10.10.2024

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Infrastruktur

Inkompetenz führte zum Einsturz der Carolabrücke

Bisherige Untersuchungsergebnisse verdeutlichen: Das Dresdner Drama hätte verhindert werden können

Wolfgang Kaufmann
02.10.2024

Nach dem Einsturz der Dresdner Carolabrücke stehen jetzt Ursachenforschung, die Suche nach Verantwortlichen und die Bewältigung der Folgen des Unglücks an. Es zeigt sich, dass der Brückenkollaps des Brückenzuges C wohl aus der Vorschädigung eines Viertels der stählernen Spannglieder im Beton des Bauwerkes durch Korrosion resultierte – entweder die Folge früheren Einsatzes von chloridhaltigen Auftausalzen oder des Dauerstreustroms aus nicht ordnungsgemäß isolierten Straßenbahnoberleitungen.

Zunächst behaupteten Stadtvertreter, der Zustand der Spannglieder sei nicht kontrollierbar gewesen. Dem entgegneten Brückenprüfer, das seit 20 Jahren angewendete Remanenzmagnetismus-Verfahren ermögliche zerstörungsfreie Tests von Stahlbauteilen in Betonbrücken.

Zudem waren die Schäden seit 2013 bekannt. Damals vergaben die Prüfer erstmals die Note „nicht ausreichend“ und protokollierten: „Tragfähigkeit nicht zeitgemäß“. 2019 stellte das Dresdener Straßen- und Tiefbauamt fest, dass ein baldiger Neubau notwendig sei. 2021 fanden Gutachter „maßgebende Schäden“ am Brückenzug C, der wieder nur die Note „nicht ausreichend“ (3,0 bis 3,4) erhielt. Damals fungierte Diplom-Soziologe Stephan Kühn (Grüne) trotz großer Zweifel an seiner Kompetenz seitens der Opposition im Stadtrat als neuer Baubürgermeister von Dresden. In dieser Eigenschaft hätte er eine sofortige Sanierung des Brückenzuges C veranlassen müssen. Das aber tat er nicht. Deswegen wurden in den letzten Tagen mehrere Strafanzeigen gegen ihn eingereicht. Dies kommentierte Kühn mit den Worten: „Es war zu erwarten, dass hier versucht wird, politisches Kapital daraus zu schlagen“, womit er den Einsturz vom 11. September meinte.

Dabei ist das Ausmaß der Katastrophe noch deutlich größer, als zunächst angenommen. Weil auch der mittlere Brückenzug B erhebliche Verformungen aufweist, gibt es keine Alternative zum kompletten Abriss mit nachfolgender Neuerrichtung der Brücke. Damit kommen auf Dresden Kosten von rund 100 Millionen Euro zu. Die Stadt steht jedoch finanziell „ausgezehrt“ da, wie Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) beklagt. Der Fehlbetrag in der Stadtkasse soll sich bis 2026 auf fast 200 Millionen Euro summieren, was primär an den hohen Ausgaben für Asylsucher liegt. Nun versucht Hilbert mit drastischen Gebührenerhöhungen und der Streichung bereits fest eingeplanter Projekte, das nötige Geld für die Ersatzbrücke zusammenzubringen.

Auf Hilfe vom Freistaat Sachsen kann er kaum hoffen, weil der sich aktuell ebenfalls mit vielen maroden Brücken konfrontiert sieht. Wie eine eilends durchgeführte Bestandsaufnahme ergab, sind 86 Straßenbrücken in der Zuständigkeit des Landes in einem noch schlechteren Zustand als der Zug C der Carolabrücke vor dem Einsturz. Aber auch im schönen „Elbflorenz“ tickt noch eine weitere Zeitbombe: Die ebenfalls viel befahrene stählerne Loschwitzer Brücke aus dem Jahre 1893, welche wegen ihres markanten Anstrichs „Blaues Wunder“ genannt wird, erhielt bei der letzten Hauptprüfung 2021 ebenfalls die alarmierende Note „ungenügend“ (3,5 bis 4,0).


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