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Allenstein

Ist Immanuel Kant immer noch relevant?

Ein sogenannter Philosophie-Slam im Museum der Moderne unterstrich, dass der Philosoph auch heute noch von Bedeutung ist

Uwe Hahnkamp
28.06.2024

Ende Mai gingen im Museum der Moderne in Allenstein die fünf Teilnehmer des Philosophie-Slams „Nach 300 Jahren. Relevant? Kant!“ auf spannende und unterhaltsame Weise der Frage nach Kants Aktualität nach. Organisiert wurde er zum Kant-Jahr 2024 von der Gesellschaft der Freunde Kants und Königsbergs in Berlin und der Stiftung „Kunst der Freiheit“ in Hirschberg bei Osterode, um den Zuhörern die Ideen des großen Philosophen aus Königsberg anders und weniger trocken nahe zu bringen.

Immanuel Kant blickte den Vortragenden von der Leinwand aus über die Schulter. Die im Saal des Museums der Moderne präsentierten Nobelpreisträger und Erfinder Ostpreußens schauten interessiert zu, und die fünf Kandidaten des Slams entwickelten in zehnminütigen Vorträgen ihre Gedanken. Olga Żmijewska, die Gründerin und Leiterin der Stiftung „Kunst der Freiheit“, führte auf Deutsch und Polnisch über 50 Gäste durch die allgemein verständliche Philosophie-Schau, die dank der finanziellen Unterstützung des deutschen Auswärtigen Amtes möglich wurde.

Müssen schwierige Ideen wie die von und über Kant immer langweilig gezeigt werden? Von wegen! Dank kurzer und knackiger Vorträge wurden die Zuschauer sehr angenehm überrascht. Schwierig war für sie nur die sprachliche Vielfalt des Slams mit Deutsch, Russisch, Englisch und Polnisch, doch dagegen halfen hervorragende Simultan-Übersetzungen. Exotischste Vertreterin im Kreis der Kandidaten war die seit acht Jahren in der Bundesrepublik lebende Iranerin Marzieh Nasiri. Sie kam mit Kant während des Philosophiestudiums in Teheran in Berührung und sieht in ihm einen politischen Philosophen, eine Bastion der Demokratie, die für ihr Land und besonders die iranischen Frauen wichtig sei.

Den „Schweinehund“ überwinden
Den Reigen auf der Bühne eröffnete jedoch ein Lokalmatador, der Musiker und Doktorand der Philosophie Michał Biedziuk. Er erläuterte den Unterschied zwischen Egoismus und Narzissmus und konzentrierte sich auf den gesellschaftlichen Narzissmus, den manche Politiker an den Tag legen. Als dritte nach Nasiri präsentierte mit Justyna Artym erneut eine Allensteinerin und Studentin der Philosophie ihre Gedanken. Ihr Thema war die Auseinandersetzung der Philosophin Martha Nussbaum mit Kants reiner Vernunft.

Der Vierte im Bunde war der Dozent der Philosophie an der Universität Duisburg-Essen, Jan Podacker. Er hat dem einsamen Wolf Kant eine Frau und Kinder voraus, die einen anderen Blick auf die Philosophie haben. Er sprach über den inneren „Schweinehund“, den es zu bekämpfen gilt, und die Schwierigkeiten beim Befolgen des kategorischen Imperativs von Kant vor allem, wenn er unserer Intuition entgegenläuft.

Den Imperativ hatte sich auch Anna Winckelmann als letzte Kandidatin vorgenommen. Die Russin lebt seit 2022 im Exil in den Niederlanden, gab ein Interview auf Deutsch, hielt ihren Vortrag auf Russisch und nahm begleitet von ihrer Ukulele das Publikum mit auf eine musikalische „kategorische Reise“ – auf Englisch.

Der Lohn für die mutigen Menschen, die auf der Bühne Kant in Schlaglichtern beleuchteten, war lebhafter Beifall. Den ersten Platz teilten sich Justyna Artym und Anna Winckelmann.


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