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Kultur

Haus und Herrscher mit Weitblick

Die „Krone des Erzgebirges“, Schloss Augustusburg, wurde vor 450 Jahren errichtet – Eine Sonderschau würdig den Namensgeber

Veit-Mario Thiede
10.11.2022

Dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, kann manchmal richtig was los sein. Das beweist das 450 Jahre alte Schloss Augustusburg. Zwölf Kilometer abseits von Chemnitz ragt zwischen Feldern und Wäldern ein 516 Meter hoher Porphyrkegel auf, der das „als Krone des Erzgebirges“ gerühmte Jagdschloss aus der Umgebung heraushebt. Es ist ein imposantes und wuchtiges Bauwerk auf quadratischem Grundriss, das sich Kurfürst August von Sachsen mit drei Küchen, fünf Prunksälen, sieben Vorsälen, 74 Zimmern und 96 Kammern erbauen ließ.

Die zum Schlossjubiläum eingerichtete Sonderschau heißt „Kurfürst mit Weitblick“. Der Titel spielt auf die Lage des Gebäudes an und ebenso auf das Handeln des der albertinischen Linie des Hauses Wettin angehörenden Kurfürsten in Fragen der Wirtschaft, Politik und Religion.

Die Augustusburg ist ein Siegesdenkmal. Im Jahre 1567 triumphierte August über den der ernestinischen Linie der Wettiner angehörenden Herzog Johann Friedrich II., der ihm die Kurfürstenwürde streitig machte. Der in Gotha residierende Johann Friedrich bot dem wegen Landfriedensbruchs geächteten Ritter Wilhelm von Grumbach Asyl, weil der ihm zur Kurfürstenwürde verhelfen wollte. Kaiser Maximilian II. forderte Grumbachs Herausgabe. Da sich der Herzog weigerte, schickte der Kaiser den Kurfürsten August nach Gotha, um für Recht und Ordnung zu sorgen. August war siegreich. An die daraufhin erfolgte Vierteilung Grumbachs erinnert noch heute eine Bodenplatte auf Gothas Marktplatz. Johann Friedrich II. aber musste seine restlichen 29 Lebensjahre in kaiserlicher Gefangenschaft fristen.

Das sehenswerte Denkmal seines Sieges und Reichtums ließ sich August ab 1568 erbauen. Für die Ausmalung der Räume engagierte der Kurfürst den bei Lucas Cranach dem Jüngeren in die Lehre gegangenen Heinrich Göding. Von dessen Schaffen in den vier Eckhäusern und den sie verbindenden Bauten sind schöne Beispiele unter späteren Übertünchungen erhalten geblieben. Längst nicht alles ist wieder freigelegt worden.

Im „Hasenhaus“, das nach Gödings um Fenster und Türen angelegten Malereien benannt ist, steht die „Verkehrte Welt“ im Blickpunkt. Hasen entreißen Jägern und Hunden die Herrschaft. Sie richten eine Hasenrepublik auf, bevor wieder die alten Verhältnisse die Oberhand gewinnen und die Hasen am Bratspieß oder im Kochtopf enden. Das „Lindenhaus“ war das Domizil der Kurfürstenfamilie. Göding hat Füchse hineingemalt und die Gemächer des Kurprinzen mit einer Horde spielender Affen geschmückt.

Die Schlosskirche ließ der kunstsinnige Kurfürst mit einem Hauptwerk von Lucas Cranach dem Jüngeren schmücken. Prachtvolle Holzschnitzereien von Wolfgang Schreckenfuß rahmen Cranachs Altargemälde. Das oben angebrachte stellt die Heilige Dreifaltigkeit dar. Das Hauptbild aber zeigt den gekreuzigten Christus. Im Hintergrund sind die Ölbergszene und die Auferstehung dargestellt. Links im Vordergrund hat sich der vierschrötige, rotblonde und rotbäckige Kurfürst mit seinen Söhnen zum Gebet versammelt. Rechts beten seine elegante Gattin Anna von Dänemark und die Töchter. Die bereits verstorbenen Kinder tragen ein goldenes Kreuz um den Hals.

Auf dem Gemälde sind 14 Kinder zu sehen. Ein weiteres kam nach Vollendung des Gemäldes zur Welt. Nur ein Sohn und drei Töchter des Paares erreichten das Erwachsenenalter.

Die Frau an Augusts Seite

Nach Aussage des Hofpredigers waren die 37 Jahre miteinander verheirateten August und Anna ein Herz und eine Seele. In der Ausstellung steht ihr Wirken im Blickpunkt. Es geht informativ zu, aber statt der vielen Reproduktionen hätten ihr deutlich mehr originale Schaustücke gutgetan. Augusts für das Heilige Römische Reich bedeutendste Leistung war sein Eintreten für den 1555 geschlossenen Augsburger Religionsfrieden, mit dem die evangelisch-lutherische Konfession reichsrechtliche Anerkennung fand. Als Anführer der evangelischen Partei sorgte er zusammen mit seinem Jugendfreund, dem katholischen Kaiser Maximilian II., für das weitgehend friedliche Miteinander der beiden Konfessionen.

Um die in den evangelisch-lutherischen Territorien um sich greifenden Glaubensstreitigkeiten zu beheben, förderte August Theologen, die eine einheitliche Glaubensformel aushandelten. Sein eifriger Mitstreiter war dabei Kurfürst Johann Georg von Brandenburg. Eine Gedenkmedaille zeigt die beiden Freunde. August ließ sie anlässlich der 1577 erfolgten Verkündung der „Einheitsformel“ prägen. Sie wird auch „Konkordienformel“ genannt.

Zu kurz kommen in der Schau Darlegungen, mit welchen Mitteln August die bemerkenswerten Gebietsgewinne seines Kurfürstentums zuwege brachte und mit welchen Methoden und Verordnungen er sich selbst zu großem Reichtum und dem Land zu Wohlstand verhalf. Seine ausgestellten Gartengeräte weisen darauf hin, dass er und seine Frau eine Leidenschaft für den Obstanbau hegten – und den im ganzen Land verbreiteten. So erließ August 1577 das Gesetz, dass Heiratswillige zwei Obstbäume pflanzen müssen, bevor sie die Ehe schließen dürfen.

Eine Medaille zeigt August und seine zweite Frau. Bereits sechs Wochen nachdem Anna gestorben war, verlobte er sich mit der zwölf Jahre alten Agnes Hedwig von Anhalt. Den Kontakt hatte Kurfürst Johann Georg hergestellt. Dessen Tochter Sophie war mit Augusts Sohn und Nachfolger Christian verheiratet. Kurfürst Augusts zweites Eheglück währte nur kurz, denn er starb in den Flitterwochen an einem Schlaganfall. Zacharias Wehmes Gemälde verewigt ihn auf dem Totenbett. Den Nachruhm aber verdankt er vor allem seinem Kunst- und Raritätenkabinett. Aus dem sind Dresdens glanzvolle Gemäldegalerie Alte Meister und das prachtvolle Grüne Gewölbe hervorgegangen.

• Die Sonderschau läuft bis 8. Januar.

www.die-sehenswerten-drei.de


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