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128. Deutscher Ärztetag

Homöopathie-Streit gerät zum Spaltpilz

Ärzte stimmten knapp für die Verbannung der alternativen Heilmethode aus der Medizin

Wolfgang Kaufmann
22.05.2024

Auf dem 128. Deutschen Ärztetag in Mainz verabschiedeten die Delegierten einen Beschlussantrag von 15 Mitgliedern der Ärztekammern Niedersachsen, Bayern, Bremen, Baden-Württemberg und Niederrhein, welcher den Titel „Fehlende Evidenz für Homöopathie-Anwendung und Beendigung der Sonderstellung in Abrechnungssystemen“ trug. In der Vorlage hieß es, „dass die Anwendung von Homöopathie in Diagnostik und Therapie keine mit rationaler Medizin ... und ärztlicher Ethik vereinbare Option darstellt“. Hieran anknüpfend wurde der Gesetzgeber aufgefordert, „Maßnahmen ... zu ergreifen“, damit die Homöopathie nicht mehr „als Kassenleistung zur Abrechnung kommen kann“ und homöopathische Mittel ihren Status als anerkannte Arzneien verlieren.

Zur Begründung führten die Antragsteller an, der Wissenschaftliche Beirat der Europäischen Wissenschaftsgemeinschaft EASAC habe 2017 festgestellt, „dass die Behauptungen zur Homöopathie unplausibel sind“. Daraus zogen sie folgenden Schluss: „Pseudomedizinische Methoden wie die Homöopathie gehören nicht in ärztliche Hände“, weil sie „das notwendige Vertrauen in die Medizin als Fachgebiet sowie die Wissenschaft allgemein untergraben“. Und bekanntlich sei die Wissenschaftsskepsis heutzutage ja ohnehin schon sehr ausgeprägt.

Verbot würde Skepsis vergrößern
Nach Ansicht von Michaela Geiger, der Vorsitzenden des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), spaltet dieser Beschluss, der mit 117 Ja- gegen 97 Nein-Stimmen bei elf Enthaltungen angenommen wurde, nun sowohl die Ärzteschaft als auch die Bevölkerung und sorgt somit für eine Verstärkung der aktuellen gesellschaftlichen Zerfallstendenzen. Gleichzeitig kritisierte Geiger die mangelnde fachliche Qualität der Veröffentlichung des EASAC-Beirates, welche nicht einmal den üblichen Begutachtungsprozess durchlaufen habe und von eklatanter Unkenntnis der Materie zeuge. Im Übrigen sei der Ärztetagsbeschluss abzulehnen, so die DZVhÄ-Vorsitzende, weil er die Patienten bevormunde, die Vielzahl der positiven Homöopathie-Erfahrungen der Bürger hierzulande außer Acht lasse, jegliche konkrete Versorgungsrealität ausblende, die Berufsfreiheit und Methodenauswahl qualifizierter Ärzte einschränke und dem medizinischen Methodenpluralismus den Kampf ansage, was den Weg hin zu einer „Einheitsmedizin“ ebne.

Des Weiteren erinnerte Geiger die 225 Delegierten daran, dass sie alle deutschen Ärzte zu vertreten hätten, also „auch jene rund 60.000, die neben der konventionellen Medizin auch komplementäre Verfahren anwenden“ und nun durch den Beschluss ihrer Kollegen von einem vollständigen oder teilweisen Berufsverbot bedroht seien. Anschließend forderte Geiger im Namen des DZVhÄ: Wie es nun weitergeht, hängt davon ab, ob der Gesetzgeber dem Beschluss des Ärztetages folgt oder nicht.

Bei Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) stieß die Forderung nach einem Homöopathie-Verbot jedenfalls auf offene Ohren.


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