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Die Niederlage

Kabuls Fall ist ein Schlag ins Gesicht der deutschen Politik

Berlin hat auf ganzer Linie versagt: Das afghanische Desaster lässt tiefblickende Schlüsse auf die politische Elite der Bundesrepublik zu

Hans Heckel
17.08.2021

Auch Deutschland hat am Hindukusch einen Krieg verloren. Afghanistan ist eine militärische und politische Katastrophe auf ganzer Linie. Die Versuche, dem Schrecken nachträglich doch noch einen Sinn zu geben, entspringen einer Mischung aus Hilflosigkeit und Heuchelei.

Am vergangenen Wochenende, als auch Kabul von der radikal-islamischen Finsternis verschlungen wurde, blieb eine Akteurin zunächst verblüffend unsichtbar: Angela Merkel. Die Kanzlerin ließ sich nicht sehen, äußerte sich erst am Montag. Zuerst selbst dann nicht vor ihrem Volk, dem auch die 59 gefallenen Bundeswehrsoldaten angehörten, sondern im CDU-Präsidium, vor ihren Parteifunktionären. Dort redete sie davon, dass es nun gelte, vor allem die afghanischen Mitarbeiter der Bundeswehr und anderer deutscher Institutionen zu retten. Das sagte sie am Montag, als bis auf den Flughafen die ganze afghanische Hauptstadt längst in der Hand eines bestialischen Feindes lag.

In ihrer „Willkommenskultur“ öffnete die Kanzlerin 2015 jedem, der hereinwollte, die deutschen Grenzen. Sie begründete dies mit „unserer Verantwortung“, und jeder, der diese Grenzöffnung kritisierte, geriet schnell in die ultrarechte Ecke. Nun aber, da die Verantwortung Deutschlands für mehrere Tausend vom Tode bedrohte afghanische Ortskräfte und für deren Familien für niemanden von der Hand zu weisen ist, hat sich die Bundesregierung offenbar über Monate Zeit gelassen. Warnungen der deutschen Botschaft in Kabul, die eine baldige, rechtzeitige Evakuierung nahelegten, prallten an Heiko Maas' Auswärtigem Amt ab, und auch das Kanzleramt schien sich kaum für das Schicksal jener Afghanen zu interessieren.

Dieses tödliche Versäumnis schrillt in den hohen Ton der Moral hinein, mit dem die Kanzlerin und ihre Anhänger 2015 ihre „Willkommenskultur“ gegen Kritik abgedichtet hatten. Merkels Verunsicherung erscheint da durchaus erklärlich.

Washingtons Horror-Prognose
Die Führungsmacht USA steht nicht minder blamiert da. US-Präsident Joe Biden hatte den „bedingungslosen“ Abzug seiner Truppen bereits im April angekündigt. Am Dienstag vor dem Zusammenbruch, am 10. August, platzte dann die Nachricht in die Welt, dass US-Geheimdienste der afghanischen Regierung nur noch 30 bis 90 Tage gäben, bis die Taliban sie hinweggefegt haben dürften.

Am folgenden Sonntag gab sich die westliche Welt dann komplett überrascht, wie schnell die afghanische Armee kollabiert ist. Dabei liegt der Zusammenhang nahe: Mit der Äußerung seiner Geheimdienste hat Washington allen Soldaten, Polizisten und anderen afghanischen Staatsdienern eine Art Todesfrist gesetzt. Sie konnten nun wählen, ob sie bis zum (von den USA quasi offiziell für unausweichlich erklärten) blutigen Ende für eine hoffnungslose Regierung kämpfen oder ob sie so schnell wie möglich zu den Taliban überlaufen, abtauchen oder das Weite suchen sollten. Ab jetzt ging alles rasend schnell, die Provinzhauptstädte fielen im Stundentakt.

Berlins hilflose Reaktion auf das Inferno von Kabul zeugt auch von der ideologischen Abgehobenheit und Realitätsferne der deutschen Politik. Als Deutschland und der gesamte Westen längst dabei waren, diesen Krieg folgenschwer zu verlieren, arbeitete sich die politische Elite des Landes an Themen wie Gender, Geschlechterparität in Parlamenten oder ähnlichem Firlefanz ab. Die größte Bedrohung für das Land schien von Kritikern der Corona-Maßnahmen auszugehen, welche in Berlin mit erschreckender Härte von der Polizei auseinandergejagt wurden – propagandistisch reflexhaft eingebaut in den „Kampf gegen Rechts“.

