Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Zwischen Höhenflug und Lehrverbot entstanden inspirierende Kunstwerke
Kurt Schwerdtfeger stammte aus dem Kreis Schlawe in Hinterpommern, wurde am Bauhaus in Weimar zum Künstler geprägt und sorgte hier mit seinen Reflektorischen Farbenlichtspielen für erstes Aufsehen. Er leitete später an der Werkschule in Stettin die Bildhauerklasse, schuf als Bildhauer für Pommern beeindruckende Werke und wurde nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten aus allen Ämtern und Museen entfernt. Erst nach dem II. Weltkrieg konnte sich Schwerdtfeger als Kunstprofessor in Niedersachsen neu etablieren und erneut deutsche Bekanntheit erreichen bis dahin, dass ihm der Deutsche Künstlerbund 1967 in Karlsruhe seine Jahresausstellung widmete. Inzwischen erlebte der Bauhauskünstler auch in Stettin mit der Aufstellung seines Vogelbrunnens und einer Ausstellung im einstigen Residenzschloss der Pommernherzöge eine beachtliche Wiederentdeckung.
Der Bauhäusler wurde am 20. Juni 1897 in Deutsch Puddiger geboren. Das ist ein Dorf im ehemaligen Kreis Schlawe in Hinterpommern an der einstigen Kleinbahnstrecke Schlawe-Pollnow-Sydow, das 1325 erstmals als Lehen eines Berndt von Heydebreck schriftlich erwähnt wurde und später bis 1945 als Gut im Besitz der Adelsfamilie von Blumenthal war. Es trägt jetzt den polnischen Namen Podgorki und gehört zur Woiwodschaft Westpommern. Schwertdtfeger gilt heute als bedeutendster Sohn des Dorfes, nahm nach dem Schulbesuch zunächst als Soldat am I. Weltkrieg teil. Er überlebte die ernüchternden Grabenkämpfe und studierte anschließend nacheinander in Königsberg und Jena Philosophie und Kunstgeschichte. Bei seinen Besuchen in Weimar erlebte er dann voller Begeisterung den künstlerischen Aufbruch des Bauhauses zu neuen Ufern. Das war seine Welt. Deshalb wechselte Schwerdtfeger 1920 in die Bauhausstadt, bekam seine erste Orientierung unter Johannes Itten und studierte dann vor allem Bildhauerei. Bei der Auseinandersetzung mit neuen Formen und Inhalten kam es zu einem engeren Kontakt zum vier Jahre älteren Ludwig Hirschfeld-Mack, der aus Frankfurt am Main stammte und nach erster künstlerischer Unterrichtung durch Hermann Obrist sowie Kriegseinsatz als Infanterieoffizier ab 1920 am Weimarer Bauhaus das Kunstdruckhandwerk studierte. Beide Bauhausstudenten beschäftigten sich bald nebenbei auch mit den Vorstellungen von räumlicher Kunst und entwickelten gemeinsam Reflektorische Farbenlichtspiele, die inzwischen der „abstrakten filmischen Avantgarde“ zugerechnet werden.
Schwerdtfeger überzeugte auch mit seinen bildhauerischen Arbeiten und wurde nach dem erfolgreichen Abschluss als Bauhauskünstler 1925 von der Stettiner Werkschule für Gestaltende Arbeiten, die sich der modernen Kunst verpflichtet fühlte, als verantwortlicher Lehrer für die Bildhauerklasse übernommen. Der Bauhäusler erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen, prägte seine Schüler im Bauhaussinne und schuf nebenbei zahlreiche Plastiken für Stettin, ganz Pommern und für Danzig. Er war Mitglied des Deutschen Werkbundes, engagierte sich mit Gesinnungsfreunden in der Künstlergruppe „Neues Pommern“ für eine moderne Kunstauffassung und erlebte dann ab 1933 die einschneidenden Veränderungen unter den Nationalsozialisten. Seine Werke wurden aus den Museen und dem öffentlichen Raum entfernt. Dazu kam das Lehrverbot. Schon bei Kriegsbeginn wurde der verdächtige Bauhäusler als Soldat eingezogen. Das war eine jahrelange Zäsur. Jetzt ging es um das nackte Überleben. Schwerdtfeger überlebte auch seinen zweiten Krieg und wurde nach der Heimkehr ins zivile Leben als „unbelasteter“ Künstler eingestuft. Mit seiner Bauhaus-Ausprägung und nachgewiesenen Erfolgen in Stettin übernahm ihn die Pädagogische Hochschule im niedersächsischen Alfeld bei Hildesheim als Professor für Bildende Kunst.
Schwerdtfeger erfüllte seine Lehraufgaben, schuf neue Plastiken im Modernestil und engagierte sich im Deutschen Künstlerbund. Zwischendurch verfasste er auch fachwissenschaftliche Beiträge wie die Schrift „Bildende Kunst und Schule“. Er wurde 69 Jahre alt und starb am 8. August 1966 in Himmelsthür, einem Ortsteil von Hildesheim in Niedersachsen. Nach der ihm gewidmeten Jahresausstellung des Deutschen Künstlerbundes 1967 gab es weitere Ausstellungen mit seinen Arbeiten durch den Kunstverein. In Bad Salzdetfurth und dem Kunstverein in der nun polnischen Stadt Szczecin 2007. Parallel kam es im Rosengarten des Stettiner Quistorp-Parkes zur Neuaufstellung von Schwerdtfegers Vogelbrunnen-Figuren mit den vorgestreckten Hälsen von vier Schwänen.
Schwerdtfeger schuf u.a. auch 1956 für die Gedenkstätte des Deutschen Ostens im Batterieturm in Schloss Burg die Skulptur „Flüchtlingsfamilie“. Hier fanden zahlreiche Ostpreußen- und Pommern und Schlesiertreffen statt.