20.05.2024

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Stellte in ihrer Präsentation Veranstaltungen zum Kant-Jubiläum im Königsberger Gebiet vor: Die Übersetzerin Swetlana Kolbanjowa
Foto: Felix ZimmermannStellte in ihrer Präsentation Veranstaltungen zum Kant-Jubiläum im Königsberger Gebiet vor: Die Übersetzerin Swetlana Kolbanjowa

Königsberg

Kant aus russischer Perspektive

Ausstellungen, Rundwege und philosophische Diskussionen – Wie die Russen den 300. Geburtstag des deutschen Philosophen in seiner Heimat feiern

Im Gespräch mit Natalia Romanova
08.05.2024

In Königsberg und im gesamten Königsberger Gebiet finden Veranstaltungen anlässlich des 300. Geburtstags des deutschen Philosophen Immanuel Kant statt. Angesichts der bestehenden Spannungen in Folge des Ukrainekriegs und der zahlreichen Sanktionen des Westens sowie Reisewarnungen des Auswärtigen Amts ist es derzeit kaum möglich, nach Russland zu reisen. Einer deutschen Gruppe ist es dennoch gelungen, an einem Teil der Feierlichkeiten teilzunehmen. Die Hamburger Reiseleiterin Natalia Romanova hatte eine Busfahrt ins Königsberger Gebiet organisiert.

Frau Romanova, anlässlich des 300. Geburtstags Immanuel Kants haben Sie eine Gruppenreise ins nördliche Ostpreußen durchgeführt. Gab es angesichts der angespannten deutsch-russischen Beziehungen Schwierigkeiten?
Nein, definitiv nicht. Unsere Schwierigkeiten bestanden eher darin, dass wir auf kurzfristige organisatorische Änderungen reagieren mussten. Ein, zwei Mal musste ich das Programm zeitlich und örtlich anpassen, weil etwa Straßen oder Orte in und um Königsberg herum gesperrt waren oder wurden. So war zum Beispiel der Kneiphof am 22. April, Kants Geburtstag, kurzfristig ab 15 Uhr abgesperrt worden. Das hat natürlich unsere ursprüngliche Planung für diesen Tag über den Haufen geworfen. Aber ich könnte keine dieser Schwierigkeiten auf die angespannten russisch-deutschen Beziehungen zurückführen. Der Grenzübergang war zum Beispiel unproblematisch, und wir wurden überall sehr freundlich empfangen.

Wie feiert die Stadt das Jubiläum? Es gab Meldungen, dass die angekündigte internationale Kant-Veranstaltung wegen Sicherheitsbedenken abgesagt worden sei. Hat der Vorfall in Pillau (Angriff auf die russische Korvette „Serpuchow“ im Pillauer Hafen, siehe PAZ Nr. 16 vom 19. April) etwas damit zu tun?
Die Stadt feiert das Jubiläum in vielfältiger Weise. Sie ist aber nur ein Akteur unter vielen. Andere sind die Gebietsverwaltung, die Universität und nicht zuletzt die Föderation. Sie arbeiten zusammen, um das ganze Jahr 2024 hindurch Veranstaltungen zum 300. Geburtstag des Philosophen zu ermöglichen. Die Internationale Kant-Konferenz wurde angeblich aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt, nicht aber der gleichzeitig stattfindende internationale Kant-Weltkongress mit Kant-Forschern und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt, zum Beispiel aus Indien, China oder Deutschland. Die Gründe hierfür kenne ich nicht.

Gab es dennoch Feierlichkeiten? Welche haben Sie besucht?
Ja, es gab Feierlichkeiten. Wir hatten aber unser eigenes Programm. Wir haben zum Beispiel am 21. April das neue Kant-Museum in Judtschen bei Gumbinnen besucht, wo Kant die Söhne des örtlichen Pfarrers als Hauslehrer unterrichtet hat. Dort ist neben dem zauberhaften Museum zusätzlich eine Begegnungsstätte mit allem Drum und Dran für junge Kant-Forscher und junge Wissenschaftler aus der ganzen Welt entstanden. Am 22. April haben wir Blumen am Kant-Denkmal am ehemaligen Paradeplatz sowie am Kant-Grab am Dom niederlegt. Am 24. April haben wir das erst drei Tage zuvor eröffnete Kant-Museum im Königsberger Dom besucht. Das war sehr beeindruckend. Dort gibt es zum Beispiel ein Drei-D-Modell des Bohnenmahls oder die Original-Bibliotheksausstattung der Wallenrodt'schen Bibliothek. Außerdem hatten wir Vorträge von Kaliningrader und Moskauer Professoren zu Aspekten Kants, zum Beispiel zum Thema „Kant und die Gegenwart“ oder einen Vortrag „Zwei Wege zu Gott – Kant und Dostojewskij“.

Von deutscher Seite wurde kritisiert, dass Präsident Wladimir Putin Kant als russischen Philosophen vereinnahmen wolle. Woran zeigt sich das?
Ich glaube nicht, dass Präsident Putin Kant tatsächlich als russischen Philosophen ansieht. Er weiß, dass Kant Deutscher war, der übrigens von 1758 bis 1762 im russisch besetzten Königsberg lebte. Alle wissen das und niemand möchte Kant aus seiner historischen Einbindung in Preußen herausreißen.

Wie setzt sich die Stadt Kaliningrad inhaltlich mit dem deutschen Philosophen und seinem Erbe auseinander?
Ich finde, ausgesprochen positiv und bejahend. Die Stadtverwaltung hat zum Beispiel einen Kant-Spazierweg eingerichtet, der an Kants täglichen Gang von seinem Wohnhaus in die Universität erinnert. Oder es ist, wie bereits erwähnt, ein neues Kant-Museum im Dom errichtet worden. Überhaupt ist Kant im Gebiet in diesem Jahr ein noch größeres Thema als sonst. Jede kulturelle Einrichtung, sei es die ehemalige Stadthalle, heute Museum für Kunst und Geschichte, sei es die ehemalige Börse, heute Museum für Bildende Künste, oder seien es das Ozean-Museum oder das Königstor, bieten Ausstellungen zum Jubiläum an. Überall in der Stadt wehen „Kant 300“-Fahnen. Die private Wirtschaft, von den Chocolatiers bis zu den Souvenirhändlern, sind auch alle auf diesen Zug aufgesprungen.

Welche Pläne gibt es für weitere Veranstaltungen zum Kant-Jahr?
Das ganze Jahr 2024 über finden im Gebiet noch Veranstaltungen zu Kant statt. Auch auf unserer Seite gibt es noch Vorhaben. So möchte ich im September noch eine Reise zu diesem Jahrhundertereignis durchführen. Sie soll ungefähr den gleichen Inhalt wie die soeben abgeschlossene Reise haben. Dafür habe ich bereits Anmeldungen. Ich freue mich schon sehr darauf.

Das Gespräch führte Manuela Rosenthal-Kappi


Weiterführende Informationen unter http:///www.romanova-reisen.de


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