Die Apokalypse von Kabul, die dem fernen Beobachter das Blut in den Adern gefrieren lässt, holt die abgehobene, selbstverliebte und in eitler Borniertheit verfangene politische Elite auf den harten Boden der Wirklichkeit zurück. Ob die Verantwortlichen daraus allerdings die richtigen Schlüsse ziehen, muss bezweifelt werden.


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Kommentare

Peter Schönfelder am 24.08.21, 11:39 Uhr

"... holt die abgehobene, selbstverliebte und in eitler Borniertheit verfangene politische Elite auf den harten Boden der Wirklichkeit zurück. "

Keine Krise der Welt holt diese Agenten der Transatlantikfa auf den Boden der Wirklichkeit zurück:
Erst gestern verkündet Herr Altmaier auf der "Krim-Plattform:
"Wir werden nicht zulassen, dass die Krim zu einem blinden Fleck auf der Karte wird. Wir sind voll und ganz bei der Ukraine und mit ihr, und gemeinsam verurteilen wir diese Annexion, fordern neue Verhandlungen, die Erneuerung der Staatsgrenzen."

Noch Fragen, Kienzle?

Jan Kerzel am 19.08.21, 05:54 Uhr

Welche Lehre könnte man aus dem Geschehen ziehen? Wenn das Volk die Dinge in die Hand nimmt, dann sieht es für die aufgeklebten und künstlich installierten Eliten verdammt schlecht aus. Das ist keine neue Erkenntnis. Deshalb muss jede echte Opposition schon im Vorfeld zerschlagen oder zumindest marginalisiert werden. Sobald die Opposition über adäquat handlungsfähige Organisationen und Strukturen verfügt, befindet sich das System auf der schiefen Ebene abwärts. Das Volk kann sehr wohl erkennen, wer in seinem Sinne handelt und verhält sich zumindest stoisch passiv. Welche Ideologie letztlich der Transmissionsriemen ist, spielt eine untergeordnete Rolle. Das kann der Marxismus, eine Religion, der Nationalismus oder ein sonstiges Bekenntnis sein, denn der Himmel ist leer und die letzte Wahrheit kann es nicht geben. Wichtig ist einzig und allein der Akt der Befreiung.

