Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Wiedererrichtung des Denkmals für Kriegsopfer – Tag der Erinnerung, der Trauer und zugleich Mahnung
Einmal im Jahr wird ganz speziell der Opfer der Kriege gedacht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in den Schulen grüne Kerzen verteilt, die an dem Abend des Volkstrauertags in die Fenster gestellt werden sollten als Mahnung gegen das Vergessen, für die Vermissten, die bisher aus dem Krieg nicht heimgekehrt sind, und die Opfer. Es war eine sehr schöne Geste, die man unbedingt wieder aufleben lassen sollte.
Dieser Tag des Gedenkens wird in viele Städten und Dörfern in Deutschland unterschiedlich begangen, doch stets erfolgen Feierstunden an den Denkmälern.
In Gingst auf Rügen wird man diesen Tag würdevoll an dem im August wieder eingeweihten Kriegerdenkmal von 1914/18 begehen. Die Einweihung am 27. August hat hohe Wellen geschlagen, auch der Artikel in unserer Pommerschen Zeitung vom 30. Juni 2023 hat einen Kontakt nach Spremberg in der Lausitz geschaffen, auch dort gelang es, ein Kriegerdenkmal wieder auferstehen zu lassen.
Die Schüler der zehnten Klasse der Regionalschule Gingst stellten am 29. September der Öffentlichkeit erste Ergebnisse ihrer Recherchen zu Weltkriegsopfern im Zuge des Geschichtskurses „Kriegsgräber“ am wiedererrichteten Kriegerdenkmal in Gingst vor. Das zeigt, ein Denkmal ist nicht ein starres Gebilde aus Stein oder anderem Material. Es lebt, durch die Namen, die zum Gedenken festgehalten wurden – hinter jedem Namen steht eine Geschichte.
Kleine Rückschau
Zur Wiedererrichtung des Denkmals gaben die Mitglieder des „Förderverein Kriegerdenkmal Gingst e.V.“ Jürgen Pahnke und Gerd Bednarski gerne Auskunft. Eine kurze Rückschau schildert die Geschehnisse. 1974 kam es in einigen Orten zum Abriss von Kriegerdenkmälern, weil sie angeblich nicht mehr in das „sozialistische Ortsbild“ passten. In Gingst erfolgte der Abriss von zwei Denkmälern: das Kriegerdenkmal von 1870/71 und das von 1914/18.
Die Initiative ergriff seinerzeit die Parteigruppe unter dem SED-Parteisekretär, auch die Bismarck-Eiche wurde zu dem Zeitpunkt gefällt. Allerdings waren an diesen Aktionen keine Gingster beteiligt. Viele waren verärgert: Ein Gingster Tischlermeister, sein Vater war im Ersten Weltkrieg gefallen, ist aus Protest einfach nicht mehr zur Wahl gegangen.
Doch das Denkmal ist stets im Bewusstsein der Einwohner geblieben. Das war wie eine offene Wunde im Herzen von Gingst. Schließlich waren viele der über 100 auf den Tafeln des Denkmals verzeichneten Gefallenen aus dem Kirchspiel Gingst die Vorfahren. Und was war der Auslöser für das „neue“ Denkmal?
Dazu der Initiator Pahnke: „Man muss zunächst sagen, dass nach dem Abriss 1974 Teile des Denkmals noch als Blumenkübel im Ort benutzt wurden. Und jeden Tag kam ich daran vorüber, und es war so, als hätten mich diese Steine angesprochen: Holt uns hier raus und baut uns wieder auf!“
Pahnke ist dann vor über zehn Jahren zum Pastor gegangen und fragte ihn, was der davon hielte. Wollen wir es aufbauen oder nicht? So kam der Stein ins Rollen. „Als die Gemeindevertretung grünes Licht gab, hat sich unser Verein 2019 gegründet. Heute sind wir 40 Mitglieder. Die Aktion lief nicht ohne Probleme ab. Zwar hatte die Bürgermeisterin zunächst zugestimmt, aber das Projekt zum Wiederaufbau durch Vorbehalte erheblich zur Verzögerung gebracht: Man versuchte uns mehrfach auszubremsen und uns unter Druck zu setzen. So wurde beispielsweise Einfluss auf die Gestaltung des Wiederaufbaus – ohne Eisernes Kreuz – genommen. Durch Vereinfachung der neu zu gestaltenden Elemente konnten wir das Denkmal nicht zu 100 Prozent nach dem Vorbild aufbauen. Die Gemeinde stellte uns zwar den traditionellen Platz in der Ortsmitte zur Verfügung, jedoch haben wir weder finanzielle noch sachliche Unterstützung von der Gemeinde erhalten. Wir bekamen aber von anderen Stellen viel Zuspruch: Unterstützt wurden wir durch unsere Fördermittelgeber, Strategiefonds, Vorpommernfonds, LEADER, Ehrenamtsstiftung, Heimatverband und Volksbund. Auch die Bau-Innung, weitere Handwerksbetriebe aus der Region standen uns helfend zur Seite. Dank der großzügigen Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung konnten wir unser Ziel gemeinsam erreichen, welches wir uns bei der Vereinsgründung 2019 gesetzt hatten, die Arbeiten konnten beginnen.“
Am 27. August war es dann endlich soweit: Das Denkmal konnte eingeweiht werden. Zirka 300 Personen hatten sich eingefunden, um diesen Tag feierlich zu begehen. Schon zum vorausgegangenen Gottesdienst waren etwa 175 Bürger erschienen. Sichergestellt werden muss auch der Erhalt des Denkmals, dazu der des Vereinsvorsitzende Pahnke: „Wir werden das Denkmal nach der finanziellen Abrechnung mit den Fördergebern an die Gemeinde Gingst übergeben. Die Pflege des Denkmals übernimmt für die nächsten fünf Jahre der Verein. Hoffen wir, dass das Denkmal nicht nur erinnert, sondern auch zukünftig zum Frieden mahnt.“
Zum Volkstrauertag versammelt man sich wieder am Ehrenmal. Am Sonntag, den 19. November, findet um 14 Uhr ein Gedenkgottesdienst in der St.-Jakobi-Kirche in Gingst statt mit anschließender Gedenkfeier und Kranzniederlegung am Ehrenmal. Die Traditionsträger des Infanterie-Regiments Nr. 42 werden die Gedenkfeier unter musikalischer Umrahmung wieder begleiten.