Revolution hatte mit seiner einzigen Ehefrau Marie Antoinette zwei Söhne. Der ältere, Louis Joseph, starb bereits 1789 an Rachitis. Der jüngere, Charles Louis, überlebte seinen Vater und war deshalb in den Augen der Legitimisten nach dessen Hinrichtung 1793 als Ludwig XVII. dessen legitimer Nachfolger. Das nützte dem 1785 in Versailles geborenen Kind indes wenig, denn es starb 1795 als Gefangener der französischen Revolutionäre vermutlich an Tuberkulose im Gefängnis.
Als nach den napoleonischen Kriegen die Bourbonenherrschaft in Frankreich durch die siegreichen Alliierten restauriert wurde, wurde deshalb auf den ältesten noch lebenden Bruder Ludwigs XVI., Louis Auguste, zurückgegriffen. Als Ludwig XVIII. bestieg er 1814 den französischen Thron. Der nächstältere Bruder war Charles Philippe. Als Ludwig 1824 starb, wurde Charles Philippe dessen Nachfolger als Karl X. Neuer Dauphin wurde dessen ältester Sohn, Louis Antoine d'Artois, duc d'Angoulême.
Vor 250 Jahren, am 6. August 1750, hatte der Herzog von Angoulême den letzten aus der Hauptlinie der Bourbonen, der Frankreich als König regierte, und dessen Ehefrau, Maria Theresia von Savoyen, zu Eltern gemacht. Noch im Revolutionsjahr 1789 folgte der Junge seinem Vater ins Exil. Dort heiratete er 1799 die einzige Tochter Ludwigs XVI., Marie Thérèse von Frankreich. 1806 wich auch er wie viele andere französische Bourbonen vor der sich in Kontinentaleuropa ausbreitenden Macht Napoleons nach England aus.
Nachdem sich das Blatt zuungunsten des Korsen gewendet hatte, beteiligte der Bourbone sich an der Seite der Alliierten an der Beendigung der napoleonischen Herrschaft in seinem Land. Unter alliiertem Schutz marschierte er mit königstreuen Landsleuten, die er um sich gesammelt hatte, in Bordeaux ein und rief seinen Onkel zum König aus.
Dieser dankte es ihm mit wichtigen militärischen Posten und Aufgaben. Im wiedererrichteten Königreich wurde er Admiral von Frankreich und Colonel général des carabiniers. Auch betraute man ihn damit, den von Elba zurückgekehrten Kaiser zu stoppen. Das gelang ihm nicht, was der König ihm übelnahm. Doch Ludwig XVIII. verzieh ihm, und als die Heilige Allianz 1823 Frankreich beauftragte, die Spanische Revolution niederzuschlagen, war er es, der mit der Führung der französischen Invasionstruppen betraut wurde. Nach seinem Sieg bemühte er sich vergeblich, der von ihm zum Sieg verholfenen rachsüchtigen spanischen Reaktion entgegenzuwirken.
Schon neun Jahre vorher war der Franzose durch liberales Verhalten und Auftreten aufgefallen. Nach dem Einmarsch in Bordeaux hatte er Amnestie, Religionsfreiheit und Abhilfe aller gerechten Beschwerden in Aussicht gestellt. In diesem Punkt unterschied sich der Prinz sehr von seinem Vater. Dieser betrieb als Herrscher eine derart reaktionäre Politik, dass er 1830 die Julirevolution provozierte. Aus dieser Revolution ging Louis-Philippe aus der Bourbon-Nebenlinie Orléans als neuer französischer König hervor. Karl X. fügte sich insoweit in sein Schicksal, als er abdankte. Aus legitimistischer Sicht folgte ihm als König sein ältester Sohn als Ludwig XIX. Dieser verzichtete jedoch im Sinne seines Vaters ebenfalls auf den Thron. Vater und Sohn hofften, dass sich Louis-Philippe mit der Rolle eines Regenten für den nächsten in der Thronfolge, Louis Antoines erst neun Jahre alten Neffe Henri, bis zu dessen Mündigkeit zufriedengeben würde und damit die Fortsetzung der Bourbonenherrschaft in Frankreich grundsätzlich gewahrt bliebe. Die Hoffnung trog. Louis-Philippe verstand sich nicht als Regent für einen König Heinrich V. während dessen Unmündigkeit, sondern selbst als König.
Wie schon bei der vorangegangenen ersten französischen Revolution folgte Louis Antoine auch bei der zweiten seinem Vater ins Exil. Diesmal beteiligte er sich jedoch nicht an Versuchen, die Bourbonenherrschaft zu restaurieren. Völlig zurückgezogen lebte er mit seiner Ehefrau ab 1836 im damals österreichischen Görz, wo er auch am 3. Juni 1844 kinderlos verstarb.