Michael Holz am 17.08.21, 23:32 Uhr

Kundus in Afghanistan ist an die Taliban gefallen! Was für ein Schock – oder nicht?
Jeder Mensch mit Verstand, auch mit ein wenig Bildung in Geschichte und Politik, musste diesen „Fall“ erwarten. Die Briten, die Russen und nun die Amerikaner (getarnt als NATO-Einsatz) sind in Afghanistan gescheitert. In diesem zerklüfteten Bergland mit vielen Volksstämmen und Religionen war auch nichts anderes zu erwarten.
Haben und hatten die Militärs in London, Moskau und Washington keine sachkundigen Berater? Ein Abschluss an der Frunse-Militärakademie und West Point scheinen nicht auszureichen. Die CIA, der ehemalige KGB und selbst das MfS hatten Analysten, wenn man Tom Clancy Glauben schenken darf. Wurschtelten diese Spezialisten nur in ihren „Firmen“ herum? Beraten sie nicht die Entscheidungsträger beim Militär oder sogar den Präsidenten bzw. den Premierminister? Könnte es auch sein, dass diese „Spezialisten“ einfach nur Fachidioten sind/waren oder sitzen die Idioten etwas höher in der Hierarchie? Diese Fragen stellt man sich, wenn man wieder einmal ein Desaster der US-Amerikaner, und seiner Vasallen wie Deutschland, erlebt.
Als politisch geprägter Bürger, egal in welchem Land, stellt man sich die Frage: Haben die US-Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg jemals eine militärische Auseinandersetzung gewonnen? Nicht solche Mini-Blitzkriege wie die Landung auf der Karibikinsel Grenada oder das Verjagen Noriegas aus dem Präsidentenpalast in Panama City. Gemeint sind größere militärische Auseinandersetzungen, in dem auch andere Großmächte mitgemischt haben. Die Antwort lautet: NEIN!
Fangen wir mit einer groben Auflistung an:
1. Der Koreakrieg von 1950 bis 1953. Im Rahmen eines einseitigen UNO-Mandates wurden die nordkoreanischen Invasoren anfänglich durch „UN/US-Truppen“ zurückgedrängt, bis diese aus der kommunistischen Volksrepublik China Unterstützung bekamen und das Pendel umschlug. Die Kommunisten brachten die „westliche Koalition“ an den Rand der Niederlage. Nach schweren Kämpfen und hohen Verlusten auf beiden Seiten, gab es einen Waffenstillstand am Ausgangspunkt des Krieges, am 38. Breitengrad. US-Amerika hatte nichts gewonnen.
2. Der Vietnamkrieg von 1955 bis 1975, mit us-amerikanischem Engagement von 1964 bis 1973, endete mit dem vollständigen Sieg Nordvietnams über Südvietnam im Jahre 1975. Durch innerpolitischen Druck und nach über 58.200 Gefallenen auf amerikanischer Seite zogen sich die US-Truppen bereits 1973 zurück. Sie ließen ihren Verbündeten in Stich.
3. Der erste Irakkrieg 1990 durch die US-Amerikaner führte zwar zur Vertreibung des Sadam-Hussein-Regimes aus dem Kuwait, jedoch dieser blieb Staatschef des Iraks. Die US-Amerikaner hatten zirka 4.500 Gefallene zu beklagen. War das ein Sieg?
4. Der zweite Irakkrieg 2003 bis 2011, diesmal ohne UNO-Mandat, führte zwar 2003 zum Sturz Sadam Husseins, jedoch zu einem lang anhaltenden Partisanenkrieg irakischer Kräfte gegen die „westliche Koalition“, der zum Rückzug dieser Koalition im Jahre 2011 führte. Alleine die USA hatten in dieser Zeit über 17.000 Gefallene, die des Gegners und in der Zivilbevölkerung beliefen sich auf zirka 20.000 Personen. Die USA mit ihren Verbündeten hinterließen ein zerstörtes Land.
5. Der Afghanistankrieg von 1978 bis 2021 und die US-Beteiligung von 2001 bis 2021 führten nach zwanzig Jahren Engagement, mit Militärkosten von Billionen US-Dollar und etwa 7.000 Gefallenen. Im Sommer 2021 zogen sich die US-Truppen ohne Sieg zurück.
Es ist rein nüchtern festzustellen, dass „die Cowboys“ nach 1945 keinen Krieg mehr gewonnen haben. Gewonnen hat immer nur die amerikanische Rüstungsindustrie. Aber „sie“ haben doch im Ersten Weltkrieg und im Zweiten Weltkrieg gewonnen? Das war nur ein teilweiser Sieg, denn ohne die Verbündeten Russland/Sowjetunion, das vereinigte Königreich und Frankreich hätten die USA alleine keinen Krieg gegen Deutschland oder Japan gewinnen können.

Tom Schroeder am 17.08.21, 17:04 Uhr

Es ist alles so gekommen, wie ich mir das seit dem Einsatzbeginn schon dachte - da ist nix zu gewinnen. Zu dumm, die 1. Rentenkürzung von CDU/SPD belief sich auf ungefähr die Summe, die damals für AFG ausgegeben worden war. Warum lässt man die nicht einfach in Ruhe und verbietet Afghanen den Aufenthalt in der EU? Dann könnt es uns doch am A... vorbeigehen. Man hätte auf Peter Scholl-Latour hören sollen - der beste Kenner der islamischen Welt, den unser Land jemals hatte. Niemand und besonders die Grünen schimpften immer über ihn, er habe keine Ahnung und er sei zu alt. Ha, ha, ha - der große Mann lacht sich auf seiner Wolke, auf der er leider seit einigen Jahren sitzt, über die Dilettanten im Westen kaputt. Fehleinschätzungen wo man hinschaut und das seit Anbeginn der Beschäftigung mit diesem Thema. Hoffentlich haben wir nicht bald wieder PEGIDA Demos usw., denn die afghanischen jungen Männer sind wesentlich problematischer als die Araber - das zeigt jede Kriminalstatistik, die die Herkunft der Übeltäter ausweist. Noch nicht ml Rückzug können die! Zentralasien wird schneller in chinesischer Hand sein, als es allen lieb ist - dann müssen die mit dem Terror leben, denn kaufen lassen sich die Afghanen nicht, nur mieten. Hat m,an ja gesehen, die afghanische Armee hat einfach aufgehört, als die Gönner begannen abzuziehen.

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